Banken und Fondsanbieter werden im Zuge der Digitalisierung enger an ihre Kunden heranrücken und ihnen verschiedene Zugangswege bieten müssen. "Im Wettbewerb wird es zunehmend ein Unterscheidungsmerkmal, welche Wege Kunden zur Bank einschlagen können. Schnell und einfach lautet hier die zentrale Anforderung", sagt Christian Leurs von der Unternehmensberatung Eurogroup Consulting im Interview mit FONDS professionell. "Der Kunde muss im Zentrum stehen und über verschiedene Kanäle Zugriff auf alle Produkte und Services erlangen können."

Die Banken hätten allerdings in den letzten Jahren bei den Privatkunden einen enormen Vertrauensverlust erlitten. "Darunter leidet die gesamte Branche. Das verlorene Vertrauen müssen die Institute schrittweise zurückgewinnen", meint der gelernte Bankkaufmann und Wirtschaftsjurist. "Dazu müssen sie ihr Fachwissen und die Kompetenz, dem Anleger das für ihn in seiner Situation passende Produkt zu empfehlen, unter Beweis stellen."

"Berater muss Mehrwert bieten"
Viele Kunden seien zudem heute sehr viel besser informiert als früher, insbesondere im Private Banking. Im Zuge der Digitalisierung würden sich Privatanleger über das Internet oftmals vor einem Beratungsgespräch schon das Produktangebot im Markt sondieren. "Da muss der Berater einen Mehrwert bieten: Entweder muss er auf der Höhe sein oder den Kunden ein noch besseres Angebot unterbreiten", so der Unternehmensberater. Eurogroup Consulting berät unter anderem Finanzdienstleister bei der Digitalisierung. Ein Schwerpunkt liegt darauf, wie Geldhäuser und Produktanbieter ihre Mitarbeiter beim Sprung in die Online-Welt einbinden.

Als solider Baustein in der Digitalisierung wird sich nach Meinung des Unternehmensberaters der automatisierte Portfolioaufbau entpuppen. "Robo-Advice ist hervorragend. Warum sollten Sparer nicht darüber Anlageprodukte kaufen?", sagt Leurs. "Natürlich liegt dieses Thema gerade im Trend und es ist kein Allheilmittel. Die Fintechs müssen erst beweisen, dass sie auf Dauer Geld verdienen können", schränkt Leurs ein. "Letztlich wird die Qualität und Individualität der Robo-Beratung darüber entscheiden, ob das nur eine Modeerscheinung oder von Dauer ist. Die Chancen stehen aber gut."

"Das kann keine Maschine"
Die digitale Beratung stelle Banken allerdings vor ein Problem. "Die Online-Affinität ist dort, wo Robo-Advice die größten Vorteile brächte, nicht so ausgeprägt, nämlich bei den weniger vermögenden Kunden. Ausgerechnet die Premiumkunden sind für solche Angebote offener", erläutert Leurs. Gerade im Top-Segment würde sich aber die klassische persönliche Beratung lohnen, da sich höhere Provisionen erzielen lassen. "Hier entsteht also ein gewisser Kannibalisierungseffekt", stellt Leurs fest. Eine Lösung des Dilemmas sieht der Consultant nicht. "Sie können die Premiumkunden nicht vom Robo-Advice wegberaten." Immerhin würde ein Kunde, der das hauseigene Robo-Angebot nutzt, nicht zu einer Direktbank abwandern.

"Echte Beratung wird aber auch in Zukunft nicht komplett ersetzt werden", fügt Leurs hinzu. Neben einer kompetenten Beratung gehören dem Consultant zufolge auch der zwischenmenschliche Kontakt und die Begleitung der Kunden zu den Aufgaben eines Bankmitarbeiters. "Das bedeutet manchmal auch, dem Bauchgefühl zu folgen und von einem Geschäft abzuraten", meint Leurs. "Das kann keine Maschine." (ert)


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