Das Unternehmen Flexperto mit Sitz in Berlin entwickelt spezialisierte Softwarelösungen für den digitalen Vertrieb. Zu den Kunden zählen Banken, Finanzvertriebe und Versicherer, die ihrer Klientel Videoberatung per Internet anbieten. Auch für Fonds- und Versicherungsvermittler ist diese neue Form der Betreuung eine gute Ergänzung zur persönlichen und telefonischen Beratung. Flexperto-Gründer und -Geschäftsführer Felix Anthonj erklärt im Interview mit FONDS professionell ONLINE, wie Finanzprofis sich ihre eigene Videoberatung aufbauen können – und warum das auch nach der Corona-Krise noch sinnvoll sein wird.


Herr Anthonj, einige Volks- und Raiffeisenbanken, Sparkassen und auch Versicherer haben die Beratung per Video in jüngster Zeit für sich entdeckt. Gerade in Zeiten von Corona wäre das auch für Fonds- und Versicherungsvermittler eine sehr gute Sache. Können die sich denn relativ zügig eine Videoberatung aufbauen?

Felix Anthonj: Ja, das ist möglich. Rein technisch benötigen die Vermittler eigentlich gar nicht so viel. Natürlich sind ein leistungsstarker Rechner und eine schnelle, stabile Internetverbindung notwendig. Darüber dürften die meisten aber ohnehin verfügen. Wichtig sind auch eine gute Kamera und ein vernünftiges Mikrofon. Eigentlich braucht ein Vermittler für die Videoberatung darüber hinaus einen zweiten Bildschirm. So können Unterlagen vorbereitet und präsentiert werden, während der Kunde auf dem zweiten Monitor weiterhin zu sehen ist. Es geht aber auch mit einem Monitor, insbesondere wenn der Fokus auf dem gemeinsamen Bearbeiten oder Betrachten von Dokumenten liegt. 

Das klingt in der Tat unkompliziert. Können Vermittler auch gängige Software-Lösungen wie Skype oder Gotomeeting für die Videoberatung nutzen?

Anthonj: Prinzipiell kann eine Videoberatung natürlich über solche Programme für Online-Konferenzen vorgenommen werden. Besser ist es aber, professionelle Softwarelösungen zu nutzen, die für den Beratungsdialog ausgelegt sind. Diese Lösungen sollten insbesondere für den Endkunden Download- und Plugin-frei sein. Wer fallabschließend arbeiten möchte, sollte darauf achten, dass auch eine digitale Signatur oder Möglichkeiten zur Online-Terminbuchung bestehen. Das ist bei Gotomeeting oder Skype nicht möglich. Außerdem ist zu beachten, dass die eingesetzten Tools datenschutzkonform sind und im besten Fall sämtliche Vorgaben von Mifid II und der Finanzanlagenvermittlungsverordnung, kurz FinVermV, berücksichtigen. 

Auch das Taping?

Anthonj: Ja, Finanzanlagenvermittler sollten daran denken, dass die FinVermV auch für die digitale Beratung die Aufzeichnungspflicht, das Taping, vorsieht. Dafür müssen sie also eine Lösung parat haben. Wer den Kunden digital legitimieren möchte, braucht zudem eine Video-Ident-Lösung, bei der unter anderem der Ausweis durch besonders geschulte Mitarbeiter geprüft wird.

Wie hoch sind die Kosten für solche professionellen Softwarelösungen?

Anthonj: Bei Flexperto gibt es eine Basisversion, die für einzelne Vermittler oder kleine Unternehmen geeignet ist. Diese Version gibt es bereits ab 39 Euro monatlich. Für größere Firmen mit vielen Mitarbeitern haben wir eine White-Label Lösung, die ab 999 Euro pro Monat zu haben ist. 

Und schon kann es losgehen mit der Videoberatung?

Anthonj: Rein technisch gesehen schon. Aber auch wenn Videoberatung ähnlich abläuft wie das persönliche Kundengespräch, gibt es dabei einiges zu beachten. Zum Beispiel sollten sich Vermittler überlegen, welche Kunden sich auf welche Weise überhaupt für diese neue Form der Beratung gewinnen lassen und wie sie diese darauf ansprechen können. Es gibt auch rechtliche Fragen zu beachten. So ist bei der Online-Vermittlung von Fonds oder Versicherungen zum Beispiel das Fernabsatzgesetz zu berücksichtigen. Auch das perfekte Verhalten vor der Kamera will gelernt sein. Berater bei Banken und Versicherern durchlaufen daher Schulungen, bevor sie Kunden per Video betreuen. Auch freie Vermittler und Berater sollten sich schulen lassen oder zumindest intern oder mit Branchen-Kollegen vor dem Start ein paar Mal ein Beratungsgespräch üben.

Aber dann kann es wirklich losgehen?

Anthonj: Genau. Die Covid-19 Krise zwingt viele Berater nun zum Umdenken, insofern sollte sich aktuell jeder mit diesen Möglichkeiten beschäftigen. Ich gehe jedoch sicher davon aus, dass auch nach der aktuellen Ausnahmesituation die digitale Beratung immer mehr zum festen Bestandteil des Vertriebsalltags werden wird. Digital zu beraten ist effizient, kundenfreundlich und verbessert die Beratungsqualität, da der Berater seine Kunden fortan dank der Zeitersparnis häufiger "besuchen" kann.

Vielen Dank für das Gespräch. (am)


Einen ausführlichen Bericht zum Thema Videoberatung bei Banken und Versicherern lesen Sie in der kommenden Heftausgabe 1/2020 von FONDS professionell, die Ende März erscheinen wird.