Gabriele Jordanski arbeitet seit 2001 am Bundesinstitut für Berufsbildung (BIBB) in Bonn, eine Anstalt öffentlichen Rechts, die zur beruflichen Aus- und Weiterbildung forscht. Jordanski half dabei, die Bankausbildung zu reformieren – bald tritt die neue Ausbildungsordnung in Kraft (FONDS professionell ONLINE berichtete). Die Bildungsexpertin weiß, wovon sie spricht: Vor ihrem Studium hat sie einst selbst eine Ausbildung zur Bankkauffrau absolviert.


Frau Jordanski, die neue Ausbildungsordnung sieht vor, dass ein Kundenberatungsgespräch mit Einsatz digitaler Medien Teil der mündlichen Abschlussprüfung wird. Außerdem soll die zukünftige Abschlussprüfung gestreckt werden. Was versteht man darunter?

Gabriele Jordanski: Es gibt keine Zwischenprüfung mehr. Stattdessen besteht die Abschlussprüfung aus zwei zeitlich voneinander getrennten Teilen, sie wird sozusagen gestreckt durchgeführt. Der erste Prüfungsteil ersetzt hierbei die bisherige Zwischenprüfung und findet im vierten Ausbildungshalbjahr statt. Hierbei wird der Inhalt der ersten 15 Ausbildungsmonate abschließend geprüft, und das Prüfungsergebnis fließt in die Abschlussnote ein. Der zweite Prüfungsteil wird am Ende der Ausbildung durchgeführt.

Woran liegt es, dass offensichtlich immer weniger junge Menschen eine Bankausbildung absolvieren? Und liegen Ihnen Zahlen vor, wie viele Azubis es aktuell in der Branche gibt?

Jordanski: Die Gründe im Einzelnen lassen sich nicht immer so genau nachvollziehen, aber generell kann man Folgendes dazu sagen: Durch den Strukturwandel sind weniger Erwerbstätige in der Bankenbranche beschäftigt, damit geht auch eine geringere Zahl an Auszubildenden einher. Außerdem führt der insgesamt zu beobachtende Akademisierungstrend auch in der Bankenbranche dazu, dass mehr junge Leute nach der allgemeinbildenden Schule sofort ein Studium beginnen, ohne zuvor eine Berufsausbildung zu absolvieren. Die reinen Absolventenzahlen sagen übrigens nicht unbedingt etwas über die Beliebtheit eines Berufs aus. Erhebungen des Deutschen Gewerkschaftsbundes zufolge gehört die Bankausbildung nach wie vor zu den beliebtesten Ausbildungsberufen, beispielsweise mit einer hohen Zufriedenheit der Azubis im Hinblick auf die Durchführung der Ausbildung durch die ausbildenden Betriebe. Zu den konkreten Zahlen: Man kann feststellen, dass der Abwärtstrend sich in den letzten Jahren nicht fortgesetzt hat, im Jahr 2018 ist die Zahl der Neuabschlüsse bei Ausbildungsverträgen sogar wieder etwas gestiegen. Die Zahl der Neuabschlüsse lag 2018 bei 8.262, bei 22.638 Auszubildenden insgesamt.

Das Image des Bankkaufmanns hat in den letzten Jahren durchaus gelitten. Können Sie jungen Menschen heute überhaupt noch raten, eine Bankaus­bildung zu absolvieren?

Jordanski: Ja, das kann ich. Umwälzungen in der Finanzbranche führten zwar zu einem Rückgang der Bewerberinnen und Bewerber, aber allem Stellenabbau zum Trotz werden in Zukunft weiterhin genügend Arbeitsplätze zur Verfügung stehen und auch dringend benötigt. Die Bankausbildung genießt in der Branche nach wie vor ein hohes Ansehen. Das gilt für alle drei Hauptbanksektoren. Dies kommt auch durch die neue Ausbildungsordnung zum Ausdruck, die bewusst so konzipiert wurde, dass sie weiterhin von hoher Qualität ist und auf alle Geschäftsbereiche vorbereitet. Gerade die generalistische Ausbildung bietet eine aussichtsreiche Startbasis mit sehr guten Entwicklungsmöglichkeiten in verschiedene Richtungen. Die Personalentwicklung hat traditionell einen sehr hohen Stellenwert in der Bankenbranche.

Woran machen Sie das fest?

Jordanski: Dies zeigt sich in einem weit entwickelten System von Weiterbildungsgängen, die den ausgebildeten Bankkaufleuten unterschiedliche Karrierewege in den Kreditinstituten ermöglichen. Nach erfolgreicher Abschlussprüfung stehen daher vielfältige Möglichkeiten der Weiterqualifizierung zur Verfügung, sowohl beruflicher als auch akademischer Art.

Die neue Ausbildungsordnung startet im August. Gibt es dabei Übergangsfristen, beispielsweise für Azubis, die jetzt im dritten Lehrjahr sind und bisher nach der alten Verordnung ausgebildet werden?

Jordanski: Die neue Verordnung tritt am 1. August 2020 in Kraft, gleichzeitig tritt die Verordnung über die Berufsausbildung zum Bankkaufmann und zur Bankkauffrau vom 30. Dezember 1997 außer Kraft. Das heißt, die im August 2020 beginnenden Ausbildungen laufen nach der neuen Verordnung, die bestehenden Ausbildungsverhältnisse werden noch nach der alten Verordnung zu Ende geführt.

Vielen Dank für das Gespräch. (mh)


Welche Neuerungen die am 1. August 2020 in Kraft tretende Ausbildungsordnung für angehende Bankkaufleute beinhaltet, hat FONDS professionell in Ausgabe 2/2020 ab Seite 404 analysiert. Angemeldete Nutzer können den Beitrag auch hier im E-Magazin abrufen.