Die neue Bundesregierung steht vor gewaltigen Herausforderungen. Eine davon ist die längst überfällige Rentenreform, an der zuletzt ein hochkarätig besetztes Beratergremium scheiterte. Im Sondierungspapier der wahrscheinlichen künftigen Ampel-Koalitionäre ist die Rede davon, dass in Zukunft ein Teil der Rentenbeiträge am Kapitalmarkt angelegt werden soll - eine Idee, für die sich in der Vergangenheit vor allem die FDP stark machte. Viele Anleger wünschen sich eine solche staatliche Aktienrente seit langem. Der Wirtschaftswissenschaftler Axel Börsch-Supan, der auch der Rentenkommission der scheidenden Bundesregierung angehört, hält von dieser Idee allerdings nicht viel – jedenfalls nicht zum jetzigen Zeitpunkt.

Ein Teilumstieg von der Umlagefinanzierung auf ein kapitalgedecktes Modell käme seiner Ansicht nach zur Unzeitz, sagt Börsch-Supan im Interview mit dem "Tagesspiegel". "Bei der Aktienrente bezahlt eine Generation ein, und dieselbe Generation bekommt ihr Geld auch wieder zurück, wohingegen beim Umlageverfahren die junge Generation die ältere finanziert", erklärt er. Die jüngere Generation müsste jetzt also doppelt zahlen: "Sie muss das Umlageverfahren für ihre Eltern und Großeltern finanzieren und zugleich für sich einen Kapitalstock aufbauen. Das ist teuer. So etwas macht man, wenn man viele junge und wenige ältere Leute hat. Wir sind aber in der umgekehrten Lage."

Rohrkrepierer Riester-Rente
Deutschland hätte, so wie Schweden, bereits in den 1990er Jahren eine Aktienrente starten sollen, kritisiert der Ökonom. "Stattdessen haben wir die Riester-Rente eingeführt, die kein großer Erfolg war." Nach Einschätzung von Börsch-Supan wäre es zum aktuellen Zeitpunkt günstiger, das Projekt "Aktienrente" auf Eis zu legen und erst in 20 Jahren zu realisieren. Auf sehr lange Sicht hält er es für einen Schritt in die richtige Richtung.

Der Wirtschaftswissenschaftler hat allerdings auch einige grundlegende Bedenken. Erstens könnte mit einem kapitalgedeckten Modell die gesetzliche Rente geschwächt werden, befürchtet er. Zweitens seien die Details noch völlig unklar, etwa die Frage, wer die monatlich eingezahlten Anlagebeträge verwaltet. Staatlichen Stellen traut Börsch-Supan in dieser Hinsicht nicht viel zu: "Der Staat ist kein guter Verwalter von Vermögenswerten." Drittens sei bislang nicht geklärt, wie das Geld angelegt werden soll und wer Zugriff darauf hat. (fp)