Die italienische Großbank Unicredit prescht bei der Übernahme von Anteilen an der Commerzbank weiter vor. Inzwischen hält das Mailänder Geldhaus 21 Prozent der Commerzbank-Anteile in den Händen. Erst kurz zuvor hatte die deutsche Bundesregierung signalisiert, dass sie eine Eigenständigkeit der Commerzbank vorziehe. Berlin stellt daher vorerst den Verkauf weiterer in Staatshand liegender Aktien ein.

Die Unicredit hat sich eigenen Angaben zufolge über Finanzinstrumente einen zusätzlichen Aktienanteil von 11,5 Prozent an der Commerzbank gesichert. Die Italiener besitzen bereits einen Anteil von rund neun Prozent. Das physische Settlement des Finanzinstrumente-Deals werde indessen nicht erfolgen, bevor die dafür nötigen Genehmigungen da seien, hieß es. Die Italiener wollen bei der Aufsicht die Erlaubnis einholen, bis zu 30 Prozent der Commerzbank-Anteile erwerben zu dürfen. Der Nachrichtenagentur "Bloomberg" zufolge halfen Barclays und die Bank of America der Unicredit, die Transaktion einzufädeln. Die drei Institute lehnten eine Stellungnahme ab.

Gegenwind aufgezogen
Die italienische Großbank hat im Zuge eines Anteilsverkaufs der Bundesrepublik ein Aktienpaket des zweitgrößten deutschen Geldhauses erworben. Der Bund hatte sich bei einer Rettungsaktion während der Finanzkrise nach der Lehman-Pleite an der Commerzbank beteiligt. Die Unicredit erhielt als Meistbietender den Zuschlag. Außerdem haben sich die Mailänder über die Börse mit Anteilen an dem Frankfurter Institut eingedeckt.

Die Dienstleistungsgewerkschaft Verdi und der Gesamtbetriebsrat der Commerzbank hatten sich gegen die Übernahme-Avancen der Unicredit ausgesprochen und Berlin aufgefordert, keine weiteren Anteile abzugeben.

"Unfreundliche Attacken"
Angesichts des neuerlichen Vorstoßes der Unicredit zeigt sich der deutsche Bundeskanzler Olaf Scholz erbost. "Unfreundliche Attacken, feindliche Übernahmen sind nicht das, was für Banken eine gute Sache ist", sagte Scholz "Bloomberg" zufolge. Er kritisierte, "dass man gewissermaßen ohne jede Kooperation, ohne jede Rücksprache, ohne jede Rückkopplung versucht, sich mit unfreundlichen Methoden an Unternehmen aggressiv zu beteiligen".

Das offene Missfallen Berlins wiederum schürt Spannungen mit der italienischen Regierung. In Rom rege sich Unmut über den Widerstand Deutschlands gegen eine mögliche Übernahme der Commerzbank durch die Mailänder, berichtet "Bloomberg" weiter. Beamte der Regierung von Premierministerin Giorgia Meloni kritisieren demnach hinter vorgehaltener Hand, dass Berlin sich für mehr europäische Integration einsetze, sich dann jedoch gegen eine mögliche Übernahme der Commerzbank ausspreche.

"Wirklich pro-europäisch sein"
Rückendeckung für den Kurs der Unicredit gibt Italiens Außenminister Antonio Tajani in einem Interview mit dem Nachrichtensender "CNBC": "Italien wird oft gebeten, die Tür für Privatisierungen, für die Anwesenheit von Ausländern aufzumachen. Wir müssen wirklich pro-europäisch sein. Ich glaube an den Binnenmarkt." Die Unicredit habe daher gut daran getan, die Aktienkäufe zu tätigen. (ert)