Die Traditionsbank Credit Suisse ist in einer von der Schweizer Regierung eingefädelten Notoperation von der UBS übernommen worden. Angesichts der Gefahr eines Ausblutens sah Bern nur noch die Übernahme durch den Konkurrenten als Ausweg. Doch welche Folgen hat der Zusammenschluss für den Private-Banking-Markt? Immerhin erlangten beide Institute bei der Betreuung vermögender Kunden weltweit eine bedeutende Position.

"Die Mammutaufgabe ist, zwei Großbanken kulturell sowie die IT-Systeme und die Prozesse zusammenzuführen", hält Oliver Mihm, Gründer und Vorstandsvorsitzender der Beratungsgesellschaft Investors Marketing, zunächst einmal fest. Normalerweise würden sich die beteiligten Parteien geraume Zeit vor so einem Vorhaben Gedanken darüber machen, welche Systeme übernommen und wie die Schlüsselpositionen besetzt werden sollen. "Doch in diesem Fall geschieht das erst im Nachgang", stellt Mihm fest.

Vermögende streuen ihr Geld
Eine brisante Frage dabei ist, wie die Kunden auf diese Umstellung reagieren. Im ersten Quartal ebbte bei der Credit Suisse die Fluchtwelle jedenfalls nicht ab. Allein aus dem Wealth Management flossen unterm Strich 47 Milliarden Franken ab. Die UBS verzeichnete hingegen zum Jahresauftakt über das gesamte Haus hinweg Nettozuflüsse in Höhe von 28 Milliarden US-Dollar. Sieben davon entfielen auf die zehn Geschäftstage zwischen der Ankündigung der Übernahme und dem Quartalsende. "Die Kunden suchten Stabilität und kamen zu uns", interpretierte UBS-Chef Sergio Ermotti die Entwicklung.


Welche Auswirkungen die Großübernahme auf die Mitarbeiter der beiden Banken hat, lesen Sie in der vollständigen Version des Artikels, der in Ausgabe 2/2023 von FONDS professionell erschienen ist. Angemeldete Leser finden den Beitrag auch hier im E-Magazin.


"Die Kunden werden in Scharen zu anderen Banken strömen", zeigt sich dagegen ein ehemaliger Manager aus dem Wealth Management der UBS überzeugt, der nicht namentlich genannt werden möchte. "Viele Vermögende streuen ihr Geld. Sind sie bereits Kunde bei beiden Banken, werden sie sich ein weiteres Institut suchen."

Kaum Überschneidungen
Ganz so dramatisch sieht Marktkenner Mihm die Lage zwar nicht. "Kundenabgänge sind im internationalen Markt ein großes Thema, vor allem bei den Hochvermögenden aus Regionen wie Nordamerika, Nahost oder Asien", meint aber auch Mihm. "Die Frage ist, ob diese Kunden ihren Bestand am Schweizer Bankenplatz im Zuge der Übernahme praktisch verdoppelt sehen wollen oder ob sie lieber andere Bankenplätze wählen." In den meisten europäischen Märkten gibt es dagegen kaum Überschneidungen. "Nur wenige Kunden haben zugleich Beziehungen zur Credit Suisse und zur UBS geknüpft", so Mihm.

In Deutschland war die Credit Suisse im Private Banking praktisch nicht mehr präsent. Das Institut hatte den Bereich 2013 an die Bethmann Bank verkauft. "Zwar war ein Ausbau des Geschäfts hierzulande wieder angegangen worden, aber allzu viel ist noch nicht geschehen", berichtet Mihm. "Somit ist die UBS hier ohnehin die etabliertere Marke." Also muss UBS-Chef Ermotti vor allem im außereuropäischen Geschäft sowie im Heimatmarkt darauf achten, dass nicht doch noch so eine dramatische Dynamik einsetzt wie bei der Credit Suisse. (ert)