Project-Insolvenzverwalter: "Wir wollen das beste Ergebnis"
Die Insolvenz der Nürnberger Project Real Estate zog einen großen Teil der rund 120 Projektgesellschaften in Mitleidenschaft. Im Interview mit FONDS professionell erläutert Insolvenzverwalter Volker Böhm, wie er vorgeht, um den Kummer von Wohnungskäufern und Anlegern in Grenzen zu halten.
Neben rund 30.000 Anlegern, die der insolventen Project Real Estate rund 1,4 Milliarden Euro zum Bauen von Wohnungen zur Verfügung gestellt hatten, sind auch die Käufer der Wohnungen betroffen, die in unterschiedlichen Entwicklungsstadien feststecken. Teilweise sind die Grundstücke noch unbebaut, teilweise stehen die Projekte kurz vor Schlüsselübergabe oder befinden sich bereits in der vergleichsweise risikoarmen Gewährleistungsphase. Insolvenzverwalter Volker Böhm erläutert seine Strategie, den unterschiedlichen Interessen gerecht zu werden, die für jedes einzelne Projekt Maßnahmen zwischen Rückabwickeln, Fertigbauen und Verkaufen vorsieht.
Herr Böhm, wie muss man sich das laufende Verfahren zum Verkauf der Immobilien vorstellen?
Volker Böhm: Wir haben einen strukturierten Verkaufsprozess mit zwei Maklerunternehmen aufgesetzt, um der Unterschiedlichkeit der Projekte besser gerecht zu werden. Wir haben uns mehrere Maklerunternehmen angeschaut, die uns jeweils präsentierten, wie sie vorgehen würden, und haben uns schließlich für BGA Invest und Falkensteg entschieden. In die Entscheidung für diese beiden Unternehmen war auch die Kapitalverwaltungsgesellschaft der Project-Fonds einbezogen.
Wie kleinteilig wird der Bestand angeboten? Am elegantesten wäre doch, das gesamte Konvolut an einen Großinvestor zu veräußern, am besten mit Paketzuschlag.
Böhm: Ja, das wäre das Einfachste. Wir wollen aber nicht das einfachste, sondern das beste Ergebnis erzielen. Wir fahren deswegen zweigleisig. Wir werden Gesamtangebote wohlwollend prüfen, sie müssten aber auf die einzelnen Grundstücke heruntergebrochen sein, sodass wir es mit den Angeboten vergleichen können, die für einzelne Grundstücke abgegeben werden. Ein Gesamtangebot haben wir bereits bekommen. Allerdings kamen wir beim Gegenrechnen unserer "Perlen" im Portfolio schon auf 80 Prozent des Package-Angebots. Also, ich bin mir schon recht sicher, dass wir bisher mit dem Einzelverkauf oder Teilverkäufen besser fahren.
Die Herausforderungen der einzelnen Projekte sind sehr verschieden. Anhand welcher Kriterien ergreifen Sie welche Maßnahmen?
Böhm: Zunächst mussten wir entscheiden, welche Projekte wir verkaufen und welche wir selbst zu Ende führen. Das hängt vom Entwicklungsstadium der jeweiligen Projekte ab. Bei einigen Projekten ist der Verkaufsstand noch so niedrig und der Projektverlauf noch so sehr am Anfang, dass es keinen Sinn ergibt, das wirtschaftliche Risiko einzugehen, die Immobilie im Insolvenzverfahren zu bauen. Da bietet sich eher ein Verkauf an. Dafür müssen bestehende Kaufverträge mit Wohnungskäufern rückabgewickelt werden. Der Verkaufserlös kann dann – nach Abzug der Kosten und Abschluss des Insolvenzverfahrens für die jeweilige Projektgesellschaft – an die Fondsgesellschaften ausgezahlt werden. Andere Projekte sind demgegenüber in der Entwicklung schon sehr weit fortgeschritten. Bei denen fehlt nicht mehr viel bis zur Fertigstellung. Bei diesen Projekten ergibt die Fertigstellung im Insolvenzverfahren auch keinen Sinn. Wenn zum Beispiel noch Kaufpreisraten in Höhe von einer Million Euro offen sind, für die Fertigstellung müssten aber noch 950.000 Euro aufgewandt werden, stehen Aufwand und Risiko in keinem Verhältnis zum möglichen Ertrag. In diesen Fällen muss die Wohnungseigentümergemeinschaft die Projekte selbst fertig bauen. Wir werden aber auch hier die Käufer nicht im Regen stehen lassen, sondern die Voraussetzungen für eine Fertigstellung des Objekts durch die Eigentümergemeinschaft schaffen, indem wir ihnen alle Unterlagen überlassen, die sie für den Fertigbau in Eigenregie benötigen. (tw)
Das vollständige Interview, in dem Volker Böhm auch auf die Projekte eingeht, deren Bautenstand auf halbem Wege ist, und erläutert, wie er die Interessen der Anleger wahren will, lesen Sie in der aktuellen Ausgabe von FONDS professionell ab Seite 226, angemeldete Nutzer auch hier im E-Magazin.
Kommentare
Project Insolvenzen
AntwortenHallo, werden die Anleger und Vermittler vom Insolvenzverwalter für komplett unfähig gehalten ? Hat der Insolvenzverwalter billigend in Kauf genommen, dass Interessenten abgeschreckt werden und die Fonds - Anleger dadurch zusätzlich geschädigt werden weil seine Aussage im Interview nicht den Tatsachen entspricht. Tatsächlich richten sich Abschlagszahlungen nach der MABV § 3 Abs 2 . Folglich ist es sehr genau zu ergründen wie weit ein Objekt bereits fortgeschritten ist und welche Restarbeiten noch zu erledigen sind. Beispiel :Am Mühlenberg ( Potsdam) Verkaufstand 100 % Fertigstellung 99 % 100 % Verkaufstand bedeutet nicht, dass bereits der vollständige Kaufpreis geflossen ist, dann wäre das Objekt nicht insolvent, sondern wie der Baufortschritt offenlegt sind noch Arbeiten zu erledigen und auch die Bezugsfertigkeit müsste bereits vorliegend sein. Unterstellen wir , dass weder die Bezugsfertigkeit , die restlichen Fassadenarbeiten und damit die vollständige Fertigstellung noch nicht gegeben sind. Dann sind nach MABV nur 80 % des Objektvolumens als Abschlagszahlung von den Käufern bezahlt! Folglich sind bei diesem Objekt von 31.168.000 € nur 24.934.400 € bereits bezahlt ,das ergibt eine offene Restzahlung von 6.233.600 € bei vollständiger Übergabe an die Eigentümer. da der Bautenstand aber nur noch 1 % des Projektvolumens ist, also 311.680 € würde sich ein Überschuss von 5.921.920 € ergeben, die dann anteilig an die beteiligten Fonds ausgekehrt werden könnten. Folglich ist bei jedem Objekt zu prüfen welche Restarbeiten noch anstehen und welche Abschlagszahlungen bereits geleistet wurden. Dies ist bei einer Vielzahl der Objekte mit über 90 % Bautenstand und hohen Verkaufsständen der Fall. Leider hat die KVG diesbezüglich offensichtlich nicht das erforderliche Wissen oder kein Interesse im Sinne des KAGB das Anlegervermögen zu schützen . Dies wird dadurch untermauert, dass die vorgeschriebenen Liquiditätsreserven nicht innerhalb der Fonds gehalten wurden, sondern in der zwischengeschalten Beteiligungsgesellschaft auf die die Anleger, die daran nur mittelbar beteiligt sind keinen Zugriff und auch keine Weisungsbefugnis haben. Dieses "Verschiebe- System" ermöglichte es die Verwahrstelle, die ebenfalls eine fragwürdige Mandatserfüllung an den Tag legt austricksen , den Treuhänder und den Abschlussprüfer täuschen usw. Von diesen Fachleuten kann erwartet werden solche Machenschaften zu erkennen und abzustellen. Trotz dieser offenliegenden Mängeln wurden die Anleger im schriftlichen Verfahren dazu genötigt abzustimmen und nicht abgegebene Stimmen wurden zur Entlastung der Geschäftsführung verwendet, obgleich sogar form - und fristgerechte Beschlussanträge von Anlegern nicht an die Gesamtheit der Anleger trotz Aufforderung verteilt wurden! Es ist ein gewaltiger Unterschied ob die Anlegergelder im Rahmen einer Mittelverwendungskontrolle erst von der KVG und der Verwahrstelle für jedes Objekt nach Überprüfung gesetzeskonform freigegeben werden oder ob man die Anlegergelder ( Liquiditätsreserven) vorab bereits in die Beteiligungsgesellschaft auf Vorrat überträgt, was weder dem Liquiditätsmanagement noch dem Risikomanagement gerecht wird. Da unter Umständen Zahlungsverpflichtungen / Kapitalzusagen vertraglich zwischen der Beteiligungsgesellschaften gegenüber den Objektgesellschaften als Forderung auftreten können ist erklärbar warum selbst schulden- und lastenfreie Grundstücke in die Insolvenz geraten sind, weil man behördliche Gebühren und Grundsteuern dafür nicht mehr zur Verfügung hatte. Uwe Hummel
uwe.heinz.hummel@t-online.de am 02.04.24 um 14:52