Die Boutique H2O Asset Management hat die Bewertung der in ihren Fonds liegende und teils illiquiden Wertpapiere aus dem Umfeld des schillernden Unternehmers Lars Windhorst um 60 Prozent des Nominalwerts gekappt. Dies geht aus einem Schreiben des Investmenthauses an die Fondsanleger hervor.

Zur Erinnerung: Die Gesellschaft um Gründer und Frontmann Bruno Crastes hatte in erheblichem Umfang in nur schwer handelbare Unternehmenspapiere investiert, die Windhorsts Tennor-Gruppe zuzurechnen sind. Als die "Financial Times" vor einem Jahr dieses Engagement öffentlich machte, zogen Anleger Milliarden aus den H2O-Fonds ab. Die zum französischen Boutiquendach Natixis Investment Mangers zählende Gesellschaft verwaltete einst mehr als 30 Milliarden Euro, zuletzt waren es nur noch 22 Milliarden.

Milliardenvermögen eingefroren
In der Folge forderte die französische Finanzaufsicht AMF H2O Ende August 2020 auf, bei drei Fonds zeitweilig die Anteilsausgabe und -rücknahme auszusetzen. Grund waren "Unsicherheiten" über die Bewertung der Windhorst-Papiere angesichts des coronabedingten Kursverfalls an den Börsen. Die Boutique fror daraufhin diese und vier weitere mit Windhorst-Papieren bestückte Publikumsfonds sowie einen Spezialfonds ein.

Damit verloren Anleger vorerst den Zugriff auf Vermögen in Milliardenhöhe. H2O parkte die illiquiden Windhorst-Papiere in "Seitentaschen" der Fonds. Die übrigen Investments will das Haus in neue Fonds übertragen, während die alten Vehikel samt der Windhorst-Papiere abgewickelt werden. Anleger sollen sowohl Anteilscheine der neuen als auch der alten, vor der Liquidierung stehenden Fonds erhalten. Die Übertragung soll vier Wochen dauern und die Fonds dann wieder öffnen.

Windhorst-Investments ausgelagert
H2O hatte vor einem Jahr nach Bekanntwerden des Windhorst-Engagements und den milliardenschweren Mittelabzügen mitgeteilt, dass ein Teil dieser Investments verkauft sei und der Rest im Wert gemindert würde. Ob die nun mitgeteilte Kürzung um 60 Prozent vom Nominalwert bereits vor einem Jahr oder erst jüngst im Zuge des Corona-Crashs vorgenommen wurde, geht aus dem Schreiben nicht hervor.

Obendrein wurde im Zuge der Fondsschließungen bekannt, dass der von H2O mitgeteilte Verkauf der Windhorst-Papiere letztendlich nie vollzogen wurde. Stattdessen lagerte die Boutique die Papiere über sogenannte Kauf- und Rückkaufvereinbarungen ("buy and sell back") aus den Fonds aus. Über diese Transaktionen gelang es dem Haus, die bei UCITS-Vehikeln vorgeschriebene Obergrenze einzuhalten, wonach schwer handelbare Wertpapiere maximal zehn Prozent des Gesamtvolumens ausmachen dürfen.

Extra-Sicherheiten für die "Seitentaschen"?
Diese indirekt über Kauf- und Rückkaufvereinbarungen sowie direkt gehaltenen Windhorst-Papiere hat H2O in den "Seitentaschen" der Fonds geparkt. Deren Anteil am Gesamtvolumen schätzte das Haus je nach Fonds beim Einfrieren auf zwischen sieben und bis zu 35 Prozent ein. In dem nun veröffentlichten Schreiben prognostiziert H2O, dass der Anteil der Windhorst-Engagements am Gesamtvolumen der Fonds letztendlich aber geringer ausfallen dürfte. Dies hätten Berechnungen der "internen Risikoanalyse" ergeben. Denn für die Kauf- und Rückkaufvereinbarungen seien Barreserven gebildet und "Extra-Sicherheiten" gestellt worden, heißt es in dem H2O-Schreiben.

Freimütig räumt das Haus jedoch im nächsten Satz ein, dass diese "zusätzlichen Sicherheiten" aus Anteilen von Unternehmen der Tennor-Gruppe bestehen. Diese würden, so schreibt die Boutique selbst, denselben Bewertungsunsicherheiten unterliegen wie die eigentlichen Windhorst-Investments. Bei Kauf- und Rückkaufvereinbarungen werden üblicherweise hochliquide, bonitätsstarke Papiere wie Staatsanleihen als Sicherheit gestellt.

Ausgang ungewiss
Bereits im Mai dieses Jahres war bekannt geworden, dass Windhorst selbst seine Papiere von H2O zurückkaufen will – offenbar mit Hilfe von zwei deutschen Geldgebern. Diese "Evergreen"-Kontrakt genannte Vereinbarung hatte eine schrittweise Rücknahme der Papiere in der Zeit zwischen Juni 2020 und Juni 2021 vorgesehen. Der Beginn dieses Verfahrens sei aber "wegen Anforderungen an die Compliance und Due Diligence" verzögert worden. Daher könne H2O nicht vorhersagen, wann diese Transaktion abgeschlossen werde und ob das Haus "alternative Wege" einschlagen muss, um die Windhorst-Papiere zu liquidieren, heißt es in dem jüngsten Schreiben. (ert)