Vor rund einem halben Jahr ist Santander in Deutschland in den Markt für automatisierte Geldanlage eingetreten (FONDS professionell ONLINE berichtete). Viel gehört hat man von "Sina" bis dato allerdings nicht. Das hat seinen Grund, wie Tina Kern, die Leiterin des Wertpapiergeschäfts der Bank, erläutert. Schließlich beginne Santander gerade erst mit der Vermarktung. FONDS professionell ONLINE traf Kern in den Frankfurter Büros des Instituts zum Interview.


Frau Kern, Santander hat im vergangenen Oktober die Robo-Beratungsplattform Sina lanciert. Die Technik dazu haben Sie bei dem Frankfurter Fintech Vaamo eingekauft. Kann eine Bank wie Santander eine solche Lösung nicht selbst programmieren?

Tina Kern: Doch, aber das war nicht der entscheidende Punkt. Uns war wichtig, in überschaubarer Zeit eine innovative, digitale Geldanlagelösung bieten zu können. Die Kooperation mit einem Fintech bietet beiden Seiten Vorteile: Die Banken verfügen über langjährige Expertise in der Verwaltung von Vermögen. Die Fintechs wiederum bringen frische Ideen mit, die den Markt derzeit gehörig aufmischen. Davon und von den kurzen Entwicklungszeiten können die Banken viel lernen. Wir wollten eine bewusst einfache, schlanke Lösung. Da hat uns der Prozess und die Technik von Vaamo überzeugt. Vaamo agiert im laufenden Betrieb aber komplett im Hintergrund – als technischer Dienstleister. Für alle finanzspezifischen Themen bei Sina sind wir zuständig. Auch das Asset Management kommt aus unserem Haus.

Anleger, die sich über Sina informieren und dort Sparziele anlegen, können sich am Ende für einen von drei neuen ETF-Dachfonds entscheiden. Ist das eine wirklich innovative Idee?

Kern: Diese Lösung bietet viele Vorteile. Zahkreiche Robo-Plattformen vermitteln nur ETF-Portfolios, mitunter verbunden mit einem Rebalancing, bei dem der Anleger selbst aktiv werden muss. Andere bieten eine echte Finanzportfolioverwaltung, die aber häufig mit großen Einstiegssummen verbunden ist.

Außerdem schrecken viele Anleger davor zurück, im Internet gleich einen Vermögensverwaltungsvertrag abzuschließen.

Kern: Genau. Unsere ETF-Dachfonds erlauben es uns, innerhalb des Fondsmantels eine echte Vermögensverwaltung zu bieten – und das mit Sparraten ab 25 Euro. Das Asset-Allocation-Komitee von Santander in Deutschland entscheidet jeden Monat über die Ausrichtung der Portfolios. Dabei geht es nicht nur um die Höhe der Aktienquote, sondern auch um die Restlaufzeit der Anleihen sowie die Branchen- und Länderallokation. Es findet also ein echtes aktives Management statt – nicht wie sonst bei Robo-Beratern üblich eine Steuerung über einen Algorithmus. Ohne den Dachfondsmantel wäre ein solches Angebot nicht möglich.

Hat das Management die Möglichkeit, das Portfolio im Fall der Fälle abseits der monatlichen Ausschusssitzungen anzupassen?

Kern: Selbstverständlich. Wir haben für die Fonds verschiedene Volatilitätsbandbreiten definiert. Laufen die Kurse aus diesen Bändern raus, agieren die Kollegen bei Bedarf sofort. Ein solches Risikomanagement ist unserer Meinung nach Kernbestandteil einer echten Vermögensverwaltung.

Ein Dachfonds mag Vorteile haben, sorgt aber für zusätzliche Kosten.

Kern: Wir erheben für die Dachfonds keine Verwaltungsgebühr, es fallen nur die Kosten der ETFs und geringe laufende Kosten an, etwa für die Verwahrstelle und den Wirtschaftsprüfer. Unsere Kunden zahlen bloß die Servicepauschale von einem Prozent pro Jahr – inklusive Depotführung und Transaktionen.

Die Depots werden von der Fidelity-Fondsbank FFB geführt. Santander hat doch eigene Depotkunden – warum machen Sie das nicht selbst?

Kern: Für die Depotführung in Deutschland arbeiten wir sonst mit der DWP Bank zusammen. Diese kann die digitale Online-Legitimation derzeit allerdings noch nicht darstellen. Darum haben wir uns in diesem Fall für die FFB entschieden. Uns war wichtig, dass die Kunden ihr Depot direkt online eröffnen können.

In den drei Dachfonds liegen in Summe erst 5,5 Millionen Euro. Ein großer Erfolg ist Sina also noch nicht.

Kern: Etwas anderes war auch nicht zu erwarten, denn wir beginnen gerade erst mit der Vermarktung. Wir werden in den kommenden Monaten viele Werbe- und Marketingformate ausprobieren, vor allem online, um zu sehen, was am besten funktioniert. Unser Ziel ist es, unsere Bekanntheit und die Zahl der Kunden in Deutschland zu steigern. Wir haben mit Sina mittelfristig durchaus ambitionierte Pläne.

Das ist verständlich, schließlich hat Santander in Deutschland gemessen an der internationalen Größe der Bank noch Luft nach oben. Doch wie soll ausgerechnet Sina dabei helfen, die Wachstumsziele zu erreichen?

Kern: Sina richtet sich an eine sehr breite Zielgruppe – im Prinzip an alle Retail-Kunden aus dem mittleren Segment, die monatlich einen gewissen Betrag sparen wollen, um sich später einen größeren Wunsch erfüllen zu können oder um Geld für das Alter zurückzulegen. Das reicht bis hin zu klassischen Einlagenkunden, die sich mit den mageren Zinsen nicht zufriedengeben. Um Sina zu nutzen, muss man kein Santander-Kunde sein, denn es lässt sich ein beliebiges Referenzkonto hinterlegen. Außerdem kann auch die Oma ihrem Enkel 50 Euro auf dessen Sina-Konto buchen, statt ihm einen Schein ins Sparschwein zu stecken. Perspektivisch soll Sina als Kundengewinnungs-Medium dienen, gerade mit Blick auf die junge Zielgruppe. Wer einige Jahre mit Sina gespart hat und eines Tages ein Haus kaufen möchte, der denkt bei der Baufinanzierung hoffentlich auch an Santander.

Die meisten Deutschen kennen Ihr Institut bislang wahrscheinlich vor allem von Konsumentenkrediten oder der Autofinanzierung bei der Santander Consumer Bank.

Kern: Oder von einfachen Anlageprodukten wie Tagesgeld oder Sparbriefen. Mit Sina gehen wir nun den nächsten Schritt.

Dank der Konsumentenkredite und der Autofinanzierung hat Santander in Deutschland bereits einen beachtlichen Kundenstamm. Sind das zumindest zum Teil auch potenzielle Sina-Nutzer?

Kern: Solche Überlegungen stellen wir durchaus an. Wer seine Küche oder sein Auto über uns finanziert, hat eines Tages vielleicht größere Pläne. Dann wäre Sina ein interessantes Angebot für ihn.

Vielen Dank für das Gespräch. (bm)