Der Branchenverband BVI fordert in einer Stellungnahme, dass Anteilscheine auch über die Blockchain ausgestellt werden dürfen. In Ländern wie Großbritannien, Luxemburg oder Frankreich gebe es bereits erfolgreiche Testläufe zur Ausgabe und dem Handel von Fondsanteilen über die sogenannte Distributed-Ledger-Technologie (DLT). Diese bildet die Basis für Kryptowährungen wie den Bitcoin. Die deutschen Fondslobbyisten sehen die Gefahr, bei der technischen Entwicklung abgehängt zu werden, sollte die Blockhain hierzulande nicht zugelassen werden.

Darüber hinaus plädiert der Branchenverband dafür, dass Fonds auch Kryptowährungen selbst als Anlageobjekt nutzen dürfen. "Das Investment in 'echten' Kryptowährungen wie Bitcoin muss Fonds gestattet sein", heißt es in der Antwort des BVI auf eine Online-Konsultation des Finanz- und des Wirtschaftsministeriums. Regulierte Asset Manager seien in dieser Hinsicht zwar bisher zurückhaltend. Private, aber auch institutionelle Investoren würden sich bei verbesserten Rahmenbedingungen jedoch vermehrt auf digitale Währungen einlassen, ist man gewiss.

Wettbewerbsnachteil für deutsche Anbieter
Der Verband verweist zudem auf die Notwendigkeit einer einheitlichen europäischen Auslegung, welche Finanzinstrumente über die Blockchain ausgegeben und gehandelt werden dürfen. "Andernfalls besteht die Gefahr eines Wettbewerbsnachteils deutscher Emittenten gegenüber ausländischen Anbietern, die von einer Regulierungsarbitrage profitieren", heißt es in der Stellungnahme. Die Bundesregierung arbeitet an einer Blockchain-Strategie und fragt im Zuge dessen die Positionen der Marktteilnehmer ab.

Der BVI hatte bereits Anfang Januar in einem Positionspapier zur Digitalisierung angemerkt, dass die Asset-Management-Industrie durch Technologien wie Blockchain, Big Data, künstliche Intelligenz oder Cloud Computing einen Umbruch erfahren werde. "Dem Einsatz dieser neuen Technologien stehen noch einige Hürden regulatorischer und praktischer Natur entgegen", so der BVI. Um die Technologien anwendbar zu machen, müssten Fragen zur rechtlichen Stellung und zur digitalen Sicherheit geklärt werden.

Erhebliche Einsparungen
Die Einführung elektronischer Fondsanteilscheine könnte den Handel und den Vertrieb deutlich beschleunigen – und gewachsene Strukturen umkrempeln. Der IT-Anbieter Calastone etwa rechnet mit Kosteneinsparungen im Fondsvertrieb von 1,9 Milliarden britischen Pfund (2,22 Mrd. Euro) pro Jahr. "Allein durch die Verkürzung von Settlement-Zeiten von zwei Tagen auf maximal zwei Stunden sind signifikante Kosteneinsparungen durch frei werdendes Kapital zu vermuten", erläutert Borris Orlikowski, Geschäftsführer der Technologie-Beratungsfirma Distributed Ledger Consulting aus Hamburg.

Neben der eingangs erwähnten läuft noch eine weitere Konsultation, diesmal vom Finanz- und Justizministerium, zur regulatorischen Behandlung elektronischer Wertpapiere und Krypto-Token. Die Ministerien hatten hierzu ein Eckpunkte-Papier veröffentlicht, in dem Diskussionspunkte angerissen werden. Ein wichtiger Punkt ist dabei, welche Rolle Verwahrstellen im Bereich der digitalen Wertpapiere spielen sollen.

Werden Verwahrstellen überflüssig?
So ist durchaus denkbar, dass elektronische Wertpapierregister von den Emittenten selbst und nicht von Verwahrstellen geführt werden. Dies hat bei der Blockchain einen bestimmten Hintergrund: "Je mehr Teilnehmer an einem System mitmachen und Kopien der Daten haben, desto sicherer wird es", erläutert Orlikowski. Bei der Blockchain gibt es kein zentrales Register, sondern Kopien lagern weltweit auf Rechnern. Betrüger müssten also die Mehrheit dieser Kopien knacken, um eine falsche Version der Blockchain-Eintragungen in Umlauf zu bringen.

Dies wirft die Frage auf, ob es überhaupt noch staatlich beaufsichtigte Verwahrstellen von Wertpapieren braucht. "Wir wären an dieser Stelle der Auffassung, dass es ein Oligopol an staatlich beaufsichtigten Akteuren geben sollte, die beispielsweise die Qualität der Programmcodes sichern können", sagt Orlikowski. "Denn mit allen Vorteilen der Blockchain-Technologie geht auch einher, dass der Code das 'Gesetz' ist. Wenn der Code falsch ist oder vom emittierenden Haus geschrieben wird, könnten sich große Probleme ergeben." Trotz aller Fragen und Hürden hält Orlikowski aber fest: "Wir glauben ebenso wie der BVI fest daran, dass in der DLT die Zukunft des Finanzmarktes liegt." Zunehmend würden  auch Finanzintermediäre sich mit dem Thema auseinandersetzen – vom Vermögensverwalter bis hin zu größeren Depotbanken. (ert)