Die spanische Banco Bilbao Vizcaya Argentaria (BBVA) gab am Mittwoch (19.6.) bekannt, dass sie in Deutschland eine digitale Bank eröffnen will, die niederländische ING Groep will ihre Präsenz ebenfalls ausbauen, und Banco Santander kündigte letzte Woche eine Partnerschaft mit Apple an, um ihr deutsches Privatkundengeschäft auszubauen. Auch JP Morgan Chase plant, in Deutschland digitale Bankdienstleistungen für Privatkunden anzubieten.

Für Banken ist Wachstum in Deutschland eine Chance, auf dem bevölkerungsreichsten Markt Europas neue Einnahmequellen zu erschließen. Das gilt vor allem dann, wenn die Expansion überwiegend digitale Dienstleistungen umfasst. Das macht die Expansion vergleichsweise günstig, da weniger Personal und Infrastruktur benötigt werden.

"Größter Retail-Ertragspool in Europa"
Deutschland sei eine "starke Wirtschaft und attraktiv in Bezug auf die Bevölkerungszahl", sagte Peio Belausteguigoitia, Chef der BBVA Spanien, als er die digitalen Pläne des Kreditinstituts für das Land bekanntgab, die einen früheren "Bloomberg"-Bericht bestätigten. Pinar Abay, Leiterin des Privatkundengeschäfts der ING, äußerte sich am Montag (17.6.) ähnlich und bezeichnete Deutschland als "den größten Retail-Ertragspool in Europa".

Es ist ein enormer Wandel in der Wahrnehmung eines Marktes, der mehr als 1.000 Banken beherbergt und in Bezug auf Profitabilität und Effizienz lange Zeit weit hinter dem Rest der Europäischen Union lag. Der intensive Wettbewerb hat in der Vergangenheit bei den Verbrauchern die Einstellung gefördert, dass sie für Bankdienstleistungen nicht viel bezahlen müssen.

Deutschland ist "immer noch überversorgt mit Banken, und das führt zu einer eigenartigen Preisgestaltung", sagte Peter Barkow, Gründer von Barkow Consulting, im Interview. "Viele Deutsche haben noch nie von diesen Marken gehört, nicht einmal von Chase", der Privatkundenmarke von JP Morgan. Neueinsteiger in Deutschland "müssen viel Geld für Marketing ausgeben", um Kunden zu gewinnen, sagte Barkow. "Die Deutschen lassen sich häufiger scheiden, als sie ihr Konto wechseln." (mb/Bloomberg)