Die junge Kryptowährungs-Szene ist nicht eben arm an Skandalen und Merkwürdigkeiten – und seit gestern um einen perfekt inszenierten Schocker reicher. Große Aufregung herrschte da rund um das deutsche Start-up Savedroid, heute ist klar: Bei dem vermeintlichen Verschwinden des Fintechs handelte es sich um einen PR-Gag – und nicht, wie befürchtet, um einen betrügerischen Abgang des Teams. Doch der Reihe nach. 

Die Homepage des Unternehmens war gestern nicht mehr zu erreichen, bestand nur noch aus dem Bild einer Zeichentrick-Figur und dem Text "Aaand … It’s gone" (was soviel heißt wie: "... und tschüss!"). Seit heute morgen prangt nun der Text "And it’s not gone" auf der Website, dazu erklärt Savedroid-Vorstandschef Yassin Hankir in einem Video, dass der inszenierte Tod des Unternehmens bloß eine Werbeaktion war.

Mit dem vorgetäuschten Savedroid-Ende und dem selbstinszenierten Abgang der Gründer habe man nur auf die grundsätzlichen Gefahren von Krypto-Investments und die Unseriosität einiger Anbieter hinweisen wollen. Man selbst zähle natürlich zu den ernstzunehmenden Playern, so die nachgeschobene Legitimierung des verspäteten Aprilscherzes.

Geldgeber in heller Aufruhr
Nachdem die Website gestern verschwunden war, schossen wilde Spekulationen ins Kraut um die möglichen Gründe. Savedroid hatte erst vor Kurzem mittels eines sogenannten Initial Coin Offerings (ICO) in Summe immerhin 40 Millionen Euro von Kleinanlegern eingeworben. Als neben der Website auch die offizielle Savedroid-Supportgruppe in der Nachrichtenapp Telegram nicht mehr erreichbar war, witterte mancher Anleger einen Betrug, berichtete die "Wirtschaftswoche" gestern.

Dazu das Zitat eines Anlegers: "In der Gruppe ist Chaos ausgebrochen, seit die Website nicht mehr erreichbar ist." Telegram wird von vielen ICO-Start-ups als eine Art Investor-Relations-Kanal genutzt, um den Kontakt zu ihren Anlegern zu pflegen. Savedroid-CEO Hankir postete unterdessen auf Twitter Urlaubsbilder mit den Worten "Thanks guys! Over and out…". 


Aufmerksamkeit für Probleme der ICO-Szene
Beispiele für Betrugsfälle, bei denen vermeintliche Gründer nach einem ICO mit dem Geld der Anleger verschwinden, gibt es bereits zuhauf. Auch diverse Finanzaufsichtsbehörden mahnen Interessenten eindringlich, die Risiken dieser "Krypto-Börsengänge" nicht zu unterschätzen.

In dem heute erschienenen Video erklärt Savedroid-CEO Hankir, dass er mit der PR-Aktion genau auf diesen Aspekt aufmerksam machen wollte: "Selbst wir als hochgradig reguliertes Start-up hätten einfach mit dem Geld davonrennen können", so Hankir.

Wer anderen eine Grube gräbt...
Der Scherz könnte für Savedroid allerdings zum Bumerang werden – und auch ein juristisches Nachspiel haben. Die Staatsanwaltschaft Frankfurt prüft laut Angaben des "Manager Magazins" die Einleitung eines Ermittlungsverfahren gegen das Kryptowährungs-Start-up.  

Laut dem Portal "Gruenderszene.de" waren einige Savedroid-Geldgeber von der PR-Aktion des Unternehmens "keinesfalls angetan". Profitiert haben dürfte das Start-up von der Aktion vor allem durch Medienberichte über das Unternehmen und Links auf die eigene Seite, schreibt das Portal. Ob sich Savedroid damit langfristig einen Gefallen getan hat und es künftig leichter haben wird, Kunden, Kleininvestoren oder Wagniskapitalgeber zu gewinnen, sei jedoch stark zu bezweifeln.

"Dumm wie Brot"
Dass der Marketing-Gag massiv nach hinten losgeht, vermutet auch Daniel Franke. "Die Presse ist voll von Berichten über Betrugsfälle, nicht nur im Kryptobereich. In dieser Situation mit den Ängsten der Anleger zu spielen, lässt nur einen Schluss zu: Der Initiator scheint 'dumm wie Brot' zu sein", kommentiert der ​Betreiber des Fachportals Kreditkarte.net. 

Ein so wenig regulierter Markt wie jener der Kryptowährungen verlange von den Akteuren besonderes Fingerspitzengefühl. "Es gibt genügend Vertreter, die Bitcoin und Co. am liebsten verbieten lassen würden. Anlegern vorzugaukeln, ihre Einlagen wären weg und der Betreiber der Plattform nicht mehr auffindbar, ist auf jeden Fall kein Weg, um Vertrauen zu schaffen", schließt Franke. (fp/ps)