Die Analysegesellschaft Morningstar hat ihr Rating für einen Flaggschifffonds der Boutique H2O wegen "äußerst hoher Verluste" ausgesetzt. Die Note für den zuletzt 760 Millionen Euro schweren H2O Allegro werde überprüft, nachdem es dem Fondsmanagement "wiederholt" nicht gelungen sei, "Risiken wirksam zu begrenzen", so die Begründung. Der Fonds hatte im Zuge des massiven, coronavirusbedingten Ausverkaufs an den Börsen allein an einzelnen Handelstagen im März zum Teil weit über 20 Prozent an Wert verloren.

H2O-Manager Bruno Crastes entschuldigte sich in einer Kundenmitteilung für die aufgetürmten Verluste, die besonders seit dem 9. März "erheblich" ausgefallen seien. Die Krise 2020 sei durch mehrere Faktoren zugleich ausgelöst worden. Die Kurse an den Börsen würden stark nach unten wie nach oben pendeln. Das Risikomanagement sei deswegen besonders schwierig gewesen. Die hauseigenen Modelle hätten solche wiederholten Schocks nicht vorhersehen können. Zudem hätten Absicherungsgeschäfte, insbesondere im Devisenbereich, nicht so funktioniert wie gedacht. Zudem versicherte Crastes, dass die Mittelabzüge durch Anleger verhaltener seien als im Sommer 2019.

Zweifel am Risikomanagement
Die zum französischen Fondsanbieter Natixis Investment Managers gehörende Gesellschaft war bereits im Sommer 2019 in den Fokus geraten. Durch einen Artikel in der "Financial Times" war bekannt geworden, dass mehrere H2O-Portfolios in illiquide Anleihen engagiert waren, die dem Umfeld des schillernden Unternehmers Lars Windhorst zuzurechnen sind. Daraufhin zogen Anleger in Summe zeitweilig rund acht Milliarden Euro aus den H2O-Fonds ab.

Damals hatte Morningstar schon einmal das Rating für den Allegro zunächst ausgesetzt und dann auf die Note "Neutral" heruntergestuft. Die neuerliche Aussetzung des Ratings begründet Morningstar-Analyst Matias Möttölä laut "Financial Times" nun damit, dass die jüngsten, herben Verluste weitere Zweifel an der Wirksamkeit des Risikomanagement-Verfahrens wecke. Der Fonds überschreite regelmäßig die im Prospekt festgelegten Schwankungsbreiten. Die jüngste "Entgleisung" sei aber "alarmierend", so Möttölä.

Risiken "signifikant" reduziert
Seit Jahresbeginn steht beim H2O Allegro ein Minus von mehr als 50 Prozent zu Buche. Zum Vergleich: Der Aktienindex MSCI World brach seit Jahresbeginn ebenfalls ein, aber "nur"  um etwas mehr als 20 Prozent. Auch andere Fonds der Gesellschaft verzeichneten zuletzt hohe Verluste. Die Wertentwicklung des H2O Multibonds etwa rutschte seit Jahresbeginn ebenfalls um 50 Prozent ab. In den Vorjahren hatten die Fonds von Crastes den Anlegern wiederum außerordentlich hohe Gewinne beschert.

H2O wiederum betont, dass das Haus über "ein solides Risikomanagement" verfüge sowie Engagements in allen Portfolios des Hauses "signifikant" reduziert habe. Die Risiken müssten mit Blick auf den Anlagehorizont des jeweiligen Fonds betrachtet werden. Dieser betrage beim H2O Allegro drei Jahre, so ein Sprecher des Hauses gegenüber der "Financial Times".

Keine Überraschungen
Die H2O-Muttergesellschaft Natixis hatte nach Bekanntwerden der Windhorst-Investments und den massiven Mittelabzügen im Juni 2019 eine Untersuchung der internen Abläufe und Verfahren eingeleitet. Die französische Gesellschaft will die Ergebnisse der Überprüfung aber nicht öffentlich kundtun.

Andere Fondsanalysten wiederum hatten vergangenen Sommer darauf verwiesen, dass die Investments in illiquide Papiere eigentlich nichts Ungewöhnliches seien. Das Management-Team habe seine Strategie transparent erläutert. Und selbst, wenn einzelne Engagements phasenweise weniger klar dargelegt wurden, sollten solche Positionen keine Überraschung für professionelle Anleger und Finanzberater darstellen. Immerhin sei es deren Aufgabe, den Investmentansatz eines Managers zu bewerten und die jeweiligen Risiken eines Fonds auszuloten. (ert)