Der 22. Mai war der“ D-Day“ für die deutschen Versicherungsgesellschaften: Bis zu diesem Tag mussten sie ihre sogenannte Solvenzquote (SCR-Quote) per Stichtag 31. Dezember 2016 veröffentlichen. Diese gibt an, wie krisenfest ein Versicherer auch in Zeiten hartnäckiger Minizinsen ist. Die gute Nachricht: Keine Gesellschaft fiel komplett durch. Die Finanzaufsicht Bafin hat nun aber darauf hingewiesen, dass es durchaus Problemfälle gab. Ein Versicherer wies im vergangenen Jahr zwischenzeitlich sogar keine ausreichende Kapitalisierung auf.

Die Behörde verlangt bei ihrem "Stresstest" eine Mindest-Solvenzquote von 100 Prozent. Die technische Erklärung dafür: Gemäß Paragraf 89 Versicherungsaufsichtsgesetz (VAG) müssen Versicherer stets über anrechnungsfähige Eigenmittel mindestens in Höhe ihrer jeweiligen SCR-Quote verfügen. Diese entspricht dem "Value-at-Risk der Basis-Eigenmittel zu einem Konfidenzniveau von 99,5 Prozent über ein Jahr", wie es im Gesetz heißt.

Vereinfacht gesagt: Ein Versicherer, der über anrechnungsfähige Eigenmittel in Höhe der Solvabilitätskapitalanforderungen verfügt, muss mit einer Wahrscheinlichkeit von wenigstens 99,5 Prozent in der Lage sein, Verluste auszugleichen, die innerhalb des nächsten Jahres eintreten.

Ein "Sorgenkind"
Der Aufsicht zufolge wiesen am Stichtag alle 84 geprüften Lebensversicherungsunternehmen eine ausreichende SCR-Quote auf. Allerdings mussten 29 Übergangsmaßnahmen anwenden, da sie ohne zumindest zwischenzeitlich keine ausreichende SCR-Bedeckung sicherstellen konnten. Die Bafin steht nach eigenen Angaben mit diesen Gesellschaften in engem Kontakt, um die dauerhafte Einhaltung des SCR spätestens nach Ende des Übergangszeitraums zum 31. Dezember 2031 zu gewährleisten. Die Versicherer müssen in dem Rahmen jährliche Fortschrittsberichte zur Entwicklung der Maßnahmen Stellung abgeben.

Aufgrund der zwischenzeitlichen Verschärfung des Niedrigzinsumfelds im Verlauf des Geschäftsjahres 2016 konnte ein Unternehmen trotz Anwendung von Übergangsmaßnahmen vorübergehend sogar keine ausreichende Kapitaldecke vorweisen. Der namentlich nicht genannte Versicherer musste daher sowohl einen Sanierungsplan nach Paragraf 134 Versicherungsaufsicht (VAG) als auch einen Finanzierungsplan nach Paragraf 135 VAG vorlegen. Mit Erfolg: Ende 2016 erfüllte es die SCR-Quote wieder.

Mindekapitalanforderungen zu 800 Prozent erfüllt
Die Behörde hat die Zahlen auch tiefer analysiert: Die SCR-Quote der Branche belief sich auf etwa 340 Prozent, wobei der Anstieg gegenüber dem Vorjahreswert, der bei 283 Prozent lag, unter anderem auf die leichte Erholung des Zinsniveaus, den Anstieg der Aktienmärkte und die Reduzierung der Spreads zurückzuführen ist. Die Bedeckung der Mindestkapitalanforderungen (Minimum Capital Requirement, MCR) lag bei fast 800 Prozent. (jb)