Staatlich geförderte Produkte für die Altersvorsorge sollen transparenter werden. Daher sieht das Altersvorsorge-Verbesserungsgesetz (AltVerbG) für fast alle Instrumente der Rürup- und der Riester-Rente neue Produktinformationsblätter (PIB) vor. Ab dem 1. Januar 2017 müssen die Anbieter sie parat haben. Hinter den neuen Angaben, die in den PIB vorgesehen sind, hinter allen Zahlen und Kennziffern steht die Produktinformationsstelle Altersvorsorge (PIA) in Kaiserslautern. PIA-Geschäftsführerin Melissa Ruby erklärt im Interview mit FONDS professionell ONLINE, wie die neutrale Stelle arbeitet – und warum es ab Anfang 2017 bei Fondspolicen zwei Welten geben wird.

Frau Ruby, in knapp drei Monaten müssen staatlich geförderte Altersvorsorgeprodukte mit eigenen Produktinformationsblättern versehen sein. Dafür muss sicherlich noch einiges passieren, oder?

Melissa Ruby: Eigentlich nicht, die PIA liegt voll im Zeitplan. Unsere Aufgabe ist es, die Produkte der Basis- und der dritten Schicht in eine von fünf Chancen-Risiko-Klassen einzustufen. Dafür haben wir ein eigenes Klassifizierungsmodell entwickelt. Zudem müssen die Anbieter für jedes Instrument der Rürup- und der Riester-Rente eine Effektivkostenquote angeben. Die Berechnungsmethode hat ebenfalls die PIA entwickelt. Das steht alles. Wir sind nun dabei, die Produkte zu klassifizieren.

Wie machen Sie das?

Ruby: Damit für ein neues Produkt, zum Beispiel für eine Riester-Fondspolice, ein PIB erstellt werden kann, muss der Anbieter es zunächst zertifizieren lassen. Danach stellt der Versicherer bei uns einen Antrag. Wir ermitteln dann die Chancen-Risiko-Klasse, indem wir 10.000 Kapitalmarktszenarien simulieren. Für jedes dieser 10.000 Szenarien errechnen wir eine Ablaufleistung, und zwar bei Laufzeiten von zwölf, 20, 30 und 40 Jahren. Im nächsten Schritt wird aus den 40.000 Ablaufleistungen die Durchschnittsrendite gebildet. Dann nehmen wir 20 Prozent der schlechtesten Summen und errechnen auch hier die durchschnittliche Rendite. Diese beiden Kennzahlen werden gebündelt und bestimmen über die Einordnung des Produktes in eine von fünf Chancen-Risiko-Klassen.

Wer trägt die Kosten für die Einstufung?

Ruby: Die Anbieter der Instrumente. Bei einem neuen Produkt fallen je nach Komplexität zwischen 500 und 4.000 Euro an. Ist das Produkt auf dem Markt, muss es jährlich überprüft werden. Das kostet etwa 1.000 Euro.

Ihr Modell sieht fünf Chancen-Risiko-Klassen vor, Fondspolicen ohne staatliche Förderung werden künftig nach einer anderen Methode in sieben Risikostufen unterteilt. Das schreibt die EU-Verordnung über Packaged Retail and Insurance-based Products, kurz Priip vor.

Ruby: Richtig, unsere Klassifizierung hat absolut nichts mit dem Summary Risk Indicator zu tun, kurz auch SRI genannt. Dieser wird mit Inkrafttreten von Priip die Risikostufen von nicht geförderten Fondspolicen angeben. Nach SRI-Methode errechnet sich die Risikostufe einer Fondspolice völlig anders als mit unserem Modell. Sobald Priip in Kraft ist, entstehen damit für Fondspolicen parallele Welten, was die Risikobeurteilung angeht.

Kann es vorkommen, dass ein- und dieselbe Police in einer PIA-Chancen-Risikostufe landet, wenn sie staatlich gefördert ist, und eine SRI-Klasse bekommt, wenn sie nicht gefördert ist?

Ruby: Ja, durchaus. Eine Vergleichbarkeit der beiden Varianten ist dann nicht gegeben. Ich bin aber nicht sicher, ob das richtig wäre. Immerhin erzielen Anleger durch die staatlichen Begünstigungen mit dem Kapital, das in eine geförderte Police fließt, auch höhere Renditen.

Vielen Dank für das Gespräch. (am)


Einen ausführlichen Bericht über die Arbeit der PIA erscheint in der aktuellen Printausgabe 3/2016 von FONDS professionell, die den Abonnenten in diesen Tagen zugestellt wird. Angemeldete Mitglieder des FONDS professionell KLUBs können den Artikel auch hier im E-Magazin lesen.