Die Geschäftsführung der DWS hat sich auf der ersten Hauptversammlung des Fondsanbieters am Mittwoch unbeeindruckt von der Kritik der Aktionäre gezeigt. Die Aktie war im März 2018 zu 32,50 Euro an die Börse gekommen und verlor danach monatelang an Wert. Im Januar dieses Jahres wurde der Titel zeitweise für weniger als 23 Euro gehandelt. Mittlerweile steht der Kurs bei gut 30 Euro, getrieben auch durch Gerüchte rund um eine mögliche Fusion mit der Asset-Managementsparte der UBS oder anderen Fondsanbietern.

Dass die Aktie immer noch unter ihrem Ausgabekurs notiert, frustriert viele Anteilseigner. Aljoscha Sturmfels, Rechtsanwalt bei der Kanzlei Nieding + Barth, verwies als Vertreter der Aktionärsvereinigung DSW darauf, dass sich im vergangenen Jahr fast alle relevanten Geschäftszahlen des Fondsanbieters negativ entwickelt hätten. Es genüge nicht, dafür nur das "anspruchsvolle Marktumfeld" verantwortlich zu machen, wie das Management das getan habe. Mit Blick auf den einst gefeierten Börsengang sagte er: "Der Knall der Sektkorken ist verklungen, die Feierlaune verflogen." Bei den Anteilseigner herrsche ein "Gefühl der vertanen Chancen" vor. Sein Fazit: "Die DWS hat die erforderliche Stabilität nach dem Börsengang noch nicht gefunden."

Verkommt die DWS zum "Juniorpartner eines großen europäischen Players"?
Sturmfels kritisierte unter anderem, dass die DWS zuletzt vor allem mit Fusionsgerüchten für Schlagzeilen sorgte, nicht aber wegen einer guten Geschäftsentwicklung: "Der Börsengang war geplant als gewinnbringender 'Carve-Out', nun droht die DWS zum Juniorpartner eines großen europäischen Players zu verkommen."

Zu den Fusionsgerüchten wollte sich DWS-Chef Asoka Wöhrmann nicht äußern. In seiner Rede hatte er zuvor lediglich erwähnt, "bei der Konsolidierung der Vermögensverwaltungsbranche eine aktive Rolle" spielen zu wollen. "Dabei werden wir solche Chancen nur wahrnehmen, wenn unsere treuhänderische Tätigkeit nicht beeinträchtigt wird, es kulturell passt – und wenn sich ein Mehrwert für unsere Anteilseigner bietet", so Wöhrmann. Das organische Wachstum habe für die DWS aber "klare Priorität".

Aufsichtsrat mit neun Posten
Aktionärsschützer Sturmfels sprach auch die Besetzung des Aufsichtsrates an: Im Sinne einer guten Unternehmensführung fordere die DWS bei Portfoliounternehmen, dass ein Aufsichtsrat nicht mehr als fünf solcher Posten innehabe. Im eigenen Gremium verstoße die Gesellschaft aber gegen diese Vorgabe. DWS-Aufsichtsratschef Karl von Rohr räumte ein, dass ein Mitglied des Kontrollgremiums neun entsprechende Mandate ausübe. Dieses Mitglied habe allerdings an bislang allen Sitzungen des DWS-Aufsichtsrates teilgenommen, auch ansonsten gebe es keinen Grund, daran zu zweifeln, dass es seine Aufgaben ordnungsgemäß wahrnehmen könne. Außerdem betonte von Rohr, dass die DWS die Empfehlungen des Deutschen Corporate Governance Kodex einhalte – die hauseigenen Richtlinien der DWS-Fondsmanager seien zugegebenermaßen schärfer.

Indes begrüßt Sturmfels die Dividendenpolitik: Die DWS schüttet 70 Prozent ihres Nettogewinns aus, bezogen auf den aktuellen Aktienkurs entspricht das einer Dividendenrendite von 4,5 Prozent. Allerdings verwies er darauf, dass der größte Profiteur dieser Politik die Deutsche Bank sei, die mehr als 79 Prozent der Aktien halte und Kapital benötige. "Bleibt die Frage, ob die Ausschüttung ähnlich hoch wäre, wenn die Deutsche Bank kein Geld bräuchte", ätzte Sturmfels. Wöhrmann entgegnete, die Dividende werde "unabhängig von der Deutschen Bank" festgelegt.

Wie echt ist das Bekenntnis zur Nachhaltigkeit?
Unangenehme Fragen musste sich die DWS-Führungsriege auch zu ihrer neu entdeckten Begeisterung für nachhaltige Investments gefallen lassen – Wöhrmann hatte diesem Bereich in seiner Rede große Bedeutung beigemessen. "In Gesprächen mit den Verantwortlichen konnte ich einen gewissen Ehrgeiz und Elan bei diesem Thema erkennen. Aber dennoch werden erst sieben Prozent des verwalteten Vermögens nach nachhaltigen Kriterien gemanagt", sagte Barbara Happe von der Umwelt- und Menschenrechtsorganisation Urgewald, die für den Dachverband kritischer Aktionäre sprach. "In den größten DWS-Fonds finden sich immer noch die rücksichtslosesten Rüstungskonzerne der Welt", betonte sie. Das gleiche gelte für die "Kohlegiganten", die den Klimawandel anheizten. Das sei zwar nicht illegal, aber ethisch fragwürdig.

Chefanlagestratege Stefan Kreuzkamp betonte, die DWS habe schon im Jahr 2008 die "Prinzipien für verantwortliches Investieren" der Vereinten Nationen (UN-PRI) unterzeichnet. Nachhaltige Investments seien schon seit mehr als 25 Jahren Teil der Firmenstrategie, nun werde dieser Bereich aber zum "Kerngeschäft". Investments in diverse kontroverse Waffen, etwa Streubomben, seien heute bereits in allen Fonds ausgeschlossen.

Mit Blick auf den Klimawandel würden die damit einhergehenden Risiken bei der Titelauswahl berücksichtigt, erläuterte der Anlagechef. Die DWS-Fondsmanager dürfen abseits der als nachhaltig vermarkteten Portfolios zwar weiterhin in kohlenstoffintensive Branchen investieren. Sie seien aber angehalten, den "konstruktiven Dialog" mit den Unternehmen zu suchen, um mögliche Verbesserungen anzustoßen, so Kreuzkamp.

Hohe Zuflüsse aus strategischen Partnerschaften
Wöhrmann beantwortete auch die Frage eines Aktionärs nach der strategischen Partnerschaft mit der Deutschen Bank. Es gebe eine "langfristige Vertriebsvereinbarung" mit dem Mutterhaus, die Deutsche Bank sei in ihrer Produktauswahl jedoch frei. Das Institut müsse keine bestimmte Quote erfüllen, was den Anteil der DWS-Produkte an den insgesamt vertriebenen Fonds betrifft.

Insgesamt seien die strategischen Partnerschaften für die DWS von großer Bedeutung, betonte Wöhrmann. Er untermauerte dies mit einer interessanten Zahl: Die Vereinbarungen mit dem Finanzvertrieb DVAG, den Versicherern Generali, Nippon Life und Zurich sowie dem französischen Investmenthaus Tikehau Capital sorgten demnach im ersten Quartal dieses Jahres für Nettomittelzuflüsse von mehr als drei Milliarden Euro. Insgesamt warb die DWS unter dem Strich in den ersten drei Monaten 2019 nur 2,5 Milliarden Euro ein – aus anderen Vertriebskanälen gab es netto also Abflüsse.

99,99 Prozent Zustimmung für manchen Punkt der Tagesordnung
Insgesamt hielt sich die Zahl der Wortmeldungen auf der DWS-Hauptversammlung in engen Grenzen: Nur vier Aktionärsvertreter schritten an das Rednerpult. Die Versammlung lief sehr ruhig und sachlich ab – ganz anders als manche andere Hauptversammlung dieser Saison.

Eine echte Einflussmöglichkeit haben die Kleinaktionäre bei der DWS ohnehin nicht, dafür ist der Streubesitz viel zu gering: 79,5 Prozent der Aktien gehören der Deutschen Bank, knapp neun Prozent den strategischen Investoren Nippon Life und Tikehau. Entsprechend hoch fiel die Zustimmung zu allen Punkten der Tagesordnung aus – bei manchen wurde eine sozialistisch anmutende Quote von 99,99 Prozent erreicht.

Mit fast allen Stimmen wurden auch zwei neue Aufsichtsräte gewählt: In dem Gremium sitzen fortan die amerikanische IT- und Digitalisierungsspezialistin Annabelle Bexiga und Richard Morris aus London, der schon seit rund 50 Jahren in der Asset-Management-Branche tätig ist. (bm)