Nachhaltigkeitskriterien sind aus der Geldanlage inzwischen kaum mehr wegzudenken. In Europa wird bereits fast jeder zweite Euro nachhaltig investiert, im ETF-Segmentist es jeder dritte, berichtet der belgische Fondsanbieter Degroof Petercam (DPAM). Das kommt nicht nur der Umwelt, sondern auch der Rendite zugute: Wer ESG-Kriterien beim Investieren berücksichtigt, minimiert Studien zufolge sein Verlustrisiko. Anleger sollten allerdings aufpassen, warnt DPAM-Fondsmanager Tom Demaecker – denn der Nachhaltigkeitsboom hat einen Haken.

Wegen des wachsenden Interesses an nachhaltigen Investments steigen die Bewertungen von Aktien mit Top-ESG-Noten. Investoren sollten hinterfragen, ob die Preis-Explosionen fundamental gerechtfertigt sind oder nur ein Ergebnis der hohen Mittelzuflüsse, mahnt der Anlageprofi. "Wenn alle den gleichen ESG-Ansatz fahren und im Wesentlichen die gleichen Indikatoren nutzen, um ESG-Risiken und -Chancen einzuschätzen, steigt automatisch das Interesse an denjenigen Aktien, die die besten ESG-Bewertungen erhalten", erklärt er. Das führt zu einem sich selbst verstärkenden Nachfragetrend.

Kleine fallen durchs Raster
Der DPAM-Experte sieht noch ein weiteres Problem: Nachhaltigkeitsratings basieren in weiten Teilen auf den ESG-Berichten von Unternehmen. Das führt dazu, dass Gesellschaften, die besonders viele Daten offenlegen, bei den Ratingagenturen sehr gut angesehen sind und am besten abschneiden. Dabei gilt: Große Gesellschaften liefern meist mehr Daten als kleinere Firmen. So fallen mittelständische, aufstrebende Unternehmen bei ESG-Anlegern oft durchs Raster, obwohl sie womöglich spannende Investmentkandidaten wären, kritisiert Demaecker. Er rät Investoren, sich nicht allein auf die ESG-Daten der großen Anbieter zu verlassen, sondern zusätzlich auch eigene Analysen vorzunehmen. (fp)