Das Interesse an nachhaltiger Geldanlage wächst. Entsprechend bringen auch die Anbieter passende Fonds auf den Markt. Dabei legen sie aber nicht nur neue Vehikel auf, sondern widmen zunehmend auch bestehende Portfolios um, berichtet die Fondsratinggesellschaft Morningstar. Demnach wurden im vergangenen Jahr mehr als 80 konventionelle Fonds auf nachhaltige Investment-Strategien umgestellt, was einen nicht zu vernachlässigenden Anteil an ESG-Produkten ausmacht.

Solche Umwandlungen wecken den Analysten zufolge aber Misstrauen: "Angesichts der hohen Zahl der Umwandlungen in einer relativ kurzen Zeit ist der Verdacht naheliegend, dass nicht jeder Fonds einen genuinen ESG-Ansatz verfolgt, oder, um es direkter zu formulieren: Es drängt sich der Verdacht auf, dass Greenwashing im Spiel ist", meint Morningstar-Deutschland Chefredakteur Ali Masarwah.

"Nicht in Bausch und Bogen verdammen"
Er betont aber auch: "Dennoch sollten umgewidmete Fonds nicht in Bausch und Bogen verdammt und aus Prinzip abgelehnt werden". Unter der Voraussetzung, dass Fondsanbieter rigorose und aufrichtige Anstrengungen unternehmen, umgewidmete Fonds auf ESG-Linie zu bringen, könne die Umwidmung bestehender Fonds eine gangbare Option für Anleger sein, so Masarwah. Beispielhaft haben sich die Morningstar-Analysten Fonds von drei Anbietern angeschaut. "Die Entfernung umstrittener Aktien aus konventionellen Portfolios scheint der wichtigste Schritt im Prozess der Umwidmung zu sein", hält Masarwah als allgemeines Ergebnis fest.

So war der BMO European Equity im Oktober 2019 in BMO Sustainable Opportunities European Equity umbenannt worden. BMO habe sich dabei für einen Fonds entschieden, der bereits nachhaltige Analyse-Kriterien angewendet hatte. Infolgedessen seien nur wenige Änderungen am Portfolio vorgenommen worden. Dabei wurden die Aktien der Billigfluglinie Ryanair sowie von Richemont aus dem Portfolio entfernt. Der letztgenannte Konzern ist Eigentümer von Cartier und Montblanc, die mit ESG-Problemen bei ihren Lieferketten rangen. Darüber gehört dem französischen Luxuskonzern der britische Waffenhersteller James Purley & Sons.

"Völlige Umgestaltung"
"Andere Fonds erfuhren jedoch eine völlige Umgestaltung", berichtet Masarwah weiter. So diente etwa der Fidelity Funds Core Euro Bond Fund nur als Hülle und wurde in den Fidelity Sustainable Strategic Bond umgewidmet. Das alte Vehikel diente dem Anbieter zufolge als bloße Verpackung für ein vollkommen neues Produkt. "In diesem Fall ging die Transformation mit einem Wechsel des Portfoliomanagers und der Entfernung einer Reihe von Energie- und Industrietiteln einher, darunter Airbus, BP und Royal Dutch Shell", berichtet der Morningstar-Experte weiter.

Bei der DWS wiederum seien 40 Prozent der nachhaltigen Fonds konventionellen Ursprungs, rechnet Masarwah vor. Dazu zählt der DWS ESG Investa, ursprünglich DWS Investa. "Auch hier wurden umstrittene Aktien, darunter ein nicht näher benanntes deutsches Pharmaunternehmen, entfernt", erläutert Masarwah. Der DWS Investa war bereits im Jahr 1956 aufgelegt worden und zähle damit nicht nur zu den größten, sondern auch zu den ältesten Fonds der Deutschen-Bank-Tochter.

"Höchst erklärungsbedürftig"
"Insofern hat die DWS nunmehr nicht nur einen Fonds mehr auf ihrer ESG-Liste, sondern mit dem DWS ESG Investa gleich drei Milliarden Euro mehr als ESG-Sondervermögen vorzuweisen", meint Masarwah. Die DWS habe unter anderem geltend gemacht, dass die Entscheidung für die Umwandlung dieser beiden Fonds vor allem durch regulatorische Anforderungen – Stichwort Mifid II – getrieben worden sei.

Dennoch gefällt dem Morningstar-Mann nicht alles am Umwidmungsprozess: So sei beim DWS ESG Investa aus Nachhaltigkeitssicht eine prominente Position "in höchstem Maße erklärungsbedürftig", schränkt Masarwah ein. Denn per Ende März 2020 nahmen Aktien des Zahlungsdienstleisters Wirecard zehn Prozent des Portfolios ein. "Ein Unternehmen mit erheblichen Governance-Problemen", formuliert es Masarwah diplomatisch. Aktuell äußere sich die DWS zu diesem Investment nicht.

Die Experten von Morningstar verweisen letztendlich darauf, dass "neben einer gründlichen Prüfung der einzelnen Fonds auch die Glaubwürdigkeit der Fondsanbieter eine wichtige Rolle spielt". Bei der Beurteilung, wie grün ein Fonds letztendlich ist, muss also das Gesamtpaket stimmig sein. (ert)