Eine Fonds-Vermögensverwaltung (Fonds-VV) erfreut sich großer Beliebtheit. Eine Besonderheit ist das Modell nach dem White-Label-Prinzip. Dieses ermöglicht es Finanzanlagenvermittlern, eigene Strategien zu vermarkten. Dirk Fischer, Geschäftsführer von Patriarch Multi-Manager, erläutert im Interview mit FONDS professionell ONLINE, welche Punkte ihm dabei Sorgen bereiten.   


Herr Fischer, das Modell der Fondsvermögensverwaltung scheint an Auftrieb zu gewinnen. Was sind die Ursachen? 

Dirk Fischer: Angesichts der wachsenden Hemmnisse durch Haftung und Dokumentationsaufwand sehen sich viele Vermittler in ihrem Fondsgeschäftsmodell bedrängt. Viele geben das Fondspicking ganz auf. Die Vermittlung einer Fonds-Vermögensverwaltung stellt im Grunde eine hervorragende Lösung dar. Dieses Feld gewinnt an Fahrt. Diese Entwicklung ist auch nicht neu. Die stetig steigende Tendenz beobachten wir bereits seit 2012.

Sie sagten, die Fonds-VV sei im Grunde eine hervorragende Lösung. Gibt es eine Ausnahme?

Fischer: Mit Sorge beobachte ich das Aufkommen von Modellen, bei denen der Vermittler sich den Status des haftenden Vermögensverwalters bei einem entsprechenden Anbieter "quasi ausleiht". Der Vermögensverwalter agiert hier indirekt nur "als Strohmann". Der Vermittler bestimmt häufig die Anlagestrategie aus dem Anlageausschuss heraus.

Was bereitet Ihnen da konkret Sorgen?

Fischer: Viele übersehen dabei die Haftungsrisiken, die in solchen Modellen lauern. So sollte im Beratungsgespräch derjenige, der die Fondsvermögensverwaltung vermittelt, keinesfalls bei seinen Kunden damit werben, dass er auch die Anlagestrategie maßgeblich mitbestimmt beziehungsweise auf deren Aufbau Einfluss hat. Denn diese Aufgabe obliegt rechtlich ausschließlich dem Vermögensverwalter. Juristen mahnen hier bereits zu größter Vorsicht!

Wie sieht die Vergütungsstruktur bei solchen Modellen aus?

Fischer: Eigentlich ist die Sache klar. Der Kunde bezahlt den Vermögensverwalter für seine Dienste. Dieser wiederum reicht Vertriebsvergütungen oder ähnliche Zahlungen an den Vermittler der Strategie weiter. Hoch problematisch sind nun aber meines Erachtens Modelle, bei denen auf der Zielfondsebene entstehende Kick-backs durch den Vermittler des Produktes vereinnahmt werden. In einer Vermögensverwaltung müssen Kick-backs aus meiner Sicht an Anleger durchgeleitet werden. In der Branche kursiert jedoch mitunter die Auffassung, dass es zulässig sei, wenn die Depotbank – mit welcher Legitimation auch immer – Kick-backs der Zielfonds am Vermögensverwalter vorbei direkt an den Vermittler leitet. Das widerspricht meines Erachtens dem Geist von Mifid II und der klaren Vorgabe des Gesetzgebers.


Alle Argumente, die für und wider eine "eigene" Fonds-Vermögensverwaltung sprechen, lesen Sie in der neuen Heftausgabe 3/2019 von FONDS professionell ab Seite 300. Angemeldete KLUB-Mitglieder finden den Artikel auch hier im E-Magazin.


Welche Fragen werden noch aufgeworfen?

Fischer: Aus Kundensicht stellt sich stets die ganz banale Frage, wie solvent die als haftender Vermögensverwalter agierende Partei tatsächlich ist. Denn schließlich ist der haftende Vermögensverwalter in einem Streitfall der entscheidende Gegenpart zur Kundenseite. Hier habe ich wenig Zweifel an der Bonität im Haftungsfall, wenn diesen Part eine Bank übernimmt. Bei den rund 700 lizensierten Vermögensverwaltern in Deutschland mit Erlaubnis nach Paragraph 32 KWG, die nun immer stärker das genannte Geschäftsmodell für sich entdecken, wage ich deren Bonität aber nicht annähernd einzuschätzen. Das ist für Berater und Endkunden aber ein ganz entscheidender Punkt, der viel zu wenig beachtet wird.

Sie halten sich also von solchen Geschäftsmodellen fern?

Fischer: Ja, definitiv. Ich weiß, dass ich mit meinem hohen Qualitätsanspruch natürlich Geschäft verpasse. Ich begebe mich aber zumindest für meine Kunden nicht auf vermeintlich dünnes Eis. Mir geht es um die Seriosität des Angebots. Ich möchte nicht, dass der generell gute Ruf der Fondsvermögensverwaltung im Markt durch potentielle Einzelprobleme verbrannt wird. Schließlich haben wir nicht ohne Grund mit gut 17 Jahren Historie derzeit in diesem Segment den längsten Track-Rekord im freien Markt.

Manche sehen dieses Modell als ideal, da Finanzvermittler ihr Fondsgeschäft fortführen und gegenüber ihren Kunden sogar mit eigenen Investmentstrategien punkten können.

Fischer: Ich möchte mich bestimmt nicht gegen Konkurrenz wehren und niemandem seinen Wunsch nach Individualität beim Investmentansatz nehmen. Ganz im Gegenteil. Wettbewerb ist gesund und der Markt ist groß genug. Unsere Firma ist jedoch in der komfortablen Situation, auf Geschäfte verzichten zu können, wenn uns bei einem Modell starke Zweifel kommen. Und ich frage mich: Warum muss jeder seine individuelle Strategie auf den Markt werfen, wenn es bereits viele Angebote gibt, die über Jahre eine gute Wertentwicklung mit einem sauberen Set-Up nachgewiesen haben? Bei vielen individuellen Strategien hingegen muss erst noch bewiesen werden, ob Kosten und Leistung in einem angemessenen Verhältnis stehen.

Wie ist generell das Preis-Leistungs-Verhältnis in diesem Markt?

Fischer: Das lässt sich nicht umfassend beantworten. Mit der BVI-Methode verfügt die Branche eigentlich über eine faire und bewährte Performance-Berechnungsweise. Dennoch blieben bislang im Fondsvermögensverwaltungssegment alle Versuche, einen umfassenden und einheitlichen Leistungsvergleich aufzubauen, im Anfangsstadium stecken. Die Einwände gegen die Berechnungsmethode erscheinen häufig nur vorgeschoben. Augenscheinlich scheuen einige Akteure einen transparenten Performance-Vergleich. Stattdessen verschanzen sie sich hinter dem Vermarktungsargument, dass ihre Strategie dazu einfach zu individuell und exklusiv sei.

Vielen Dank für das Gespräch. (ert)