Das Kabinett von Premierministerin Theresa May hat nach langem Gezerre ein Positionspapier dazu veröffentlicht, wie der Ausstieg aus der Europäischen Union (EU) aussehen soll. Für die in London angesiedelten Finanzdienstleister birgt das "White Paper" jedoch eine bittere Enttäuschung. Denn der Punkt der gegenseitigen Anerkennung von Finanzprodukten und -dienstleistungen findet darin keinerlei Erwähnung. Dies könnte den Vertrieb von Fonds britischer Anbieter auf dem Kontinent deutlich erschweren.

Das White Paper umreißt die Position der britischen Regierung in den Verhandlungen mit der EU über einen Austritt des Königreichs. Die Briten hatten 2016 für den Brexit gestimmt. Bis März 2019 müssen die Konditionen ausgehandelt sein, sonst folgt ein ungeordneter Ausstieg aus der Staatengemeinschaft. Die Londoner Regierung hatte bislang selbst keine klare Haltung in den Verhandlungen. Nun setzte Premierministerin May nach langem Lavieren eine Verhandlungslinie durch, die auch künftig enge Bande zur EU erhalten soll, also einen "weichen" Ausstieg vorsieht. Zwei Hardliner unter den Ministern, darunter der Bannerträger des Brexit Boris Johnson, traten daraufhin zurück.

"Enttäuschend und frustrierend"
Die Finanzdienstleister der Insel werten das Positionspapier nun aber meist als Rückschlag. Die wechselseitige Anerkennung der Regulierungsstandards hätte es ermöglicht, sowohl britische Fonds in der EU als auch Portfolios vom Kontinent auf der Insel zu vertreiben. Damit würde das bisherige System praktisch fortbestehen. "Es ist enttäuschend und frustrierend, dass dieser Ansatz fallen gelassen wurde, noch bevor er es überhaupt an den Verhandlungstisch schaffte", sagte etwa Miles Celic vom Interessenverband "The City UK".

Catherine McGuinness von der Gebietskörperschaft der City of London, also des Finanzdistrikts der Themse-Metropole, bezeichnete das Papier als "herben Schlag" für den Standort. Auch Chris Cummings, Leiter des britischen Fondsverbands Investment Association, zeigte sich enttäuscht, dass die wechselseitige Anerkennung nicht weiterverfolgt wird. Er äußerte sich aber auch zuversichtlich, dass die in dem Papier genannten Alternativen umgesetzt werden könnten.

Aussichtsloser Gegenvorschlag
Denn britische Regierung will stattdessen vorschlagen, dass die EU ihre Vorschriften für Nicht-Mitglieder anpasst. Demnach soll die EU Dienstleistungen aus Nicht-Mitgliedsstaaten in ihrem Binnenmarkt zulassen, sofern deren Regulierungsstandard dem der EU entspricht. Andere Beobachter räumen diesem Vorschlag hingegen keine Chancen ein. (ert)