Die Geldanlage nach ökologischen, ethischen und sozialen Kriterien gewinnt an Fahrt. Das schlägt sich auch in dem Boom-Segment der börsengehandelten Indexfonds (ETFs) nieder. So floss bei der die Schweizer Großbank UBS in diesem Geschäftsbereich im vergangenen Jahr unter dem Strich der überwiegende Teil des Neugeldes in ESG-Indexfolger. Dag Rodewald, Leiter des ETF-Geschäfts in Deutschland und Österreich, berichtet im Interview mit FONDS professionell, wie das Segment immer mehr Bedeutung gewann und welcher Faktor das Wachstum beschleunigte.


Herr Rodewald, welches Thema bestimmt derzeit das Geschäft mit börsengehandelten Indexfonds?

Dag Rodewald: An dem Thema Nachhaltigkeit kommt niemand vorbei. Die UBS verwaltet ein Vermögen von rund 100 Milliarden US-Dollar in ETFs. Gut 40 Milliarden Dollar davon entfallen schon auf nachhaltige Produkte. Und das Wachstum schreitet schnell voran. Im abgelaufenen Jahr floss bei uns unter dem Strich ein Großteil des Neugeldes in ETFs, die ökologische, soziale und ethische Aspekte berücksichtigen.

Handelt es sich bei der nachhaltigen Geldanlage um einen Hype?

Rodewald: Die Frage kam bei uns im Hause früher auch auf: Handelt es sich um ein kurzfristiges Thema, das bald wieder verschwindet, oder um eine dauerhafte Umwälzung? Mittlerweile bin ich mir aber sicher, dass sich das Thema zu einer dauerhaften Entwicklung verfestigt hat. Mit der Offenlegungsverordnung und der Taxonomie setzte die Politik zudem Leitlinien, welche die Nachhaltigkeit in der Finanzwelt verankern. Aber bereits zuvor verzeichneten wir unter unseren Kunden ein wachsendes Interesse an ESG-Vehikeln. Zum Glück haben wir bereits sehr früh die ersten entsprechenden Produkte aufgelegt.

Viele Asset Manager behaupten derzeit, schon früh auf den ESG-Zug aufgesprungen zu sein.

Rodewald: Tatsächlich haben wir bereits 2011 die ersten SRI-ETFs lanciert und unser Angebot immer weiter ausgebaut. Der Abgasskandal rund um einige Autohersteller bescherte ab 2015 nachhaltigen Geldanlagen aber eine besondere Dynamik. Immer mehr unserer Kunden fragen seither gezielt nach ESG-Investments. Deutschland und Österreich entwickelten sich dabei zum Vorreiter. Mittlerweile ist aber auch in anderen europäischen Ländern zu sehen, dass Nachhaltigkeit zum beherrschenden Motiv in der Finanzwelt avancierte.

War das Diesel-Drama bei Volkswagen, Daimler und Co. so etwas wie der Erweckungsmoment für die nachhaltige Geldanlage?

Rodewald: Die Affäre markiert durchaus einen Wendepunkt. Einige Investoren erkannten offenbar die Vorteile, welche die Beachtung von ökologischen, sozialen und ethischen Aspekten für die Risiken eines Portfolios mit sich bringt.

Welche nachhaltigen Indexstrategien legte Ihr Haus auf?

Rodewald: Wir fingen mit breiten, weltweiten oder die Kernmärkte abbildenden Barometern an. Dann erweiterten wir das Sortiment um Regionen- und Länder-ETFs. Anleihen, Unternehmens- und Staatsanleihen kamen später hinzu. So wurde unsere Palette immer granularer. Meist greifen wir auf die Indizes der MSCI-Familie zurück. Die Gesellschaft betreibt zudem ein umfassendes Nachhaltigkeits-Research. Zudem entschieden wir uns bei der Index-Abbildung für die physische Replikation. Zudem verzichten wir bei nachhaltigen ETFs auf die Wertpapierleihe.

Warum?

Rodewald: Unsere ESG-ETFs kaufen nur die Titel des Index. Nur so können wir sicherstellen, dass in den Portfolios ausschließlich Wertpapiere enthalten sind, die den gewünschten ESG-Kriterien entsprechen. Für die Sicherheiten, die bei einer Indexabbildung über Derivate oder bei einer Wertpapierleihe ins Portfolio kommen, lässt sich das hingegen nicht garantieren – oder nur mit erheblichem Aufwand.

Bemerken Sie mit Blick auf die mögliche Zinswende einen Favoritenwechsel der Investoren?

Rodewald: Auf der Anleiheseite werden aufgrund der sich abzeichnenden Zinserhöhungen zunehmend Strategien mit kürzerer Duration nachgefragt. Auf der Aktienseite ist das Interesse an Faktor-Lösungen gestiegen.. Einmal sind Value-Ansätze gefragt, angesichts des unsicheren Marktumfelds wählen Anleger aber auch Strategien wie Minimum Volatility.

Vielen Dank für das Gespräch. (ert)