Die neue Bankenaufsichts-Chefin der Europäischen Zentralbank (EZB), Claudia Buch, möchte von den Kreditinstituten genauer wissen, wie sie auf neu auftretende Risiken reagieren würden, die ihrem Geschäft schaden könnten. "Viele der Themen, die heute die Schlagzeilen beherrschen, waren vor einem Jahrzehnt noch unvorstellbar", sagte Buch in ihrer ersten Rede als Vorsitzende des EZB-Aufsichtsgremiums. "Dies unterstreicht die Notwendigkeit, dass Banken auf neu auftretende Risiken nicht nur reagieren, sondern diese auch antizipieren müssen."

So kämpfen europäischen Banken derzeit mit den Folgen der Kriege in der Ukraine und im Nahen Osten sowie mit digitalen Technologien, die Massenabhebungen von Kunden in einer Krise, sogenannten "Bank Runs", neuen Schwung verleihen – siehe die Erfahrungen, die die USA vor einem Jahr im Zusammenhang mit dem Kollaps der Silicon Valley Bank machten. Die EZB pocht bei den Instituten ferner auf ein genaueres Verständnis von Cyberrisiken, steigenden Zinsen sowie den Auswirkungen von Klimawandel und dem Übergang zu einer nachhaltigeren Wirtschaft auf ihr Geschäft.

Klassische Risikomodelle greifen nicht
"Dieses hohe Maß an Unsicherheit lässt sich mit klassischen Risikomodellen nicht erfassen", sagte Buch in einer Rede in Brüssel. "Eine ganzheitliche Betrachtung der neuen Risikolandschaft erfordert den Einsatz von Szenarien, Verbesserungen bei Daten und Messungen sowie ein enges Zusammenspiel von Analysen auf Banken- und Makroebene."

Banken bilden zwar sogenannte Overlays zusätzlicher Rückstellungen für Risiken, die sie noch nicht vollständig analysieren können. Aber ihre Ansätze unterscheiden sich, und vielen "fehlt die erforderliche Risikosensitivität", so Buch. Die EZB fordert Verbesserungen in diesem Bereich und prüft die Modelle erneut, um die Einhaltung der Vorschriften sicherzustellen, fügte sie hinzu. 

Einziges Mittel gegen Risiken: Eigenkapital
In Anspielung auf die oben erwähnten jüngsten Bankenkrisen anderswo sagte Buch, dass die EZB der Unternehmensführung und dem Risikomanagement sowie den Metriken der Finanzstärke große Aufmerksamkeit schenken werde. "Banken müssen gut kapitalisiert sein, um mit unvorhergesehenen Ereignissen umgehen zu können", sagte sie. "Letztendlich ist es nur das Kapital, das negative Schocks abfedern und es den Banken ermöglichen kann, in Stresszeiten weiterhin Kredite zu vergeben." (Bloomberg/jb)