Mit der geplanten Not-Verschmelzung von UBS und Credit Suisse entsteht ein neuer Bank-Gigant. Auch die Gewichte auf dem Asset-Management-Markt verschieben sich. So erobern die Schweizer in Europa mit fast 600 Milliarden Euro an verwaltetem Vermögen den zweiten Platz unter den Anbietern von Publikumsfonds. Sie setzen sich hinter den Branchenprimus Blackrock und verdrängen den französischen Riesen Amundi, zeigen Daten von Refinitiv Lipper.

Doch sowohl hinter der künftigen Marktposition als auch hinter der Struktur des gemeinsamen Fondssortiments stehen Fragezeichen. Denn die Fonds der Credit Suisse leiden unter erheblichen Mittelabzügen durch die Anleger. So flossen der Ratinggesellschaft Morningstar zufolge in den ersten drei Monaten gut 3,8 Milliarden aus den europäischen Publikumsfonds der Credit Suisse ab – Geldmarktfonds ausgenommen. Fast zwei Milliarden entfielen auf aktive Strategien, der Rest auf passive.

Sehr viele Überschneidungen
Der Frage nach Überschneidungen und Ergänzungen einer gemeinsamen Produktpalette gingen die Analysten der Ratinggesellschaft Scope nach. "Bereits vor der Zusammenlegung hatten beide Häuser ein breites Sortiment an aktiven und passiven Investments", stellen die Analysten Barbara Claus und André Härtel zunächst einmal fest. Künftig dürften nahezu alle gängigen Anlageklassen abgedeckt werden und Anlegern dadurch eine Vielzahl von Möglichkeiten zur Verfügung stehen. "Lediglich im Bereich alternativer Investments und bei Absolute-Return-Strategien ist das Angebot an Publikumsfonds eher dünn", schränken die Experten ein.

Diese Aufstellung dürfte im Zuge des Zusammenschlusses jedoch erhebliche Umbaumaßnahmen erfahren. "Durch die breiten Fondspaletten der beiden als Universalanbieter agierenden Häuser gibt es naturgemäß sehr viele Überschneidungen, da viele Regionen und Anlageklassen von beiden Häusern abgedeckt werden", halten die Scope-Analysen fest. Das Duo erwartet daher, "dass insgesamt großes Potenzial für Fondszusammenlegungen existiert".

Kandidaten für Fusionen
Welche Fonds verschmolzen oder liquidiert werden, hängt von unterschiedlichen Faktoren ab. Der Großteil der rund 470 untersuchten Fonds weist ein hohes Volumen auf. Bei den Schwergewichten dominiert klar die UBS: Neun der zehn größten Fonds stammen von dem Institut. Demgegenüber verwalten 140 Fonds weniger als 100 Millionen Euro. "Sie sind damit typische Kandidaten für Fusionen und Schließungen", meinen Claus und Härtel.


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Neben dem Volumen spielt auch die Performance eine Rolle. Jedes Haus wartet mit Stärken auf, die fortgeführt werden dürften. "Schwächere Produkte mit unterdurchschnittlichen Ratings finden sich bei der UBS insbesondere bei den Mischfonds, bei der Credit Suisse bei Schwellenländer-Unternehmensanleihen", erläutern die Analysten. Hier könnte das vereinte Haus von der Stärke des jeweils anderen Partners profitieren. "Im Bereich Wandelanleihen können beide Häuser mit guten Ratings punkten, doch wäre es aufgrund des Nischencharakters sinnvoll, Teams und Produkte zusammenzulegen", argumentieren die Rating-Experten.

Gerade erst begonnen
Daneben gibt es auch Felder, die nicht von beiden Häusern überlappend abgedeckt werden. "Dazu zählen etwa Themenfonds, Schwellenländeranleihen, Nachhaltigkeit und einige Spezialitäten", so das Duo. Die Kombination aus UBS und Credit Suisse erweitert also das Angebot für die Kunden des jeweils anderen Instituts. Doch bis Klarheit darüber herrscht, welche Fonds bestehen bleiben und welche verschmolzen werden oder verschwinden, dürfte ­einige Zeit verstreichen. Für den Gesamtkonzern rechnet der irischstämmige UBS-Präsident Colm Kelleher damit, dass die Integration der Banken "drei bis vier Jahre" dauert. (ert)