Durch die Babyboomer, die in den nächsten Jahren vermehrt in Rente gehen, wird die politische Unterstützung für eine weitere Erhöhung des Renteneintrittsalters deutlich steigen. Diese Auffassung vertritt Berthold Wigger, Inhaber des Lehrstuhls für Finanzwissenschaft und Public Management am Karlsruher Institut für Technologie, in einem Podcast des Deutschen Instituts für Altersvorsorge (DIA).

Der Volkswirt ist davon überzeugt, dass in Deutschland in absehbarer Zeit eine politische Diskussion über das Rentenalter aufkommen wird, die anders verläuft als frühere Auseinandersetzungen zu diesem Thema. In der Vergangenheit habe die Politik einen Zickzack-Kurs gefahren, bei dem sich Belastungen und Entlastungen für verschiedene Gruppen abwechselten. Dabei sei ein Modus des Ausbalancierens verfolgt worden. Vor Entscheidungen habe man jeweils geschaut, wo gerade die politische Unterstützung am stärksten und die politische Opposition am schwächsten ist.

Rentner sind nicht betroffen, profitieren aber
Die von ihm erwartete neue Diskussion zum Rentenalter schaffe nun eine besondere Konfliktsituation, weil alle Beitragszahler im Widerspruch zu den Rentnern stehen. Ein höheres Renteneintrittsalter betreffe einen 20-Jährigen gleichermaßen wie einen 40-Jährigen. Das sei der Unterschied zu einer Beitragserhöhung, bei der jüngere Versicherte den höheren Beitrag viel länger zahlen müssen.

Durch die Babyboomer gebe es aber in den nächsten Jahren deutlich mehr Rentner und diese haben, so Wigger, ein Interesse an einem möglichst späten Renteneintritt. Selbst sind sie davon nicht mehr betroffen. Aber sie profitieren von der Stabilisierung des Rentensystems durch die längeren Versicherungszeiten der anderen.

Die Erwerbstätigen sollten "ein Stück weit kompensiert" werden
"Die Chancen für eine weitere Erhöhung des Renteneintrittsalter stehen gar nicht so schlecht", so Wigger im DIA-Podcast. Er kann seine Einschätzung mit empirischen Daten belegen. So hat er mit einer Studie ermittelt, wie stark die Einstellung zu einem höheren Renteneintrittsalter vom Renteneintritt abhängt. Besonders stark ist die Zustimmung unter jenen, die gerade erst vom Erwerbsleben in den Rentnerstatus gewechselt sind.

Der Hochschulprofessor plädiert allerdings gleichzeitig dafür, dass die Politik die zusätzlichen finanziellen Spielräume, die durch das höhere Rentenalter entstehen würden, nutzt, um die Erwerbstätigen mit an Bord zu nehmen. Sie sollten seiner Meinung nach "ein Stück weit kompensiert" werden für die längere Lebensarbeitszeit. Es sei nicht sinnvoll, dass lediglich die Rentner davon profitieren. "Die Rentner hat man sowieso schon für solch eine Entscheidung auf seiner Seite." (fp)