Die Mehrheit der in Deutschland tätigen Kapitalverwaltungsgesellschaften (KVGen) verzichtet bislang darauf, die Tools für das Liquiditätsmanagement zu nutzen, die ihnen seit dem Frühjahr 2020 zur Verfügung stehen. Zu diesem Ergebnis kommt eine Umfrage der Finanzaufsicht Bafin, über die sie in ihrer hauseigenen Publikation, dem "Bafin-Journal", berichtet. 

Bis zum Stichtag 31. Mai 2022 hätten die meisten Gesellschaften noch keine neuen Liquiditätsmanagementtools (LMTs) eingeführt, so die Bafin. Einige KVGen gaben der Finanzaufsicht zufolge als Grund dafür an, die entsprechenden Prozesse seien noch in der Umsetzung. Andere erklärten, bei bestimmten Fonds würden keine zusätzlichen Tools für die Liquiditätssteuerung benötigt.

Drei Tools
Der deutsche Gesetzgeber hat im Frühjahr 2020 drei Maßnahmen zur Liquiditätssteuerung von Sondervermögen im Kapitalanlagegesetzbuch verankert. Dabei handelt es sich um Rücknahmefristen von bis zu einem Monat und um Rückgabebeschränkungen. Mit dem dritten Instrument, dem sogenannten Swing Pricing, können KVGen den Nettoinventarwert eines Fonds in gewissen Grenzen anpassen, um die Effekte großer Zu- und Abflüsse auf das Portfolio abzumildern. 

Um sich einen ersten Überblick zur Nutzung von LMTs zu verschaffen, befragte die Bafin im Frühsommer 2022 alle 53 hierzulande erlaubten KVGen und europäischen Verwaltungsgesellschaften, die zum 31. Mai 2022 offene deutsche Fonds aufgelegt hatten. Die Analyse umfasst damit knapp 5.600 Sondervermögen mit einem Gesamtvolumen von 2,3 Billionen Euro. Immobilienfonds blieben unberücksichtigt.

Was wird genutzt?
Am häufigsten nutzen die befragten Gesellschaften Rücknahmebeschränkungen. Knapp 25 Prozent der erfassten Fonds verfügen der Finanzaufsicht zufolge bereits über dieses Instrument. Rückgabefristen seien derzeit bei etwa 14 Prozent aller Sondervermögen vorgesehen, schreibt das "Bafin-Journal". Das Swing Pricing komme hingegen nur bei weniger als einem Prozent der Fonds zum Einsatz. 

Interessant: Der Stand der Implementierung hängt weniger von einzelnen Fonds oder Fondsgattungen als von der KVG ab, hat die Bafin beobachtet. Sind Prozesse für LMTs erst einmal eingerichtet, steigt ihre Nutzung deutlich. Aufgrund der unterschiedlichen Anlegerstruktur werden LMTs bei Publikumsfonds allerdings häufiger genutzt als bei Spezialfonds. Je nach Segment werden auch unterschiedliche Instrumente vorwiegend eingesetzt.

Und wer nutzt was?
Bei den Publikumssondervermögen arbeiten die KVGen in erster Linie mit Rücknahmebeschränkungen. Rückgabefristen werden wesentlich seltener implementiert, das Swing Pricing ist nur vereinzelt anzutreffen. Bei Spezialfonds werden Rücknahmebeschränkungen und Swing Pricing kaum eingesetzt. Der Grund: Die KVGen halten bei diesen Fonds einen plötzlichen, hohen Kapitalabzug für unwahrscheinlich. Schließlich hätte der oftmals einzige Investor den damit verbundenen Wertverlust selbst zu tragen. Stattdessen wird der Bafin zufolge im Spezialfondssegment vielmehr mit Rückgabefristen gearbeitet, die der Liquidität der im Fonds befindlichen Assets Rechnung tragen. 

Aktuell prüfe so manche Gesellschaft weiterhin, welche Tools sich für welche Fonds am besten eignen, schreibt das "Bafin-Journal". Die Finanzaufsicht will die Entwicklung aktiv begleiten und plant dafür auch weitere Befragungen. (am)