Eigentlich sollte er am 25. Juli aufgelegt werden, doch dann stoppte die Fondsgesellschaft Union Investment den Vertrieb ihres ersten European Long-Term Investment Fund (ELTIF). Das Angebot traf offensichtlich auf ein zu geringes Interesse bei vermögenden Kunden der Volks- und Raiffeisenbanken. Zunehmende Unsicherheiten, volatile Kapitalmärkte und steigende Inflation boten nicht das ideale Umfeld für die Einführung einer neuen Produktklasse.

In der Tat handelt es sich beim ELTIF um eine recht neue Produktgattung. Die ersten Fonds dieser Art kamen 2015 an den Markt, das Angebot nimmt allerdings erst seit rund anderthalb Jahren deutlich zu. Dem Analysehaus Scope zufolge wurden in Deutschland bis Ende 2021 rund 870 Millionen Euro in ELTIFs investiert, wovon allein 590 Millionen Euro auf den Klimavest der Commerz Real entfielen. Die übrigen 280 Millionen Euro wurden vor allem über die Private-Wealth-Einheiten der Großbanken platziert – und das hat seinen Grund.

Aufwendige Beratung, komplizierte Abwicklung 
Bislang ist der ELTIF noch mit bestimmten Merkmalen versehen, die die Beratung über Fonds dieser Art aufwendig und die Abwicklung über Fondsplattformen kompliziert gestalten. Daher ist es für Finanzplaner und Vermittler kaum möglich, ihren vermögenden Kunden ein ELTIF-Investment anzubieten. Sollten der Europäische Rat und das Europäische Parlament jedoch dem im November 2021 von der Kommission veröffentlichten Änderungsentwurf für die ELTIF-Verordnung zustimmen, könnte sich das ändern.

Mit dem ELTIF verfolgt der europäische Gesetzgeber unter anderem das Ziel, auch Privatanlegern in einem regulierten Rahmen Zugang zu illiquiden Assetklassen zu verschaffen. Doch diese Kunden sind mit Privatmarktinvestments, wie solche Fonds sie tätigen, in der Regel nicht vertraut. Berater sind daher verpflichtet, diese Assets vorzustellen, wenn sich ein Kunde für einen ELTIF interessiert. Zudem müssen sie erfragen, ob die lange Laufzeit von meist mehr als zehn Jahren zum Anlagehorizont des Investors passt. 

Alle Kriterien abfragen
Nicht zuletzt schreibt die ELTIF-Verordnung der Europäischen Union (EU) vor, dass entsprechende Fonds nur an Privatanleger vertrieben werden dürfen, die zumindest über ein Vermögen von 100.000 Euro frei verfügen können. In diesem Fall dürfen maximal zehn Prozent der Summe in einen ELTIF investiert werden. Lediglich Kunden mit einem liquiden Anlagevermögen von 500.000 Euro können jedwede Summe in das Vehikel fließen lassen. Somit haben Berater abzufragen, ob ein potenzieller ELTIF-Kunde diese Vorgaben überhaupt erfüllt.

Die zusätzlichen Aufklärungs-, Abfrage- und Dokumentationspflichten erfordern spezielle Prozesse. Auch die Abwicklung der Fonds bringt besondere Anforderungen mit sich. "Die geplante Novelle der EU-Kommission für die ELTIF-Verordnung könnte aber Erleichterungen auf der Anbieter- und Nachfragerseite bringen", erklärt Andrea Vathje, Anlageexpertin bei Scope. 

Weg frei
Stimmen Rat und Parlament dem Entwurf zu, so ist bei ELTIFs künftig eine Mifid-II-konforme Beratung ausreichend. Auch die spezifischen Vorgaben, die Anleger bisher erfüllen müssen, würden komplett entfallen. Eine eigens auf das neue Fondsvehikel ausgerichtete Beratungssoftware wäre also verzichtbar. Damit stünde auch Finanzplanern und freien Beratern, die bisher nicht über spezielle Tools verfügen – und das dürfte die Mehrheit sein –, der Weg zur Vermittlung von ELTIFs grundsätzlich offen.

Dafür müssten allerdings auch die Fondsplattformen auf die Abwicklung dieser Investmentvehikel eingerichtet sein. Aktuell ist das nur zum Teil der Fall, wie eine Umfrage von FONDS professionell unter den Plattformen gezeigt hat. "Aber steter Tropfen höhlt den Stein", sagt Vathje. Vor Herbst 2023 ist nicht mit einer Verabschiedung der ELTIF-Novelle zu rechnen. Sollte sie aber wie von der EU-Kommission entworfen in Kraft treten, könnte dies dem Produktsegment Schub verleihen. "Dann werden sicherlich auch die Fondsplattformen ihre Systeme noch stärker anpassen", so Vathje. (am)


Welche Fondsplattformen die Abwicklung von ELTIFs bereits vornehmen können und welche Unternehmen sich darauf einstellen, lesen Sie in der aktuellen Heftausgabe von FONDS professionell 2/2022 ab Seite 236. Angemeldete Nutzer finden den Beitrag auch hier im E-Magazin.