"Achtung, ELTIFs eignen sich nicht für unerfahrene Privatinvestoren!" Diese Auffassung vertreten die Verbraucherschützer und warnten Kleinanleger erst kürzlich davor, Geld in European Long-Term Investment Funds zu stecken. So pauschal lasse sich das aber nicht beurteilen, befanden hingegen die Teilnehmer des Experten-Talks beim Investors Day 2024, zu dem der Asset Manager Neuberger Berman Anfang Juli in die Alte Oper in Frankfurt geladen hatte. 

Neben Themen wie Private Equity als Anlageklasse oder Real Estate Secondaries standen hier europäische Langfristfonds im Fokus. Kaum überraschend, erfreut sich der ELTIF bei Vermögensverwaltern derzeit doch immer größerer Beliebtheit.

Viele neue Möglichkeiten
"Tatsächlich bietet dieses Fondsvehikel viele neue Möglichkeiten", sagte Jamal El Mallouki, Mitgründer und Geschäftsführer der digitalen Plattform Portagon, deren Ziel es ist, Distributoren und Produktanbieter im Private-Markets-Segment zusammenzubringen. "Man muss sich einmal vor Augen halten, dass es eine Zeit gab, zu der Privatanleger in Summe rund zehn Milliarden Euro in den deutschen Markt für alternative Investmentfonds investiert hatten", erinnerte El Mallouki. Heute belaufe sich die Summe nur noch auf ein bis zwei Milliarden Euro. "Ich denke, die reformierte ELTIF-Verordnung bietet jetzt eine gute Chance, diesen Markt wiederzubeleben", erklärte er.

Zum einen erlaubten es europäische Langfristfonds nun auch weniger vermögenden Anlegern, in Privatmarkt-Assets zu investieren, zu denen sie vorher kaum Zugang hatten. "Damit erweitert sich das Produktspektrum mit Private-Equity- und Private-Debt-Strukturen sowie Infrastruktur ganz erheblich", so El Mallouki. Zum anderen bewertet er es als positiv, dass sich ELTIFs in eine Struktur verpacken lassen, die in ein ganz gewöhnliches Depot gebucht werden kann.

Eine Art Paralleluniversum
"Bislang war die Privatmarkt-Welt für deutsche Retailkunden eine Art Paralleluniversum zum Bereich der liquiden Assets", sagte El Mallouki. Wer überhaupt investierte, sah seine Vermögenswerte genau zwei Mal: Beim Abschluss, und wenn das Geld Jahre später aufs Konto zurückgebucht wurde. "In der Zwischenzeit hatte ich solche Investments aber nicht in meiner Vermögensübersicht, eine Anlage in einen ELTIF kann dort hingegen abgebildet werden", erläuterte der Experte. Gerade für Vermögensverwalter sei es gut, dass ELTIFs Investitionen am Privatmarkt depotfähig machen. Nur so könnten sie die damit verbundenen Portfolio-Risiken einfach berechnen und kommunizieren. 

Markus Hofmann, Produktmanager Alternative Investments bei Union Investment, sieht es ähnlich. "Heute diskutieren wir darüber, ob sich der European Long-Term Investment Fund etablieren wird, aber in zwei bis drei Jahren wird sich diese Frage vermutlich überhaupt nicht mehr stellen", sagte er. Der ELTIF werde für Privatanleger lediglich ein Türöffner sein, der Einstieg in die Private Markets. "Das ist ein sehr attraktives Feld, und ich glaube, es ist unsere Pflicht als Asset Manager, den Kunden hier ein attraktives Angebot zu machen", so Hofmann.

Vier Prüfkriterien
Doch noch sind europäische Langfristfonds Neuland für deutsche Privatanleger – und ihre Finanzberater. Worauf sollten Vermittler also achten, wenn ein Kunde über ein ELTIF-Investment nachdenkt? Said Yakhloufi, Geschäftsführer des Analysehauses Fondsconsult Research mit Sitz in München, nannte vier Dimensionen, die er sich bei der Bewertung solcher Fonds anschaut. "Zunächst einmal ist es wichtig, zu prüfen, ob ein Anbieter in den Bereichen, in die ein ELTIF investiert, auch über eine hohe Expertise und ausreichend personelle Kapazitäten verfügt", erklärte er. Dies gelte umso mehr, als bei Privatmarkt-Investments auch rechtliche Aspekte, etwa das Vertragsmanagement, eine Rolle spielten, die im liquiden Bereich nicht zum Tragen kommen. 

"Der zweite Punkt ist das Thema Deal Flow und Deal Sourcing", erläuterte Yakhloufi. "Wenn ich im Privatmarkt unterwegs bin, muss ich natürlich die Möglichkeit haben, an die richtigen Unternehmen und Projekte heranzukommen", sagte er. "Daher schauen wir uns bei den Asset Managern immer an, wie es mit ihrem Marktzugang, ihren Netzwerken und Kontakten etwa zu M&A-Beratern oder Projektentwicklern bestellt ist", so Yakhloufi. Auf der dritten Ebene ermittelt Fondsconsult Research unter anderem, ob der Anbieter eines ELTIFs bereits Erfahrung mit vergleichbaren Produktstrategien hat und die in Aussicht gestellte Rendite zum Anlagekonzept des Fonds passt. "Und nicht zuletzt spielt das Prozess-, Risiko- und Qualitätsmanagement eine wichtige Rolle", sagte Yakhloufi.

Berater inhaltlich abholen 
Nun mag allerdings nicht jeder Fondsvermittler so tief im Thema sein wie der Fondsconsult-Geschäftsführer. Zudem bringt der ELTIF von "semiliquide" über "evergreen" bis "fully funded" eine Vielzahl von neuen Begriffen mit sich, die es zu verstehen gilt. "Es ist klar, dass wir die Berater hier mit Erklärungen und Infomaterial inhaltlich abholen müssen", sagte Portagon-Chef Jamal El Mallouki. Das sei nur in Zusammenarbeit mit den Asset Managern möglich, und es werde Zeit brauchen.

Gleichzeitig sei aber zu beachten, dass in Deutschland momentan etwa 40 ELTIFs bereits im Vertrieb oder in Planung seien. "Wenn man es mal mit dem riesigen Angebot an UCITS-Fonds vergleicht, dann ist das durchaus überschaubar", befand El Mallouki. Die pauschale Warnung der Verbraucherschützer kann er nicht nachvollziehen. "Der ELTIF ist doch lediglich eine Hülle, es kommt natürlich immer darauf an, in welche Assets ein solcher Fonds investiert", erklärte El Mallouki. Für Berater werde die Herausforderung sein, die ganz unterschiedlichen Investmentstrategien verschiedener ELTIFs wirklich zu verstehen.

Und zum Schluss ... Achtelfinale
Über Private Equity konnten die Gäste des Investment-Events von Neuberger Berman zumindest schon einmal viel erfahren. Manuel Kalbreier, Head of Alternatives Specialists, erläuterte diese Anlageklasse in einem detaillierten Vortrag. In seinem Referat über Privatmärkte insgesamt war ebenfalls viel Neues zu hören. Nach dem Panel zu aktuellen Themen und Trends in der Finanzwelt, das unter dem Titel "Public to Private" stand, war es mit Fachwissen dann erst einmal genug. Denn den Abschluss der interessanten Tagung bildete das EM-Achtelfinale. (am)