Die lang ersehnte Zinswende steht unmittelbar bevor: Die Europäische Zentralbank (EZB) will die Leitzinsen an diesem Donnerstag zum ersten Mal nach elf Jahren anheben. Damit werden die Währungshüter den deutschen Banken höhere Erträge bescheren. Einer Studie der Unternehmensberatung PwC zufolge, deren Ergebnisse dem "Handelsblatt" vorliegen, werden sich die Erträge im Tagesgeldgeschäft bis zum Ende des laufenden Jahres mehr als verdreifachen und auf 3,3 Milliarden Euro steigen. In den Folgejahren soll es dann noch steiler nach oben gehen, berichtet die Zeitung. PwC kalkuliere für 2023 mit Erträgen von 14,8 Milliarden Euro, 2024 mit 12,6 Milliarden Euro.

PwC hat dem "Handelsblatt" zufolge bei der Studie die durchschnittlichen Markterwartungen für die weitere Zinsentwicklung zugrunde gelegt. Diese gehen davon aus, dass der EZB-Einlagenzins von derzeit minus 0,50 Prozent bis Ende 2022 auf plus 0,25 Prozent steigen wird. Für Ende nächsten Jahres wird ein Plus von einem Prozent prognostiziert, für Ende 2024 ein Plus von 1,25 Prozent. Die Erträge im Tagesgeldgeschäft wurden in der Annahme berechnet, dass die Kreditinstitute zwei Drittel der Tagesgelder kurzfristig anlegen, etwa direkt bei der EZB oder am Interbankenmarkt, und ein Drittel langfristig, beispielsweise in langlaufenden Wertpapieren. 

Nicht in Euphorie verfallen
"Trotz dieser starken Prognose müssen sich die Banken jetzt strategisch neu ausrichten, denn die Belastungen durch Wertpapierabwertungen, Kreditausfälle und Inflation werden noch in diesem Jahr wirksam", zitiert das "Handelsblatt" den PwC-Partner Daniel Wildhirt. Seiner Ansicht nach sollten die Institute angesichts der erwarteten Ertragszuwächse daher nicht in Euphorie verfallen.

Die von PwC errechneten Zahlen deckten sich mit den Einschätzungen vieler Bankmanager, schreibt das "Handelsblatt". Diese freuten sich zwar, wenn die Negativzinsen wegfallen und sie damit auch Verwahrentgelte für Kunden streichen können. "Richtig profitieren werden wir aber erst, wenn sich die Zinsen in Richtung ein Prozent bewegen", sagte der Vorstand eines großen deutschen Geldhauses der Zeitung. Nach der Zinswende gebe es schließlich auch eine Reihe von gegenläufigen Bewegungen. So werde vermutlich die Möglichkeit der Banken eingeschränkt, bei der EZB verbilligt Geld aufzunehmen. (am)