Nach wie vor nehmen wenig Menschen Finanzberatung in Anspruch. Doch es gibt auch einen Hoffnungsschimmer für die Zunft. Denn gerade besonders wohlhabende und junge Anleger wenden sich wieder häufiger an Profis. Das ergab eine Umfrage von Blackrock.

Der Fondsriese befragt regelmäßig Anleger rund um den Globus, welche Themen sie bewegen und wie sie zur Finanzberatung stehen. In Deutschland kamen 2.000 Sparer per Online-Fragebogen zu Wort. Deutschland-Retailvertriebschef Christian Machts berichtet im Interview mit FONDS professionell ONLINE über die Ergebnisse.


Herr Machts, Ihr Haus befragte weltweit im "Investor Pulse" Menschen zum Thema Geldanlage. Was sind die wichtigsten Erkenntnisse aus der Umfrage in Deutschland?

Christian Machts: Zwei gute und eine schlechte Nachricht stecken in den Ergebnissen. Die schlechte lautet, dass nicht substanziell mehr Menschen eine Beratung in Finanzfragen in Anspruch nehmen als vor zwei Jahren. Die erste positive Botschaft hingegen ist, dass immerhin fast ein Drittel der vermögenden Anleger fachliche Unterstützung sucht. Unter "vermögend" verstehen wir hier Menschen mit einem Guthaben von mehr als 100.000 Euro. Die zweite gute Nachricht lautet, dass bei jüngeren Menschen, also bei den 25- bis 34-Jährigen, die Nachfrage nach Finanzberatung gegenüber 2015 deutlich gestiegen ist.

Wieso entwickeln ausgerechnet die Jüngeren das Bedürfnis, sich persönlich beraten zu lassen?

Machts: In den vergangenen Jahren waren die Anleger sehr positiv und zufrieden. Sie blickten aus finanzieller Sicht optimistisch in die Zukunft. Doch die lang anhaltende Niedrigzinsphase weckt eine gewisse Nervosität und Unsicherheit. Zudem ist die Geldanlage ein sehr komplexes Thema. Umfassende Antworten lassen sich nicht durch eine einfache Google-Suche finden. Die steigende Nervosität gepaart mit einem hierzulande weiterhin eklatant niedrigen Wissensstand bei Finanzthemen bereitet den Weg zu einer Beratung.

Internet und Robo-Advice haben also gar nicht so einen hohen Stellenwert bei Finanzthemen?

Machts: Doch, viele Menschen nutzen durchaus Online-Inhalte, um sich über das Thema Geldanlage zu informieren. Doch nur wenige handeln danach. Sie gehen mit den Erkenntnissen aus ihrer Internet-Lektüre zu einem Finanzfachmann und lassen sich dort beraten. Der Ruf des Finanzberaters erlebt nach den Krisenjahren eine gewisse Renaissance. Die Kunden schätzen bei Geldangelegenheiten durchaus ein persönliches Vertrauensverhältnis. Gerade wenn Berater die Risiken eines Investments und die anfallenden Gebühren deutlich erklärten, äußerten sich die Kunden besonders zufrieden, ergab unser "Investor Pulse".

Aber wie erreichen unabhängige Berater ihre Zielgruppe?

Machts: Als Berater oder Vermögensverwalter erscheint es dringend notwendig, nicht nur am Schreibtisch in einer Filiale oder einem Büro zu sitzen, sondern auch eine attraktive Online-Präsenz aufbauen. Mit einer Kombination aus traditioneller, stationärer Beratung und einem attraktiven Internet-Auftritt können Berater die Kundengruppen motivieren, die am ehesten für eine persönliche Beratung offen sind: die Jüngeren und die Vermögenden. Genau diese Gruppen informieren sich auch am häufigsten online über Finanzthemen. Hier sehe ich übrigens eine weitere gute Nachricht aus unserer Umfrage: Die Menschen beschäftigen sich mit Finanzfragen. Das ist natürlich lange nicht so eine emotionale Entscheidung wie ein Autokauf, sondern eher eine nüchterne Pflichtübung. Aber Anleger informieren sich wieder mehr über ihre Möglichkeiten.

Vielen Dank für das Gespräch. (ert)