So schnell kann es gehen: Ein deutscher Anleger eröffnet ein Konto bei der Openbank, der Direktbank der Santander Group, und erhält eine spanische IBAN. Zu Spanien hat der Kunde zwar keinerlei Beziehung, doch als er plötzlich verstirbt, stellen sich dennoch wichtige Fragen: Gehen die 2.000 Euro, die auf dem Konto der Openbank liegen, nach deutschem oder nach spanischem Erbrecht auf seine Angehörigen über? Und in welchem Land haben die Erben die Summe zu versteuern?

"So schnell kann es zu einem sogenannten internationalen Sachverhalt kommen", mahnt Karl Felix Oppermann, Rechtsanwalt bei der Kanzlei Friederici & Partner Rechtsanwälte aus Hamburg. Der Jurist schilderte den Fall in seinem Vortrag über internationale Erbschaften beim 10. Finanzplaner Forum Rein-Ruhr, das Anfang März in Düsseldorf stattfand.

Von Erbrecht bis Kundenbindung
Auch die zehnte Auflage des Forums bot den zahlreichen Teilnehmern wieder sehr fundierte Informationen aus unterschiedlichen Fachgebieten, die Finanzplaner in ihrer täglichen Arbeit gut nutzen können. So reichte das Themenspektrum vom Erbrecht über die Digitalisierung in der Finanzplanung und Tipps für den Weg in die Selbstständigkeit bis hin zu aktuellen steuerlichen Änderungen. Märkte, die interessante Investmentchancen versprechen, etwa die Schwellenländer und Kanada, wurden ebenso beleuchtet wie eine sinnvolle Portfoliokonstruktion oder das Thema Kundenbindung.

"Auf die Schwierigkeiten, die eine ausländische IBAN auslösen kann, sollten Sie Ihre Kunden durchaus einmal aufmerksam machen", riet Anwalt Oppermann den Teilnehmern des Finanzplaner Forums. Gerade für eine sehr vermögende Klientel mit einem gewissen Bezug zum Ausland sei es wichtig, rechtzeitig zu regeln, nach welchem Recht ein späteres Nachlassverfahren erfolgen soll. Andernfalls greift seit August 2015 bei Bürgern eines Staats der Europäischen Union die Europäische Erbrechtsverordnung (EuErbVO) – und das Regelwerk macht die Sache nicht gerade einfach.

Die Sache mit dem Aufenthalt
"Nach der EuErbVO entscheidet der letzte gewöhnliche Aufenthalt eines Verstorbenen darüber, welches nationale Erbrecht anzuwenden ist", erläuterte Oppermann. Das Problem ist nur: Es ist gar nicht so leicht festzustellen, welches Land als letzter gewöhnlicher Aufenthalt eines Erblassers anzusehen ist. "Dies liegt daran, dass sich dieser Ort anhand verschiedener Kriterien bestimmt", so der Jurist. 

Dabei spielt keineswegs nur der gemeldete Wohnsitz eine Rolle. Entscheidend sind unter anderem die Staatsangehörigkeit, die Art und der Ort des Berufs eines Verstorbenen, seine familiäre Verwurzelung in einem Land, seine Sprachkenntnisse oder die Frage, wo sich sein bewegliches und unbewegliches Vermögen befindet.

Ganz schön verzwickt
Wie verzwickt es sein kann, anhand einer Prüfung aller Kriterien festzustellen, welches nationale Erbrecht tatsächlich anzuwenden ist, veranschaulichte Oppermann an verschiedenen Beispielen. "Nehmen wir an, ein Ingolstädter Ingenieur arbeitet sechs Wochen in Barcelona", sagte der Experte. "Verstirbt er dort in dieser Zeit, löst das noch keinen internationalen Sachverhalt aus, das deutsche Erbrecht ist anzuwenden", erklärte Oppermann.

Anders sieht es schon aus, wenn der Ingenieur sich beim Einwohnermeldeamt in Barcelona anmeldet, dauerhaft eine Firmenwohnung bewohnt und nur alle zwei Wochen seine Familie in Ingolstadt besucht. "Dann ist die Sache unklar, da sich die Frage nach der Verwurzelung des Verstorbenen stellt", so Oppermann. Ließe sich der Ingenieur nun scheiden, ginge mit einer neuen Partnerin in Barcelona eine Beziehung ein, spräche fließend Spanisch und würde nur noch zwei Mal pro Jahr nach Deutschland reisen, wäre der letzte gewöhnliche Aufenthalt Spanien. Deutsches Erbrecht wäre dann nicht mehr anzuwenden.

Es muss nicht immer deutsches Recht sein
Damit über die Frage nach dem gültigen Recht nicht die Vorgaben der EuErbVO entscheiden, sollten Finanzplanern ihren Kunden mit "Auslandsberührung", so der Fachbegriff, unbedingt ans Herz legen, ihre Wahl zu Lebzeiten zu treffen. Dabei sei je nach individueller Situation und persönlichen Wünschen immer zu prüfen, welche Erbrecht-Variante die größeren Vorteile bringt. "Das muss nicht immer das deutsche Recht sein", erklärte Oppermann. 

Neben der Rechtswahl sollte auch festgelegt werden, welcher Gerichtsstand für die Abwicklung des Erbes zuständig sein soll. "Geschieht dies nicht, dann muss vielleicht ein spanisches Gericht ein Erbe nach deutschem Recht abwickeln", gab Oppermann zu bedenken. Das wäre kaum sinnvoll. "Für die Festlegung des Gerichtsstands ist eine schriftliche Vereinbarung aller Parteien erforderlich", sagte der Experte. Das bedeutet, der spätere Erblasser und seine Erben müssen sich einigen und die Vereinbarung gemeinsam unterzeichnen. 

Ab einem Vermögen von einer Million Euro
"Ich würde Kunden mit einem Vermögen ab einer Million Euro und Auslandsbezug auf jeden Fall dazu raten, ihren Nachlass zu planen", erklärte Oppermann. Natürlich dürfen Financial Planner dies nicht selbst in Angriff nehmen, da es ihnen nicht erlaubt ist, wie Rechtsanwälte oder Steuerberater zu agieren. Aber sie können ihre Klientel auf die Dringlichkeit des Themas aufmerksam machen – damit es am Ende nicht eine IBAN ist, die über erbrechtliche Fragen entscheidet. (am)