Die Vorstandschefin von Fidelity International, Anne Richards, stellt die uneingeschränkte, tägliche Handelbarkeit von Publikumsfondsanteilen infrage. Richards sagt in einem Interview mit der Wirtschaftszeitung "Financial Times", dass bei Investments in nicht-börsennotierte Papiere womöglich andere Regeln nötig seien. "Das heißt nicht, dass eine tägliche Handelbarkeit eines Fonds hierbei nicht machbar ist", so Richards. Aber es müsse klarer bestimmt werden, in welchen Situationen eine tägliche Anteilsrücknahme nicht angemessen sei.

Richards bezieht sich damit auch auf die Schließung des Aktienfonds des einstigen Starmanagers Neil Woodford. Dieser hatte in erheblichem Umfang in illiquide Aktien investiert. Nachdem Anleger wegen einer anhaltenden Performanceschwäche Geld aus dem Fonds abzogen, musste Woodford vergangenes Jahr die Rückgaben einfrieren. Der Fonds wird nun aufgelöst.

Offene Struktur einschränken
Auch die vom früheren GAM-Manager Tim Haywood gelenkten Fonds mussten wegen Investments in illiquide Anleihen liquidiert werden. Weiterhin hatte der Anbieter M&G bei britischen, offenen Immobilienfonds die Anteilsrücknahmen aussetzen müssen. Richards hatte M&G geleitet, bevor sie vor gut einem Jahr zu Fidelity International wechselte.

Vor diesem Hintergrund plädiert Richards für eine Diskussion darüber, in welchen Fällen eine offene Struktur bei Publikumsfonds eine gute Wahl ist, und wann die offene Struktur eingeschränkt werden sollte. Dies sei abhängig von der Anlageklasse, in die der jeweilige Fonds investiert. Sie begrüße eine Debatte darüber, ob die Regeln für die tägliche Rückgabe von Fondsanteilen klarer definieren sollten, wann an den Märkten keine normale Lage mehr herrsche. Wie genau neue Regeln aussehen sollten, könne sie aber auch nicht sagen, schränkt Richards im Gespräch mit der "FT" ein.

Die irische Zentralbank hatte bereits eine Prüfung angekündigt, ob eingedenk der Fälle wie Woodford und Haywood striktere Regeln nötig sind. Der Central Bank of Ireland (Banc Ceannais na hÉireann) obliegt die Aufsicht über den Fondsmarkt der Insel, das zweitgrößte Publikumsfonds-Domizil Europas nach Luxemburg. Auch die Luxemburger Aufsicht sondiert Medienberichten zufolge, ob eine Neufassung der Vorschriften nötig ist.

Vermeintliche Gewissheiten
Aber auch bei Investments in börsennotierten Werten warnt die Fidelity-Chefin der "FT" zufolge davor, sich zu sehr auf vermeintliche Gewissheiten zu verlassen. So seien Fondsmanager bei Investments in börsennotierte Papieren bislang "insgeheim" davon ausgegangen, dass "Liquidität immer verfügbar ist, wenn man sie braucht". Diese Annahme erscheine jedoch fragwürdig.

Richards berichtet zudem, dass ihr Haus seine Kontrollsysteme am Beispiel des Woodford-Fonds überprüft habe. Die Experten hätten die Bestandteile des Portfolios durch das System laufen lassen um zu prüfen, ob Warnsignale aufleuchten. Bei der Simulation sei herausgekommen, dass die internen Überwachungsprogramme tatsächlich Alarm geschlagen hätten. "Unsere Liquiditätsgrenzen lagen weit, weit, weit unter dem Woodford-Portfolio", so Richards. "Dies ermöglichte uns einen lebensechten Test unserer Verfahren. Das Ergebnis bestätigte uns, dass wir das Thema so wachsam angehen, wie wir sollten." (ert)