Arbeitgeber und Berater suchen händeringend nach renditestarken Lösungen in der betrieblichen Altersversorgung (bAV). Im Blickpunkt stehen seit geraumer Zeit kapitalmarktorientierte Zusagen. Dabei spielt die reine Beitragszusage (rBZ), bislang nur in von Tarifpartnern organisierten Sozialpartnermodellen (SPM) erlaubt, eine zentrale Rolle. "Wir halten am Ziel fest, SPM für möglichst viele Unternehmen und Beschäftigte nutzbar zu machen", so Rolf Schmachtenberg, Staatssekretär im Bundesministerium für Arbeit und Soziales (BMAS).

Dies spiegelt sich auch im Referentenentwurf für das Betriebsrentenstärkungsgesetz II (BRSG II) von BMAS und BMF wider. Mehr SPM-Verbreitung (gemäß Paragraf 21 ff. BetrAVG) soll möglich sein, weil Arbeitgeber und -nehmer nun mit Zustimmung der ein SPM tragenden Tarifvertragsparteien den Beitritt zu diesem vereinbaren können, wenn entweder ein einschlägiger Tarifvertrag dies eröffnet oder – noch wichtiger – wenn die das SPM tragende Gewerkschaft nach ihrer Satzung für das Arbeitsverhältnis tarifzuständig ist. Die Pflicht der andockenden Sozialpartner zur Beteiligung an der Durchführung und Steuerung des SPM entfällt dann. Es kommt so auch zu einer SPM-Öffnung für nicht-tarifgebundene Firmen.

Weitere Enthaftung im Sozialpartnermodell
In der Praxis soll es laut BMAS im Betriebsrentenstärkungsgesetz II zahlreiche weitere Verbesserungen im Arbeits-, Steuer- und Finanzaufsichtsrecht geben. Eine Neuerung: Es gibt eine weitere Enthaftung im SPM. Im Gesetz wird fixiert, dass eine mangelhafte Beteiligung des Arbeitgebers nicht zur Unwirksamkeit der rBZ führt, sondern eine rBZ dennoch eine rBZ bleibt. Von solchen technischen Verbesserungen gibt es einige.

Beispiele: Die Einkommensgrenze für die Geringverdienerförderung (nach Paragraf 100 EStG), aktuell bei 2.575 Euro Bruttoeinkommen fixiert, wird künftig durch die Kopplung an die Beitragsbemessungsgrenze (BBG) der Rentenversicherung dynamisiert. Die monatliche Einkommensgrenze soll demnach bei drei Prozent der jährlichen BBG liegen. Damit wird verhindert, dass Beschäftigte wegen Lohn- und Gehaltszuwächsen aus der Förderung herausfallen. Das Prinzip: Gewährt der Arbeitgeber Angestellten mit einem maximal geförderten Monatsbrutto bis zu maximal 360 Euro jährlich für die bAV (bisher: maximal 288 Euro), kann er 30 Prozent der fälligen Lohnsteuer behalten.

Opting-out nur mit Betriebsvereinbarung und Betriebsrat
Ein Opting-out zur automatischen Einbindung jedes Mitarbeiters in die Betriebsrente mit Widerspruchsmöglichkeit (nach Paragraf 21 ff. BetrAVG) ist künftig nicht mehr nur durch Tarifverträge möglich, sondern auch auf Betriebsebene durch Betriebsvereinbarung, wenn sich Arbeitgeber mit mindestens 20 Prozent Zuschuss beteiligen statt dem gesetzlich vorgeschriebenen Mindestzuschuss von 15 Prozent bei Entgeltumwandlungen. Das gilt aber nicht für Firmen ohne Betriebsrat.

Bisher haben Arbeitnehmer nur bei Bezug einer vollen Altersrente Anspruch auf den vorzeitigen Bezug der Betriebsrente. Künftig soll dies auch möglich sein, wenn sie nur eine Teilrente aus der gesetzlichen Rente beziehen (Paragraf 6 BetrAVG). Das ist aber weiter regelmäßig mit Abschlägen gemäß der Versorgungsordnung verbunden.

Einkommensgrenzen für Geringverdienerförderung dynamisiert
Kleine Betriebsrenten können aus Verwaltungsgründen auch abgefunden werden. Nun sollen sich die Abfindungsgrenzen (gemäß Paragraf 3 BetrAVG) auf zwei Prozent der Beitragsbemessungsgrenze verdoppeln, wenn der Abfindungsbetrag mit Zustimmung des Arbeitnehmers in die gesetzliche Rentenversicherung fließt.

Weitere Einzelheiten aus dem Referentenentwurf listet zum Beispiel die Stuttgarter Lebensversicherung (externer Link) auf. Deren bAV-Chefin Henriette Meissner lässt sich in einer ersten Reaktion vom Online-Branchendienst "Pensions Industries" wie folgt zitieren: "Die verbesserte Geringverdienerförderung ist zu begrüßen. Beim Thema Opting-out hätte man für Kleinunternehmen mehr Mut zeigen können, denn dort sind Betriebsvereinbarungen nicht sehr verbreitet."

Quote zur Finanzierung von Infrastrukturprojekten
Die Arbeitsgemeinschaft für betriebliche Altersversorgung (Aba) verweist auf eine Neuerung, die erst in den letzten Wochen in den Entwurf aufgenommen worden ist. Demnach führt der neue Paragraf 3 Absatz 7 der Anlageverordnung eine Quote für Anlagen zur Finanzierung von Infrastrukturprojekten ein. Sie werden im Umfang von bis zu fünf Prozent des Sicherungsvermögens nicht auf die Quoten angerechnet, die den Absätzen 1 bis 6 nach weiter gelten. Zum Thema SPM verweist die Aba darauf, dass das BMAS nicht der sehr weitgehenden Forderung gefolgt ist, vom Tarifvorbehalt abzuweichen.

Das Maklerhaus WTW betont in einer Stellungnahme, dass es wenige Änderungen zugunsten der klassischen bAV gibt, einige deutliche Anpassungen für das SPM sowie eine Reihe von Änderungen für Einrichtungen der bAV. WTW hebt hervor, dass für die bAV vom Gesetzgeber weiterhin das Prinzip der Freiwilligkeit verfolgt wird, es kommt also kein Obligatorium.

Der große Wurf sei das BRSG II dennoch nicht, da viele Themen aus dem "Fachdialog Betriebsrente" nicht aufgegriffen wurden, etwa die Lockerung von Garantien außerhalb des SPM oder die Angleichung der SV-Förderhöhe an die steuerliche Förderung von Entgeltumwandlungen. Die Verbände haben bis zum 25. Juli Zeit, zu dem 46-seitigen Referentenentwurf Stellung zu nehmen, der sich hier findet (externer Link). Das Gesetz soll zum 1. Januar 2025 in Kraft treten. (dpo)