Die US-Fondsgesellschaft Vanguard stellt ihren digitalen Anlageservice für deutsche Privatanleger ein. Der Asset Manager hatte die Online-Plattform Vanguard Invest erst Anfang 2022 in Deutschland gestartet. Dabei konnten Retailanleger mit Vanguard-Fonds bestückte Portfolios kaufen. Die Gesellschaft vermied dabei stets den Begriff des Robo-Advisors. Zu Beginn des Jahres 2023 hatten Privatkunden zudem noch die Option erhalten, selbst Indexfonds und ETFs des Hauses auszuwählen und sich ins Depot zu legen.

"Wir investieren weiterhin in unser Angebot und haben im Zuge dessen unser deutsches Geschäft strategisch überprüft – mit dem Ziel, Anlegern in Deutschland den besten Zugang zu Vanguard-Produkten zu ermöglichen", begründete ein Unternehmenssprecher gegenüber FONDS professionell ONLINE den Schritt. "Gleichzeitig müssten wir noch die notwendige Größe erreichen, um den Vanguard-Invest-Service effizient zu betreiben", ergänzte der Sprecher. "Aus diesem Grund haben wir die schwierige Entscheidung getroffen, unsere Plattform Vanguard Invest zu schließen." Zudem hat Vanguard-Invest-Chef Jesper Wahrendorf das Haus verlassen.

30 Milliarden von einer Million deutscher Kunden
Der Indexfondspionier mit Sitz in Malvern im US-Bundesstaat Pennsylvania setzt auf geringe Kosten und ist mit dieser Strategie zu einem der größten Vermögensverwalter der Welt aufgestiegen. Die Angelsachsen waren 2017 in den deutschen Markt eingestiegen. Derzeit verwaltete das Haus eigenen Angaben zufolge 30 Milliarden US-Dollar für rund eine Million deutsche Anleger. Den Großteil der Kunden hierzulande hat die Gesellschaft über Vertriebspartner sowie Plattformen wie Direktbanken und Neobroker gewonnen.

"Wir setzen uns weiterhin dafür ein, Menschen in Deutschland beim Investieren zu unterstützen", betonte der Vanguard-Sprecher gegenüber FONDS professionell ONLINE. "Das deutsche Angebot von Vanguard über Vertriebspartner ist nach wie vor die erste Wahl für Anleger." Viele Anleger würden die ETFs des Hauses im Rahmen monatlicher Sparpläne nutzen. Wie viele Anleger den Dienst Vanguard Invest genutzt haben und wie hoch das verwaltete Vermögen ist, teilte das Haus nicht mit. Die Kunden des Online-Dienstes müssen ihre Fonds nun entweder verkaufen oder auf andere Depotbanken übertragen.

60 Prozent des ETF-Absatzes aus Deutschland
Deutschland sei ein wichtiger Absatzmarkt für Vanguard, betonte die Gesellschaft. "Wir sind hocherfreut über diese positive Entwicklung in Deutschland, wo ETF-Sparpläne für Anleger zu einem immer wichtigeren Instrument werden, um ihre langfristigen finanziellen Ziele zu erreichen", teilte das Haus mit. Rund 60 Prozent des Nettomittelaufkommens der Vanguard-ETFs in Europa würden derzeit dem hiesigen Geschäft entspringen.

Zudem werde die Gesellschaft auch künftig in das "Vanguard 360"-Beraterprogramm investieren, "um unsere Vertriebspartner zu unterstützen und Anlegern optimale Voraussetzungen für einen Anlageerfolg zu bieten". Bei dem Programm bietet das Haus seinen Vertriebspartnern Unterstützung bei Portfolio-, Vertriebs- und Marketingthemen wie auch bei regulatorischen oder betriebswirtschaftlichen Fragen.

Reißleine gezogen
Der damalige Vanguard-Invest-Chef Jesper Wahrendorf hatte nach dem Start des Dienstes im Interview mit FONDS professionell ONLINE angekündigt: "Wir sind gekommen, um zu bleiben." Dabei sei es egal, ob es drei, fünf oder zehn Jahre oder noch länger dauere, bis das Angebot angenommen werde. Augenscheinlich haben die Absatzzahlen aber die Erwartungen nicht erfüllt, sodass das US-Haus bereits früher die Reißleine zog. Vanguard hatte Anfang des Jahres schon seinen Financial-Planning-Service in Großbritannien eingestellt. Demnach hat das erst im April 2021 gestartete Angebot nicht genug Kunden gewinnen können. (ert)