Mehr als die Hälfte der Deutschen sind grundsätzlich offen dafür, Finanzprodukte von großen Technologie-Konzernen wie Amazon, Apple oder Google zu erwerben. Dies ergab eine Umfrage der Unternehmensberatung Bain & Company. 54 Prozent der Bundesbürger würden Finanzdienstleistungen der Tech-Riesen nutzen. Diese Unternehmen verdrängen damit Fintechs als gefährlichste Angreifer der etablierten Bankenbranche, so die Studie. Denn lediglich ein Drittel der Deutschen würde einem Start-up sein Geld anvertrauen.

An der Studie nahmen weltweit rund 133.000 Bankkunden in 22 Ländern teil, davon mehr als 10.000 in Deutschland. Demnach wird schon heute mehr als die Hälfte der Befragten hierzulande ihrer Hausbank untreu. Gerade bei Finanzprodukten mit höherer Marge wie Krediten und Versicherungen würden die Kunden die Vergleichsmöglichkeiten im Internet nutzen und das beste Angebot im Markt auswählen, heißt es in einer Mitteilung zu der Bain-Studie. Die Bereitschaft, Finanzprodukte bei Branchenneulingen zu erwerben, sinkt mit zunehmendem Alter jedoch (siehe Grafik).

Hausbanken degradiert
Den Hausbanken in Deutschland drohe das Schicksal von Grundversorgern in anderen regulierten Branchen, erläutern die Bain-Experten weiter. Während sie Basisdienste bereitstellen, konkurrieren digitale Vorreiter und neue Anbieter um die margenträchtigen Produkte. "Die Voraussetzungen für große Tech-Konzerne sind günstig", sagt Dirk Vater, Partner und Leiter der Bankengruppe bei Bain. "Sie verfügen über eingespielte digitale Prozesse sowie etablierte Marken – und schon heute vertrauen ihnen Kunden auch persönliche Daten an."

Vater hält einen Einstieg der Tech-Riesen ins Retail-Banking als denkbaren nächsten Schritt. Er verweist dabei auf die Vorstöße von Apple, Google & Co. in die Felder Kreditkarten und Ratenzahlungen. Amazon wiederum bereitet offenbar den Einstieg ins Versicherungsgeschäft vor. Die Fondsbranche stünde bei so einer Attacke offenbar weitgehend hilflos da, ergab eine Studie der Ratinggesellschaft Moody's.

Züge einer Massenbewegung
Zwar wenden sich bislang nur wenige Kunden komplett von ihrer Hausbank ab, so die Unternehmensberatung. "Doch die stille Abwanderung trägt bereits Züge einer Massenbewegung", warnt Vater. "Gerade die Filialbanken müssen alles daransetzen, ihre Kunden stärker als bisher über alle Kanäle hinweg zu begeistern."

Eine Schlüsselrolle komme dabei dem Ausbau des Mobile-Bankings zu. Dessen Bedeutung beim Erledigen von Bankgeschäften nahm in den vergangenen Jahren deutlich zu und liegt heute gleichauf mit dem Online-Banking vom heimischen Computer aus. Die Bedeutung der Filialen habe sich dagegen kaum verändert, heißt es in der Bain-Studie. (ert)