"Es ist die Finanzbranche, die eine besondere Verantwortung dafür hat, dass die Ziele des Pariser Klimaabkommens Wirklichkeit werden", ist Carsten Zielke, Gründungsgeschäftsführer der in Aachen ansässigen Zielke Research Consult, überzeugt. "Denn sie vergibt Kredite und legt Gelder an und hat somit Einfluss." Das war der Ausgangspunkt einer umfangreichen Analyse der Nachhaltigkeitsberichte von insgesamt 119 Kreditinstituten mit einer Bilanzsumme von mehr als fünf Milliarden Euro, die das Institut jetzt vorgelegt hat. Darunter sind 44 Privat- und Geschäftsbanken und 57 Sparkassen sowie 18 Volks- und Raiffeisenbanken.

Es fehlt vor allem eine Gesamtstrategie
Das Spektrum der Analyse ist durchaus breit. Einzelaspekte sind beispielsweise transparente Maßnahmen zur CO2-Reduzierung, ESG in der Kreditvergabepolitik, aber auch Diversität, Gesundheitsmanagement sowie die Verankerung der Nachhaltigkeitsverantwortung im Unternehmen und Vieles mehr. "Die Kreditinstitute stehen noch am Anfang des nachhaltigen Wirtschaftens", stellt Zielke ernüchtert fest. Es fehle vor allem eine Gesamtstrategie mit klar definierten Zielen. Natürlich gebe es Anstrengungen, im jeweils eigenen Betrieb den Kohlendioxidausstoß zu reduzieren. Viele Kreditinstitute würden zudem ein hohes soziales Engagement zeigen wie etwa die Förderung von Breitensport und Kultur. Im Bereich Environment aber fehlen laut der Analyse oft noch Aussagen, wie die einzelne Bank ihren indirekten CO2-Fußabdruck durch eine veränderte Kreditvergabepolitik beeinflusst.

Privat- und Geschäftsbanken: Besser als der Durchschnitt
Die großen Kreditinstitute sind besonders in Umwelt- und Governancefragen stark. Den ersten Platz erreicht die Kreditanstalt für Wiederaufbau (KfW) mit 4,08 von 4,83 möglichen Punkten vor dem Zweitplatzierten, der Landesbank Baden-Württemberg, und der Deutschen Kreditbank (DKB) auf Platz drei. Schlusslichter sind die Investitionsbank des Landes Brandenburg (ILB) mit minus 0,83 Punkten, die Teambank mit minus 0,86 Punkten und auf dem 41. und damit letzten Platz die Deutsche Industriebank mit minus 1,03 Punkten (auf einer Skala bis minus 4 möglichen Punkten).

Bei der KfW tragen eine überdurchschnittliche Inklusionsrate und ein transparentes Angebot an Sozialleitungen zum guten Ergebnis bei. Die DKB punktet im Bereich "Environment" mit 100 Prozent Ökostrom und der Angabe der verschiedenen Scopes. Die ILB hält sich im Bereich "Environment" mit minus 2,0 Punkten auf dem letzten Platz, im sozialen Bereich fehlen Angaben zur Inklusion, zum Gesundheitsmanagement und zur Kundenzufriedenheit. Auch die Funktion eines Geldwäschebeauftragten erläutert die Bank nicht. Das Schlusslicht IKB geht in seinem Bericht nicht auf Maßnahmen zur CO2-Reduktion ein und deckt nur zwei Kategorien im sozialen Bereich ab.

Der Schnitt der Banken liegt im ökologischen Bereich bei 0,82, im sozialen bei 1,13 und im Bereich Governance bei 3,0. Im Bereich Governance musste keine Bank negativ bewertet werden, 19 von 41 Banken haben hier sogar die Maximalpunktzahl von 4,0 erreicht. Bedauerlich ist allerdings, dass nur wenige Banken über eigene Instanzen zum Thema Nachhaltigkeit verfügen. Im ökologischen Bereich nutzen knapp 80 Prozent der Banken Ökostrom, im Sozialen fördert eine Mehrheit (59,1 Prozent) Maßnahmen zur Gesundheitsförderung.

Sparkassen: Gutes Mittelfeld
Es wurden 57 Sparkassen mit einer Bilanzsumme von über fünf Milliarden Euro und einer Beschäftigtenzahl ab 500 Mitarbeitern ausgewertet. Die Stärke der Sparkassen liegt im Sozialen. Die drei ersten Plätze erreichen die Stadtsparkasse Wuppertal (3,42 Punkte), die Taunus Sparkasse (2,67 Punkte) und die KSK Biberach (2,64 Punkte). Auf den letzten Plätzen stehen die KSK Göppingen (Platz 37 mit minus 0,08 Punkten), die Sparkasse Südholstein (Platz 38 mit minus 0,53 Punkten) und die Stadtsparkasse München (Platz 39 mit minus 1,44 Punkten). Lediglich die letzten beiden erreichen eine negative Punktzahl.

Die Stadtsparkasse Wuppertal erzielt als einzige Sparkasse die volle Punktzahl für die transparente Darstellung des sogenannten Net Promotor Scores. Auch das soziale Engagement ist ausführlich dokumentiert. Allerdings ist die Verankerung der Nachhaltigkeit beim Vorstand und der Unterstützung einer Werkstudentin der Studienrichtung Nachhaltigkeitsmanagement für ein Unternehmen mit fast 1.200 Mitarbeitern nicht ausreichend. Die Taunus Sparkasse zeigt ihre Stärken in den Bereichen Social und Governance. Leider stellt sie ihre Maßnahmen zur CO2-Reduktion nicht konsequent genug dar. Im unteren Bereich behauptet die Sparkasse Südholstein, für sie als Finanzdienstleister sei das Thema CO2-Ausstoß irrelevant. Auch die Stadtsparkasse München ist hinsichtlich ihres nachhaltigen Wirtschaftens intransparent. Laut der Analyse scheint das Thema "Environment" insgesamt bei den Sparkassen noch nicht angekommen zu sein. Der Mittelwert in diesem Bereich beträgt magere 0,14 Punkte.

Genossenschaftsbanken: Da ginge noch mehr
Die Volks- und Raiffeisenbanken stellen sich in ihrer Gesamtheit eher schwach dar. Bei vier Banken waren nichtfinanzielle Erklärungen nicht einmal im Bundesanzeiger auffindbar, sodass die Geschäftsberichte hinzugezogen werden mussten. Die größten Punkteverluste erleiden die VR-Banken im Durchschnitt in den Bereichen CO2-Ausstoß und ESG in der Kreditvergabepolitik. Die ersten drei Plätze belegen die GLS Gemeinschaftsbank, die Sparda-Bank München und die Frankfurter Volksbank. Die Stärke der GLS-Bank sind die Maßnahmen zur CO2-Reduktion durch Ökostrom und alternative Anlagen. Die Stärken der Sparda-Bank München liegen im Sozialen. Die Frankfurter Volksbank sticht im Bereich "Social" mit ihrer Transparenz und ausführlichen Berichterstattung zu den Themen Inklusion und Gesundheitsmanagement für ihre Mitarbeiter hervor.

Gleich sieben der 18 getesteten VR-Banken erzielen allerdings ein negatives Ergebnis. Viele VR- Banken sind wie manche Sparkasse der irrigen Auffassung, dass sie als nichtproduzierende Dienstleister kaum Einfluss auf eine nachhaltige Entwicklung haben. Insgesamt haben die VR-Banken besonders in den Bereichen "Environment" und "Social" noch einen weiten Weg vor sich, stellt Zielke fest.

Insgesamt gibt sich der Branchenbeobachter zuversichtlich: "Allein die Berichtspflicht hat schon dazu geführt, dass sich die Banken ihrer Verantwortung bewusst werden, was sie nun zu einer besseren Messung und danach zur Bestimmung entsprechend zu treffender Maßnahmen nutzen sollten." Auch wenn das Thema "Nachhaltigkeit", ganz im Gegensatz zu den Versicherungen, ganz offensichtlich noch nicht in den Vorstandsetagen von Banken angekommen zu sein scheine, würden sie bessere Ergebnisse als die Assekuranz erreichen, da sie detailliertere Angaben machen. "Wir hoffen natürlich, dass unsere Studie dazu beiträgt, dass das Thema Nachhaltigkeit zukünftig bei den Banken eine stärkere Berücksichtigung findet als bisher", lautet Zielkes Fazit zu der Untersuchung. (hh)


Zum Hintergrund der Studie: Alle börsennotierten Gesellschaften und alle Finanzinstitute mit mehr als 500 Mitarbeitern müssen gemäß der europäischen CSR-Richtlinie seit 2017 einen Corporate Social Responsibility (CSR-) Bericht vorlegen. Dazu zählt die Berichterstattung zu Umwelt-, Sozial- und Unternehmensführungsbelangen (ESG = "Environment", "Social", "Governance"). Diese Berichte sind die Basis der Analyse von Zielke Research Consult, die das Researchhaus im Oktober vergangenen Jahres bereits für die Versicherungswirtschaft vorgelegt hatte.