Immer mehr Banken und Sparkassen verlangen bereits ab vergleichsweise geringen Beträgen ein sogenanntes "Verwahrentgelt". Allein im laufenden Jahr haben elf Kreditinstitute den Freibetrag, bis zu dem keine Negativzinsen fällig werden, auf 10.000 Euro gesenkt. Das zeigt eine Untersuchung von biallo.de, über die die "Süddeutsche Zeitung" (SZ) berichtet. Auch die Zahl der Banken, die ihre Kunden für Guthaben auf dem Tagesgeldkonto oder anderen Konten zur Kasse bitten, ist demnach deutlich gestiegen. Im laufenden Jahr haben mehr als 120 Institute erstmals Strafzinsen vereinnahmt. "Tatsächlich könnten es noch mehr sein, denn nicht jede Bank gibt bereitwillig über ihre Preispolitik Auskunft", sagt Sebastian Schick von biallo.de in der SZ.

Auch bei der Höhe der Strafzinsen gehen Geldhäuser immer offensiver vor. Bislang hatten sie sich meist am Einlagenzinssatz der Europäischen Zentralbank (EZB) in Höhe von 0,5 Prozent orientiert. Einzelne Institute nehmen bereits seit einer Weile 0,6 Prozent. Die Bank 1 Saar in Saarbrücken geht nun noch deutlich darüber hinaus: Sie verlangt satte 0,75 Prozent Strafzinsen. Seit Ende März müssen Unternehmens- und Privatkunden dort laut biallo.de für neu eröffnete Giro- und Tagesgeldkonten ein "Verwahrentgelt" in dieser Höhe zahlen, wenn das Guthaben die Summe von 10.000 Euro übersteigt. Davon ausgenommen ist lediglich das "Junge-Leute-Konto".

Die Sache mit der Freiwilligkeit
Insgesamt fordern derzeit rund 190 Kreditinstitute Negativzinsen von Privatkunden. Ende Juli 2019 waren es gerade einmal 30. Noch deutlich mehr Geldhäuser bitten Geschäftskunden zur Kasse: Der Auswertung des Verbraucherportals zufolge sind es 278 Institute, darunter viele kleine Volks- und Raiffeisenbanken sowie Sparkassen. Simultan dazu sinken die Freibeträge auf breiter Front, auch wenn die Zahlgrenze bislang nicht überall im fünfstelligen Bereich liegt. So verlangt etwa die Commerzbank ab 1. Oktober von Neukunden bereits ab 100.000 Euro ein "Verwahrentgelt", zuvor lag die Schwelle bei 250.000 Euro. Die Deutsche Bank hatte den Freibetrag bereits im Mai auf 100.000 Euro gesenkt. Per Ende September hatten laut biallo.de 70 Institute diese Schwelle definiert.

Eigentlich können Banken und Sparkassen ein "Verwahrentgelt" nur mit Zustimmung des Kunden erheben. Sie hebeln diese Regel allerdings bisweilen mit rabiaten Methoden aus: So drohte laut biallo.de die Sparkasse Freising zum Jahreswechsel einem Kunden mit Rauswurf, weil er eine Vereinbarung über Negativzinsen nicht unterschreiben wollte. Der Kunde wechselte schließlich von selbst die Bank. (fp)