Wenn Paletten mit Lebkuchen auf den Sonderflächen der Supermärkte erscheinen, dann ist es für angehende Stifterinnen und Stifter eigentlich schon zu spät. "Wer Anfang November das so genannte Anerkennungsverfahren noch nicht angestoßen hat, muss sich richtig ranhalten, um seine Stiftung noch im laufenden Jahr gegründet zu bekommen", erklärt dazu Stefan Fritz, Leiter Stiftungsmanagement im Private Banking und Wealth Management der HypoVereinsbank. "Denn die Bearbeitungsdauer im Anerkennungsverfahren kann bei den meisten Stiftungsbehörden leicht mehr als sechs oder acht Wochen in Anspruch nehmen."

Aber auch für jene, die eigentlich schon zu spät dran sind, gibt es noch einen Weg, um insbesondere die steuerlichen Möglichkeiten der Stiftungserrichtung noch für das laufende Veranlagungsjahr zu nutzen. Etwa durch die Gründung einer so genannten "Treuhandstiftung": "Dabei überträgt der Stifter das Stiftungsvermögen per einfachem Vertrag einem von ihm bestimmten Treuhänder, der es getrennt von seinem eigenen Vermögen gemäß den Satzungsbestimmungen der Stiftung verwaltet", erläutert Jörg Seifart, Geschäftsführer der Gesellschaft für das Stiftungswesen (GfdS) in Düsseldorf. Anders als die rechtsfähige Stiftung gründe sich eine solche Treuhandstiftung ohne das behördliche Anerkennungsverfahrens bei der Stiftungsaufsicht.

Auch aktive Stiftungen müssen handeln
Aber auch für die Vorstände bereits bestehender Stiftungen läuft die Zeit. Einige Maßnahmen sollen oder müssen vor dem Jahreswechsel vollzogen sein, zumindest, wenn – wie bei den meisten Stiftungen – das Kalender- mit dem Geschäftsjahr identisch ist. Seifart und Fritz haben dazu die folgenden Tipps zusammengetragen und konkrete Gesprächsanlässe formuliert.

Tipp 1: Zeitnahe Mittelverwendung
Das tendenziell eher harmlos klingende „Gebot der zeitnahen Mittelverwendung“ ist ernster zu nehmen als es sich im ersten Moment anhört. Genauer gesagt ist es nämlich kein Ge-, sondern ein Verbot. Allein deshalb empfiehlt sich für das ablaufende Geschäftsjahr eine intensive Beschäftigung mit der Mittelverwendungsrechnung.

Zum Hintergrund: Stiftungen dürfen Zuflüsse aus der Vermögensverwaltung, aus wirtschaftlichen Geschäfts- und Zweckbetrieben sowie Spenden nicht unbegrenzt thesaurieren. Diese vereinnahmten Gelder müssen Stiftungen grundsätzlich zeitnah, das heißt spätestens in den auf den Zufluss folgenden zwei Kalender- oder Wirtschaftsjahren für den Stiftungszweck einsetzen. Schlimmstenfalls droht ansonsten der Verlust der Gemeinnützigkeit. Die Stiftungsverantwortlichen sollten sich also insbesondere die Einnahmen aus dem vorletzten Jahr sehr genau ansehen. Falls auch unter Berücksichtigung  des „first in, first out“-Prinzips per Saldo noch Überschüsse bleiben, die sich nicht in eine Rücklage einstellen lassen, müssen diese noch im laufenden Jahr zweckentsprechend eingesetzt werden, um nicht gegen das bereits erwähnte „Gebot“ zu verstoßen .

Alternativ können diese Mittel in eine Rücklage für künftige Projekte, die sogenannte Projektrücklage, eingestellt werden. Voraussetzung für eine zulässige Rücklagenbildung  ist, dass diese Projekte bereits hinreichend konkret angeplant und dieses auch nachweisbar sind. Mandie sollte Bildung einer Projektrücklage im Zweifelsfall angesichts der vorgenannten Konsequenzen auch dezidiert mit den Behörden abgestimmen. Sinn und Zweck von Stiftungen und damit der Überwachung durch Finanzamt und Stiftungsaufsicht ist es eben, Gelder für den verfolgten Zweck auszugeben und nicht, diese anzusammeln.

Tipp 2: Rechtzeitige Bildung von Rücklagen
Grundsätzlich kann der Vorstand über die Rücklagenbildung für das laufende Geschäftsjahr auch nach dessen Ablauf entscheiden. Das Gemeinnützigkeitsrecht räumt zudem unter bestimmten Bedingungen Möglichkeiten ein, eventuell in der Vergangenheit unterlassene Rücklagenbildungen nachzuholen. Wurde der Höchstbetrag für die Bildung der freien Rücklage (ein Drittel des Überschusses aus der Vermögensverwaltung und darüber hinaus höchstens zehn Prozent der sonstigen nach § 55 Absatz 1 Nummer 5 der Abgabenordnung zeitnah zu verwendenden Mittel) in einem Jahr nicht ausgeschöpft, kann diese unterbliebene Zuführung in den folgenden zwei Jahren nachgeholt werden. Der Stiftungsvorstand sollte also jetzt prüfen, inwieweit für das vorletzte Jahr noch entsprechende Möglichkeiten bestehen, und ob er diese noch nutzen will.

Eine weitere Ausnahme von der Pflicht zur zeitnahen Mittelverwendung besteht für Stiftungen im Jahr ihrer Errichtung und in den drei folgenden Kalenderjahren. In diesem Zeitraum dürfen sie Überschüsse aus der Vermögensverwaltung und Gewinne aus wirtschaftlichen Geschäftsbetrieben in unbegrenzter Höhe ihrem Vermögen zuführen, um die Kapitalbasis zu stärken. Macht die Stiftung davon Gebrauch, sollte sie dennoch die eindeutige Beziehung zum Stiftungszweck dokumentieren und einen entsprechenden Vorstandsbeschluss nachweisen können. Hier wäre zu prüfen, ob noch Nachholbedarf besteht.

Tipp 3: Ertragbringende Vermögensanlage auch bei Niedrigstzinsen
Grundsätzlich sollten keine Bestandteile des Grundstockvermögens über längere Zeit deinvestiert bleiben. Denn das Stiftungsrecht schreibt den Stiftungen eine ertragbringende Anlage vor. Auch niedrigste Zinsen wie aktuell befreien den Vorstand nicht von der Verpflichtung, etwa die Rückflüsse aus fällig gewordenen Rentenpapieren zeitnah zu reinvestieren.

Dies gilt selbstverständlich unabhängig von einzelnen Stichtagen. Dennoch spielt der Jahresletzte eine Sonderrolle, weil die Bestände zu diesem Stichtag bei den meisten Stiftungen in die Vermögensübersicht beziehungsweise in die Bilanz eingehen. Um Diskussionen über mangelnde Anlageaktivitäten des Vorstands zu vermeiden, sollten anstehende Investitionsentscheidungen noch vor dem Jahresende getroffen und umgesetzt werden.

Tipp 4: Korrekte Verbuchung von Vermögensverlusten
Mit Blick auf die Bilanz sollte man sich in der Vermögensanlage eine weitere Frage stellen. Anders als viele andere Rechtspersonen bilanzieren Stiftungen grundsätzlich zum gemilderten Niederstwertprinzip, das heißt Wertveränderungen mit Ausnahme der dauerhaften bilden sie in der Bilanz nicht ab. Anders sind realisierte Kursverluste zu berücksichtigen. Diese müssen Stiftungen negativ in die Umschichtungsrücklage – eine eigene Bilanzposition, die es so nur im Stiftungswesen gibt – einstellen.

Werden kurz vor Ultimo Kursverluste realisiert, muss dem Vorstand klargemacht werden, dass nicht mehr viel Zeit bleibt, um der entstehenden Lücke realisierte Gewinne entgegenzustellen. Da Stiftungen mit dem Jahresabschluss oder der Vermögensübersicht gegenüber den Behörden den Kapitalerhalt nachzuweisen haben, bringt eine negative Umschichtungsrücklage das Risiko eines erhöhten behördlichen Diskussionsbedarfs mit den Verantwortlichen mit sich. Soweit die Vermögensverwaltung delegiert ist, setzt sich dieser Diskussionsbedarf natürlich auch zwischen Vorstand und Vermögensverwalter fort.   

Tipp 5: Vorausschauende, rechtzeitige Finanzplanung
Einzelne Landesstiftungsgesetze erwarten von den Stiftungen einen Plan, der die Grundlage für die Verwaltung der Einnahmen und Ausgaben des kommenden Geschäftsjahres bildet und vor dessen Beginn vorzulegen ist  (vgl. „Voranschlag“ gem. Art. 16 Abs. 1 S. 2 BayStG). Auch Stiftungen in den Bundesländern ohne entsprechende landesgesetzliche Vorgaben sollten ihre Planungen vor dem Jahreswechsel aktualisieren, um von Beginn an über valide Planungswerte zu verfügen. Mindestens ebenso wichtig wie die Planung über das nächste Jahr ist dabei ein Finanzplan über mehrere Perioden. Bewährt hat sich dabei ein Planungszeitraum von zehn Jahren. Dies hat den Vorteil, dass kurzfristige Schwankungen insbesondere im Wertpapierbereich geglättet und auch längerfristige Trends berücksichtigt werden. Insbesondere die angenommenen Rahmendaten für den Betrachtungszeitraum wie die durchschnittliche Inflationsrate, die Kurs- und Ausschüttungsentwicklung der Wertpapiere und sonstigen Anlagen sollten auf den Prüfstand gestellt werden.

Fazit: Die verbleibende Zeit nutzen!
Noch lassen sich die letzten Wochen des Jahres nutzen, um notwendige und sinnvolle Schritte zu unternehmen. Dem Stiftungsvorstand, der hinter alle offenen Punkte auf seiner Liste noch vor dem vierten Advent einen Haken setzen kann, dem werden die Lebkuchen jedenfalls weniger schwer im Magen liegen. (hh)

Hintergrundwissen für Stifter und deren Berater im Seminar:
Jörg Seifart und Stefan Fritz wollen zur Verbesserung der Beratungsqualität in Vermögensfragen für Stiftungen beitragen. Die Gesellschaft für das Stiftungswesen mbH (GfdS) von Jörg Seifart bietet dazu eine zweiteilige Seminarreihe mit dem Thema "Stiftungen erfolgreich in der Vermögensanlage beraten" (25. Februar und 3. März 2016 in Düsseldorf) an. Damit wollen  die beiden Experten der immer noch weit verbreiteten Unsicherheit darüber, welche Finanzprodukte und -strategien für Stiftungen zulässig und empfehlenswert sind, begegnen.

Im Hinblick auf eine bedarfsorientierte Beratung beantwortet das Praxistraining die ersten wichtigen Fragen für Berater. Je nach Tagungsort sind auch weitere ausgewiesene Fachleute als Referenten mit an Bord. Am 3. März wird beispielsweise zusätzlich Dieter Lehmann, Mitglied der Geschäftsleitung und Leiter der Vermögensanlage der VolkswagenStiftung referieren (siehe dazu auch unser Interview mit Dieter Lehmann in der Ausgabe 3/2015 von Institutional Money im E-Magazin - nur für angemeldete Nutzer). Infos zur Seminarreihe "Stiftungen erfolgreich in der Vermögensanlage beraten" gibt es auf der Webseite der Gesellschaft für das Stiftungswesen.