Die Konsolidierung in der Asset-Management-Industrie ist in vollem Gange. Dies erlebte auch Joe Sullivan, lange Zeit Vorstandschef des US-Boutiquendachs Legg Mason. Die Gesellschaft wurde von Franklin Templeton übernommen. Sullivan wechselte an die Spitze von Allspring Global Investments – der früheren Fondstochter der US-Großbank Wells Fargo. Das Institut spaltete die Einheit ab und verkaufte sie an zwei Private-Equity-Gesellschaften. Wie sich der Asset Manager unter den neuen Eignern aufstellt, erläutern Sullivan und Allspring-Investmentchef Jon Baranko im Interview.

Herr Sullivan, Herr Baranko, die Fondstochter von Wells Fargo heißt nun Allspring und gehört zwei Private-Equity-Gesellschaften. Wie stellt sich das Haus nun auf?

Joe Sullivan: Das Asset-Management-Geschäft war einige Zeit unterinvestiert, besonders die internationale Seite. Das war aus strategischer Sicht verständlich. Denn der Fondsbereich gehörte nicht zum Fokus von Wells Fargo. Seit dem Besitzerwechsel investieren wir stark in die internationale Expansion, da wir hier schnell vorankommen wollen.

Was heißt investieren? Stellen Sie mehr Leute ein?

Sullivan: Ja, wir stellen ein. Wir eröffneten zum Beispiel ein neues Büro in Mailand oder stockten unser Team in Asien auf. Zudem bringen wir neue Produkte auf den Markt, insbesondere mit nachhaltigem Fokus. Ein Beispiel sind nachhaltige Anleihen im soliden oder im Hochzinsbereich. Dies bietet ein gewisses Alleinstellungsmerkmal.

Wie gehen Sie mit dem Preisdruck in der Branche um?

Sullivan: Wir agieren in einer wettbewerbsintensiven Branche. Der Druck auf die Gebühren und Margen hat bekanntlich zugenommen. Uns obliegt stets die Verpflichtung, das Geschäft immer so kostengünstig wie möglich zu betreiben. Allein schon aus dem Grund, um Geld in neue Investmentkompetenzen und Infrastruktur stecken zu können. Wir scheuen uns nicht davor, effizienter zu agieren und die Marge zu steigern. Aber hier liegt nicht das eigentliche Potenzial des Hauses. Das liegt im Wachstum.

Jon Baranko: Mittelgroße Asset Manager, die auf niedrigere Preise setzen, um im Wettbewerb mithalten zu können, stecken in einer wirklich prekären Lage. Wir schlagen aber einen anderen Weg ein. Wir bieten gute Investmentlösungen zu einem fairen Preis. Am Ende muss der Kunde einen Mehrwert erhalten für die Gebühren, die er bezahlt.


Wie Sullivan und Baranko Allspring umbauen wollen, welche Kräfte die Unabhängigkeit von der Bankmutter freisetzt, und warum das Haus nachhaltige Investments nur behutsam angeht, lesen Sie in der Langversion des Interviews in der neuen Ausgabe 3/2022 von FONDS professionell.


Müssen aktive Fondsmanager heutzutage börsengehandelte Indexfonds anbieten?

Sullivan: Die Option sollte man sich offenhalten. Ob man aber unbedingt ETFs anbieten muss, dahinter sehe ich Fragezeichen. Bei meinem früheren Arbeitgeber boten wir ETFs an. Das boomte ehrlich gesagt nicht. Dafür bindet es aber einige Ressourcen, schließlich müssen die Produkte entworfen und an den Start gebracht werden. Schwerer wiegt noch der Aufbau eines Vertriebs- und Marketingteams, das die Fonds verkauft. Das ist mit erheblichen Kosten und hohem Aufwand verbunden. In den USA erkennen wir im Retailgeschäft mehr Potenzial bei individuellen Depots, den Separately Managed Accounts, kurz SMAs.

Ein weiteres, akutes Thema sind Kryptowerte. Wie stehen Sie dazu?

Sullivan: Bei Kryptoassets gibt es zwei sich diametral gegenüberstehende Lager – mit brillanten Köpfen auf beiden Seiten. Die einen meinen, den Kryptowährungen gehöre die Zukunft. Die anderen bezeichnen sie als Rattengift. Die Blockchain ist ein anderes Thema. Da steht ein echter Nutzen dahinter und dieser Technologie gehört die Zukunft. Sie reduziert Brüche in Abläufen, etwa bei der Abwicklung von Wertpapiergeschäften. Alle Verfahren, die Sand aus dem Getriebe fegen, werden mit offenen Armen empfangen. Ob Kryptos aber dieselbe Perspektive bieten? Das weiß ich nicht.

Baranko: Wir verfügen zwar über die Möglichkeit, über Futures in Bitcoin und Co. zu investieren, Kryptoassets zählen also prinzipiell zu unserem investierbaren Universum. Bislang legten wir aber noch kein Geld an. Kryptoassets und die Blockchain bergen jedoch Disruptionspotenzial. Viele spannende Einsatzmöglichkeiten tun sich auf. Besonders die Blockchain kann bisherige Prozesse ablösen. Die Entwicklungen in diesem Feld beobachten wir definitiv mit einem wachen Auge.

Vielen Dank für das Gespräch. (ert)