Niemand beschäftigt sich gern mit der Frage, was eigentlich geschehen soll, falls irgendwann ein Unfall oder eine schwere Erkrankung ein selbstbestimmtes Leben verhindern. Doch für solche Fälle mit Vollmachten und Verfügungen vorzusorgen, ist immens wichtig. Warum es für Anlageberater und Versicherungsmakler eine Chance sein kann, ihre Kunden auf die Vorsorge für den Notfall anzusprechen, erklärt Ursula Blümer, Expertin für Ruhestandsplanung bei der Finanzberatung MLP, im Interview mit FONDS professionell ONLINE. 


Frau Blümer, es ist immer wieder zu hören, Finanzberater und Versicherungsvermittler sollten ihre Kunden auf das Thema Vorsorge für den Notfall ansprechen, also vor allem auf die Patientenverfügung und die Vorsorgevollmacht. Das ist aber vom originären Geschäftsfeld der Berater recht weit entfernt. Warum sollten sie solche Gespräche führen?

Ursula Blümer: Die Kunden müssten sich Gedanken um diese Themen machen, aber viele tun es einfach nicht. Niemand denkt gerne über schwere Krankheiten oder Unfälle nach. Daher wird das Thema mit zunehmendem Alter vielleicht ab und zu kurz gestreift, dann aber wieder auf Eis gelegt. Fehlen im Ernstfall jedoch wichtige Verfügungen und Vollmachten, kann dies verheerende Folgen haben. Was nützt mir zum Beispiel die beste Geldanlage, wenn ich selbst nicht darüber verfügen kann und meine Wünsche, wie darüber verfügt werden soll, nicht berücksichtigt werden? Berater sollten ihre Kunden auch darauf aufmerksam machen, dass sie existenzielle Entscheidungen wie das Abschalten einer lebenserhaltenden Maschine anderen Menschen überlassen, wenn sie keine entsprechende Vorsorge treffen. Solche Entscheidungen wollen die meisten ihren Nächsten nicht zumuten, daher sind sie gesprächsbereit, wenn sie auf die Problematik hingewiesen werden.

Mehr als auf das Thema hinweisen können Berater und Vermittler aber auch nicht, oder? Andernfalls überschreiten sie schnell die Schwelle zur Rechtsberatung.

Blümer: Es stimmt, Finanzberater und Versicherungsvermittler dürfen natürlich keine rechtliche oder steuerliche Beratung erbringen. Es ist ihnen untersagt, Vollmachten oder Verfügungen selbst zu erstellen und Dienstleistungen dieser Art etwa auch noch in Rechnung zu stellen. Sie können aber mit Anwälten und Notaren kooperieren, die die Schriftstücke aufsetzen. Das ist natürlich möglich.

Daran verdienen dann aber die Rechtsexperten, nicht die Berater. Können sie sich über Verfügungen und Vollmachten denn überhaupt ein neues Geschäftsfeld erschließen? 

Blümer: Vorsorgevollmachten und Patientenverfügungen sind kein Geschäftsfeld, sondern vielmehr ein Thema, das für uns einfach zu einer ganzheitlichen Beratung dazugehört. Sie sind auch für junge Leute wichtig, das gilt umso mehr, wenn sie minderjährige Kinder haben. Über Vollmachten und Verfügungen zu sprechen, ist zwar mitunter etwas heikel. Diese Themen in einem vertrauensvollen Rahmen anzusprechen stärkt jedoch die Kundenbeziehung und kann ein Einstieg in eine generationenübergreifende Beratung sein. Werden auch Ehepartner, Kinder oder andere Familienangehörige in die Gespräche einbezogen, können Berater vielleicht sogar neue Kunden gewinnen.

Bei Vorsorgevollmachten, Sorgerechts- und Patientenverfügungen gibt es einiges zu beachten. Auch wenn Vermittler inhaltlich darüber nicht beraten darf, sollte er mit diesen Themen aber doch vertraut sein, wenn er seine Kunden darauf anspricht, oder nicht?

Blümer: Bei MLP sprechen in der Regel die Ruhestandsplaner ihre Kunden auf Vorsorgevollmachten und Patientenverfügungen an. Sie absolvieren eine Weiterbildung an unserer MLP Corporate University zum "Ruhestandsplaner (CU)" oder ein weitergehendes Zertifikatsstudium in Kooperation mit der Hochschule Kaiserslautern zum "Zertifizierten Spezialisten für Ruhestandsplanung (FH)". Die Ruhestandplaner bekommen bei uns einen Zugang zur Online-Plattform Jura Direkt, um bei Vollmachten und Verfügungen mit Juristen kooperieren zu können.

Vielen Dank für das Gespräch. (am)


Einen ausführlichen Beitrag darüber, warum und wie Berater ihre Kunden auf Patientenverfügungen, Vorsorgevollmachten und Sorgerechtsverfügungen ansprechen sollten, lesen Sie in der Heftausgabe 3/2019 von FONDS professionell, die Ende September erscheint.