Die Meldung vor ein paar Tagen war durchaus überraschend. Die US-Fondsgesellschaft Vanguard stellt ihren digitalen Anlageservice "Vanguard Invest" nach nur knapp zwei Jahren wieder ein. Der auf Indexfonds spezialisierte Asset Manager lieferte auch eine Begründung für das Aus des Robo-Advisors – ein Begriff, den Vanguard selbst immer vermied. "Wir investieren weiterhin in unser Angebot und haben im Zuge dessen unser deutsches Geschäft strategisch überprüft – mit dem Ziel, Anlegern in Deutschland den besten Zugang zu Vanguard-Produkten zu ermöglichen", sagte ein Sprecher. "Gleichzeitig müssten wir noch die notwendige Größe erreichen, um den Vanguard-Invest-Service effizient zu betreiben."

Auch wenn Vanguard sich zurückzieht, es gibt immer noch viele Robos am deutschen Markt (siehe Tabelle unten), die man auf verschiedene Weise systematisieren kann: In Fintechs und Robos, die zu Banken, Asset Managern oder unabhängigen Vermögensverwaltern gehören. Ein anderer Weg ist, sie gemäß dem Vertriebskonzept oder den Zielen einzuteilen, die die Anbieter mit ihrem Robo verfolgen. Fintechs wie Scalable Capital oder Oskar, aber auch Bankentöchter wie Quirion oder Cominvest fokussieren direkt auf Endanleger, die sie übers Internet gewinnen wollen. 

Erweiterung der Wertschöpfungskette
Neben diesen Robos gibt es Angebote von einigen Großbanken und aus dem Sektor der Genossenschaftsbanken (Visualvest von Union Investment) und Sparkassen (Bevestor von der Deka), die als Ergänzung für den stationären Vertrieb gedacht sind – als Erweiterung der Wertschöpfungskette. "Diese Anbieter tun sich oft schwer damit, Kunden mit kleinerem Geldbeutel eine Vermögensverwaltung anzubieten – mit einem Robo, bei dem die Beratung und viele Rückfragen wegfallen, ist es möglich, schon ab 25.000 Euro eine solchen Service anzubieten", so Philipp Bulis, Spezialist für die Finanzbranche bei der Unternehmensberatung Oliver Wyman. Ferner haben auch klassische Vermögensverwalter mit Erlaubnis gemäß Paragraf 15 Wertpapierinstitutsgesetz digitale Angebote für weniger Vermögende. 

Schließlich gibt es noch einen anderen guten Grund, einen Robo zu betreiben: "Einige Gesellschaften bereiten sich schlicht auf wahrscheinliche regulatorische Änderungen vor", so Sebastian Hasenack, Leiter von Solidvest, der Online-Vermögensverwaltung von DJE Kapital. "Die EU-Kommission hat Provisionen den Kampf angesagt, sodass eine Vermögensverwaltung mit Servicegebühren das Modell der Zukunft ist. Falls eines Tages das Provisionsverbot kommt, können sie direkt auf ein entsprechendes Angebot zurückgreifen." Daher ist die Vermögensverwaltung für Hasenack auch das Anlagevehikel der Zukunft – natürlich in digitalisierter Form. (jb)


Einen ausführlichen Artikel ("Kein automatischer Erfolg") über den Markt der Online-Vermögensverwalter in Deutschland finden interessierte Leser in der Ausgabe 3/2023 von FONDS professionell. Angemeldete Nutzer können den Beitrag auch hier im E-Magazin lesen.