Die Zinswende oder eine drohende Rezession stellen für die deutschen Banken zwar erhebliche Herausforderungen dar, ihr vorrangiges Problem ist jedoch ein anderes: Die Geldinstitute suchen händeringend nach Personal, wie das "Handelsblatt" berichtet. So zeigt eine Erhebung der Personalmarktforschung Index für die Zeitung, dass die Banken hierzulande im ersten Halbjahr insgesamt 65.094 offene Stellen ausgeschrieben haben – 81 Prozent mehr als im Vorjahreszeitraum.

Die größten Engpässe verzeichnen die Institute der Erhebung zufolge im Finanz- und Rechnungswesen sowie in den Bereichen Controlling und Versicherung. Dort seien 21.947 offene Positionen zu besetzen, schreibt das "Handelsblatt". Darauf folgten Vertrieb und Verkauf (10.974), Unternehmensführung und Management (7033), IT und Telekommunikation (5732), Sekretariat und Verwaltung (5578) sowie Organisation und Projektmanagement (5043). 

Nicht nur IT-Spezialisten und Controller
Die Zahlen belegen, dass es den Banken und Sparkassen nicht nur an den in allen Branchen begehrten IT-Spezialisten und Controllern mangelt. Auch für die klassischen Berufsbilder im Bankgeschäft sind nur schwer Mitarbeiter zu finden. "Besonders groß ist bei uns der Personalmangel im Vertrieb, für den sich nicht mehr so viele Menschen begeistern wie früher", sagte Sven Matthiesen, Privatkundenvorstand der Frankfurter Sparkasse, dem "Handelsblatt". 

Zwar hat die Frankfurter Sparkasse wie die meisten Geldhäuser in Deutschland in den vergangenen Jahren Niederlassungen geschlossen. Doch darin sieht Matthiesen nicht die Lösung für das Personalproblem. "Es ist ein Irrglaube, dass wir weniger Berater brauchen, wenn wir Filialen schließen. Die Kunden müssen ja weiter beraten werden – entweder in einer anderen Filiale oder digital", erklärte er.

Beschädigtes Image
Ein Grund dafür, dass es immer weniger Bundesbürger beruflich in eine Bank zieht, sei aus Sicht der Beteiligten das schlechtere Image der Institute, schreibt das "Handelsblatt". Der gute Ruf der Branche habe schließlich unter zahlreichen Skandalen und der Finanzkrise 2008 gelitten. Darüber hinaus entschieden sich immer mehr Jugendliche für ein Studium und gegen die Ausbildung bei einer Bank. Auch der demografische Wandel lasse die Lücke zwischen Angebot und Nachfrage größer werden. 

Eine "Handelsblatt"-Umfrage unter deutschen Großbanken und den Finanzverbünden zeige, dass fast alle Geldhäuser Personalengpässe haben. Auch der Wettbewerb unter den Instituten sei härter geworden. So zahlten manche Banken neuen Vertriebsmitarbeitern mittlerweile einen Zuschlag zum Tarifgehalt. Andere Häuser schauten sich verstärkt im Ausland nach Servicemitarbeitern für die telefonische oder digitale Kundenbetreuung um. (am)