Die beiden Gründer und Inhaber der Fondsboutique Gané, Uwe Rathausky und J. Henrik Muhle, haben ihren Mischfonds, den Acatis Gané Value Event, schon durch einige Crashs gebracht. Zuletzt führte die Corona-Krise dazu, dass er im März 2020 vorübergehend über ein Viertel seines Wertes einbüßte. Inzwischen liegt der im Dezember 2008 aufgelegte, über vier Milliarden Euro schwere Fonds aber wieder deutlich im Plus. Wie das Berater-Duo das geschafft hat, erklärt Uwe Rathausky im Interview mit FONDS professionell ONLINE.


Herr Rathausky, Ihr Mischfonds, der Acatis Gané Value Event, hat im März 2020 während der Börseneinbrüche aufgrund der Corona-Krise zwischenzeitlich knapp 26 Prozent seines Wertes eingebüßt. Hatten Sie die Folgen des Virus und die Krise unterschätzt?

Uwe Rathausky: Das muss man so festhalten. Zumal uns selbst Virologen und das Robert-Koch-Institut lange Zeit eher beruhigende als beängstigende Informationen zur Verfügung stellten. Per Ende Februar waren wir mit einer Investitionsquote von 33 Prozent in Liquidität und geldmarktnahen Anleihen dennoch verhalten vorsichtig positioniert. Aber 67 Prozent Aktienquote, egal wie man sie zusammensetzt, war im Nachhinein betrachtet zu viel für den schnellsten und dramatischsten Absturz in der Börsengeschichte. In solchen Phasen gilt mal wieder: "If things go wrong, everything is correlated.” Sogar unsere "AAA"-Anleihen in norwegischen Kronen verloren stark an Wert, weil die Währung zwischenzeitlich um fast 30 Prozent gegenüber dem Euro abwertete. Deswegen konnten wir den Drawdown nicht so gut abfangen wie in den Jahren 2009, 2011, 2015 oder 2018. 

Bereits im April lag der Fonds aber wieder mit über elf Prozent im Plus, im Mai machte er noch einmal fast sechs Prozent gut. Sie und Ihr Kollege sind Value-Investoren. Mit welcher konkreten Strategie haben Sie es in diesem Fall geschafft?

Rathausky: Wir haben unsere Liquidität inmitten der Börsenpanik antizyklisch zum Arbeiten gebracht. Allerdings fiel der Charaktertest etwas stärker als gewöhnlich aus, weil wir zu einem Zeitpunkt die Aktienquote antizyklisch auf 84 Prozent erhöhten, als wir bereits selbst einen ungewöhnlich starken Drawdown zu verkraften hatten. Aber wir sind uns treu geblieben und es war die richtige Entscheidung. Denn die Welt wird Corona überstehen, mit noch mehr Schulden und niedrigsten Zinsen. Wer sein Kapital langfristig erhalten und vermehren möchte, der muss einfach eine gewisse Volatilität tolerieren und gleichzeitig auf die künftigen Gewinnerunternehmen setzen. Und diese konnten wir im März sehr günstig erwerben.

Wie ist das Portfolio heute aufgestellt?

Rathausky: Wir haben heute 79 Prozent Aktien, neun Prozent Anleihen und zwölf Prozent Liquidität. Hochgewichtet sind vor allem digitale Plattformunternehmen wie Amazon, Microsoft, Alphabet, Apple, SAP und Wix.com, denen die Corona-Krise nicht viel ausmacht. Im Gegenteil, die Krise beschleunigt den langfristigen Trend zur Digitalisierung. Daneben gab es zahlreiche Dividendentitel wie Allianz, Bayer, Munich Re oder Rio Tinto günstig zu erwerben. Sie sind von der Krise nur wenig betroffen und lieferten uns Ausschüttungsrenditen von bis zu zehn Prozent.

Sind Sie der Ansicht, dass Vermögenswerte nach der Krise anders zu streuen sind als davor? 

Rathausky: Grundsätzlich nicht. Es geht auch in und nach der Krise stets um die Frage, wo man risikoadjustiert die attraktivsten Renditen findet. Das bleibt gleich. Aber das Spielfeld hat sich doch deutlich verschoben. Aktien gewinnen, zinstragendende Papiere verlieren an Attraktivität. Gleichzeitig hat die Krise viele Verlierer und auch einige Gewinner produziert. Mobilitätslastige Branchen wie Luftfahrt, Tourismus und Automobilhersteller dürften langfristig leiden. Und wie in jeder Krise zeigen Banken und viele industrielle Unternehmen ihre mangelnde Widerstandsfähigkeit gegenüber konjunkturellen Einbrüchen. Digitale Plattformen und Unternehmen, die von höheren Gesundheitsausgaben profitieren, zählen dafür zu den Gewinnern. Remote Work, bargeldloses Bezahlen, Entertainment, gesünderes Leben, Storage und effektivere Lieferketten, das alles sind Themen, die dauerhaft an Relevanz gewinnen.

Wie verändern die Hilfsprogramme der Regierungen und der Notenbanken die Welt des Investierens?

Rathausky: Die Monetarisierung der Staatsfinanzen schreitet voran. Gleichzeitig schließen die Notenbanken die Spreads im Anleihensektor und ermöglichen eine fast unbegrenzte Schuldenaufnahme für alle möglichen Unternehmen, ob solide oder nicht. Allein die Bilanzsumme der Europäischen Zentralbank läuft bis Jahresende auf rund 40 Prozent des europäischen Bruttoinlandsprodukts zu. Das ist schon der Wahnsinn. Im März dachten wir noch, dass es zahlreiche Verwerfungen und Pleiten von sogenannten Zombie-Firmen geben wird, die einen Zinsdeckungsgrad kleiner eins aufweisen, also ihre Zinszahlungen für Kredite nicht mehr aus dem operativen Geschäft tätigen können. Aber eine Bereinigung ist unerwünscht. Und in einer Welt ohne Zinsen sind die Schuldenstände nicht mehr so gefährlich. 

Welche Entwicklung erwarten Sie für die nahe Zukunft?

Rathausky: Noch stecken wir in einer Kontraktionsphase der Wirtschaft, in einem deflationären Zustand. Aber ich rechne damit, dass wir schneller als gedacht in eine inflationäre Phase kommen werden. Und diese wird den meisten Unternehmen operativ schaden, obwohl ja die Mehrheit fälschlicherweise davon ausgeht, dass Inflation gut für Aktien sei. Doch nur die wenigsten Unternehmen können steigende Inputkosten auf den Konsumenten vollständig überwälzen. Da darf man sich dann von nominalen Umsatzanstiegen nicht täuschen lassen. Aber auch für dieses Szenario sind wir gerüstet. Unsere Unternehmen können ihre Stärken in deflationären und inflationären Phasen gut ausspielen.

Gibt es etwas Grundlegendes, das Sie aus der Krise gelernt haben?

Rathausky: Unter anderem, dass sich der Investmentansatz der Gané Aktiengesellschaft aus Value-Investing und Event-Orientierung auch in dieser Krise bewährt hat. Das ist doch ein schönes Signal für unsere bestehenden und zukünftigen Investoren.

Vielen Dank für das Gespräch. (am)