Fast alle deutschen Banken haben sich vom Gratis-Girokonto verabschiedet. Das Procedere, Gebühren einzuführen oder zu erhöhen, war simpel. Grund: Die Institute konnten von Klauseln in ihren Allgemeinen Geschäftsbedingungen (AGB) Gebrauch machen, denen zufolge schon das Schweigen des Kunden als Zustimmung für Änderungen galt. Einige Anbieter langen entspechend kräftig hin, wie der Branchendienst "Finanz-Szene.de" meldet. Ob sie damit nach dem jüngsten BGH-Urteil durchkommen, steht noch nicht fest.

Dennoch, den Gebühren-Vogel hat die Sparkasse Siegen abgeschossen: Sie möchte ab dem 1. Juli für ihr Konto "S-Vita Exclusive" sage und schreibe 34,90 Euro im Monat berechnen – also knapp 419 Euro im Jahr, wie Recherchen von Finanz-Szene.de ergaben. Die Raiffeisenbank im Hochtaunus mit Sitz in Bad Homburg, einem von der Bevölkerung her wohlhabendsten Landkreise der Republik, bittet Kunden für ihr "Fullservice-Konto" mit immerhin 30 Euro im Monat zur Kasse, bei der Sparkasse Bühl sind Inhaber des "Giro Premium-Kontos" mit 27 Euro dabei. Die Volksbank im Harz berechnet 25,80 Euro monatlich für ein "VR-Premium Plus". Fünf weitere Institute verlangen 25 Euro.

Auch Basis-Konten werden teurer
Die Sparkasse Siegen will das 35-Euro-Konto, das neben einer Mastercard Platinum ein "umfangreiches Versicherungspaket, Lounge-Zugang, Golfcommunity, einen Gepäckfundservice, einen Rabatt auf ein Zweitgirokonto sowie einen vergünstigten Sollzins für Dispositionskredit-Inanspruchnahmen" umfasst, laut Finanz-Szene.de im Zuge eines Komplettumbaus ihres Angebots per 1. Juli 2021 neu starteb. Dabei sollen auch die übrigen Konten mehr kosten.

Bislang rechne die Bank für das einfache, "S-Giro.de" genannte Basisangebot sechs Euro pro Monat ab und für das "S Giro kompakt" 10,50 Euro. Künftig sollen es 9,90 Euro ("S-Vita Basic"), 14,90 Euro ("S-Vita") und eben 34,90 Euro für das neue Premium-Angebot sein. Die Sparkasse begründet die Erhöhungen gegenüber dem Branchendienst mit der Einführung von Mehrwertdiensten vor allem im Nicht-Banking-Bereich. 

Finanz-Szene.de schreibt weiter, dass das Geldhaus aus dem Siegerland, anders als beispielsweise die Comdirect, trotz des BGH-Urteils an dem 419-Euro-Konto festhalten wolle. "Ob sich hieraus Auswirkungen für die AGB der Sparkasse ergeben, muss zunächst analysiert werden. Diese Auswertung kann jedoch erst erfolgen, wenn die Urteilsgründe vorliegen. Diese werden nach der beim BGH geübten Praxis voraussichtlich erst einige Wochen nach der Verkündung des Urteils veröffentlicht. Selbstverständlich werden wir das zum AGB-Änderungsmechanismus ergangene BGH-Urteil, soweit es einschlägig ist, berücksichtigen", zitiert der Branchendienst aus einer Antwort der Sparkasse auf eine Anfrage. Ihre AGB habe sie nach dem Urteil aber geändert und den Passus der Zustimmungsfiktion gestrichen. (jb/ps)