Das Niedrigzinsumfeld belastet die kleinen und mittelgroßen Kreditinstitute in Deutschland weiterhin erheblich. Allerdings ist die Kapitalausstattung der Banken überwiegend gut, zumal sie verstärkt auf alternative Einnahmequellen zum Zinsgeschäft setzen. Das hat die aktuelle Umfrage der Deutschen Bundesbank und der Finanzaufsicht Bafin zur Ertragslage und Widerstandsfähigkeit von rund 1.500 kleinen und mittelgroßen deutschen Kreditinstituten im Niedrigzinsumfeld ergeben.

Im Rahmen dieser haben die beiden Institutionen auch eine Anfrage bei Bausparkassen gemacht. Das Ergebnis: Diese könnten bei weiter fallenden Zinsen größere Probleme bei ihrer Ertragslage bekommen.

Auf Grundlage ihrer eigenen Plan- und Prognosedaten gaben die Kreditinstitute im Sommer 2017 an, dass sie in fünf Jahren mit einem um neun Prozent gesunkenen Jahresüberschuss vor Steuern rechnen. Da die Banken gleichzeitig von einem Bilanzwachstum ausgehen, entspricht dies einem Rückgang ihrer Gesamtkapitalrentabilität um 16 Prozent. Bei der Umfrage im Jahr 2015 waren Banken und Sparkassen für die folgenden fünf Jahre noch von einem Rückgang um 25 Prozent ausgegangen. Die Gesamtkapitalrentabilität ist definiert als der Jahresüberschuss vor Steuern im Verhältnis zur Bilanzsumme.

Gut kapitalisiert
"Zwar planen die deutschen Kreditinstitute wieder etwas optimistischer, allerdings bedeutet dieses Ergebnis nur, dass sich die Ertragslage – ausgehend von einem niedrigeren Niveau – weniger schnell verschlechtert als noch vor zwei Jahren angenommen", sagt Andreas Dombret, für die Bankenaufsicht zuständiger Vorstand der Bundesbank. "Die durch niedrige Zinsen verursachte Durststrecke ist längst noch nicht überstanden", betont er.

Allerdings seien deutsche Institute überwiegend komfortabelkapitalisiert. "Die gute Kapitalausstattung der meisten Institute hilft dabei, die Effekte aus dem Niedrigzinsumfeld abzufedern", stellt Raimund Röseler, Bafin-Exekutivdirektor für Bankenaufsicht, fest. Zudem planen die meisten Institute, alternative Ertragsquellen auszubauen, um die schrumpfenden Margen im Zinsgeschäft zu kompensieren.

Dass sich die Banken nicht auf ihrem Kapitalpolster ausruhen, sondern auch aktiv Gegenmaßnahmen ergreifen, sieht Dombret positiv. "Angesichts schrumpfender Margen im Zinsgeschäft erschließen die Banken und Sparkassen zunehmend alternative Ertragsquellen. Insbesondere das Provisionsgeschäft wird künftig mehr zur Stabilisierung der Ergebnisse beitragen", so Dombret.

Verstärkter Wettbewerb auf dem deutschen Bankenmarkt
Im Rahmen der Umfrage machen die Banken auch Angaben zur Wettbewerbssituation auf dem deutschen Bankenmarkt. Sie rechnen weiterhin mit starker Konkurrenz durch andere Banken in ihrer Region und durch aufstrebende Fintechs. "Mehr als 70 Prozent der befragten Institute sieht sich aktuell einem höheren Wettbewerbsdruck ausgesetzt als noch vor zehn Jahren", sagte Dombret.

Vor diesem Hintergrund gab etwa jedes zehnte Institut an, sich schon in einem Fusionsprozess zu befinden oder einen Schulterschluss zu beabsichtigen. "Kosten wollen die Institute primär im Privatkundengeschäft senken, zum Beispiel durch die Schließung von Filialen. Aber auch Fusionen und Übernahmen werden zunehmend in Betracht gezogen und inzwischen weniger kritisch gesehen als noch in der Vergangenheit", so Dombret.

Stresstest bestanden
Um die Auswirkung einer Verschlechterung der wirtschaftlichen Rahmenbedingungen auf die Kapitalausstattung der Institute abzuschätzen, war abermals ein Stresstest Teil der Umfrage. Geprüft wurde die Widerstandsfähigkeit der Kreditinstitute unter verschiedenen Szenarien, welche Zinsänderungsrisiken, Kredit- und Marktpreisrisiken berücksichtigen.

Im Ergebnis verfügen kleine und mittelgroße Institute in Deutschland größtenteils über eine gute Widerstandsfähigkeit. "Auch nach Stress sind die Institute überwiegend stark kapitalisiert und können die aufsichtlichen Kapitalanforderungen weit übererfüllen", erläutert Röseler.  Am deutlichsten wirken sich im Stresstest die Bewertungseffekte eines abrupten Zinsanstiegs aus. Ein solcher belastet zudem das Zinsergebnis der Banken kurzfristig.

Bausparkassen in der Klemme
Parallel zur Umfrage unter den kleinen und mittelgroßen Banken wurde eine auf das Geschäftsmodell abgestimmte Erhebung unter den deutschen Bausparkassen durchgeführt. Die Zinssätze für Bauspardarlehen, die in älteren Verträgen festgelegt wurden, sind derzeit insgesamt weniger attraktiv für Kunden als die aktuellen Konditionen einer klassischen Wohnimmobilienfinanzierung.

Gleichzeitig sind die Zinssätze für Bausparguthaben, die in der Vergangenheit angespart wurden, vergleichsweise hoch. Daher nehmen Bausparer derzeit weniger Bauspardarlehen in Anspruch. Dennoch hat die Nachfrage nach Bausparverträgen, trotz niedriger Zinsen, nicht nachgelassen. Das aktuelle Niedrigzinsumfeld belastet zwar die Ertragskraft der Bausparkassen. Die Szenarioberechnungen zeigen aber, dass sich die Ertragslage bei anhaltend niedrigen oder steigenden Zinsen im Zeitablauf stabilisiert. Bei einem weiter fallenden Marktzinsniveau hingegen würde sich der Druck auf die Ertragslage weiter fortsetzen. (jb)