Das Oberlandesgericht (OLG) Dresden hat in einem Urteil vom 26. April 2024 (Az. 3 U 79/23) die Rechte von Versicherungsmaklern und Versicherungsmaklerinnen gestärkt und entschieden, dass diese ohne besondere Umstände nicht verpflichtet sind, ihren Kunden zum Abschluss einer Risikolebensversicherung zu raten. Der Fall betraf eine Klägerin, die ihren Versicherungsmakler verklagt hatte, weil ihr verstorbener Ehemann keine ausreichende Absicherung im Todesfall hatte, wie Rechtsanwalt Tobias Strübing von der Kanzlei Wirth Rechtsanwälte berichtet. Sie forderte von diesem nun Schadensersatz in Höhe von 500.000 Euro.

Ausgangspunkt des Rechtsstreites war dem Juristen zufolge ein gemeinsames Beratungsgespräch zwischen dem Beklagten, der Klägerin und deren verstorbenem Ehemann. Gegenstand dieses Beratungsgespräches waren neben einer Unfall- und Rentenabsicherung auch eine Risikolebensversicherung für den verstorbenen Ehemann. Was zu der Risikolebensversicherung besprochen wurde, blieb zwischen den Streitenden streitig. Während der Beklagte meinte, diese empfohlen zu haben, was aber sofort "abgeblockt" worden sein soll, meinte die Klägerin, dass es ein hohes Interesse an dem Abschluss einer solchen Versicherung gegeben habe. In jedem Fall wurde das Beratungsgespräch durch den verklagten Versicherungsmakler nicht dokumentiert, betont Strübing.

OLG: Keine Pflicht des Maklers zu Hinweis auf Risikolebensversicherungen
Während das Landgericht der Klage noch überwiegend stattgab, stellte das OLG Dresden klar, dass die Absicherung von Todesfallrisiken im Privatkundengeschäft in erster Linie auf subjektiven Vorstellungen des Versicherungsnehmers beruht und keine Pflicht des Maklers besteht, standardmäßig auf eine Risikolebensversicherung hinzuweisen. Eine Pflicht zum Anraten einer solchen Versicherung kann nur in Ausnahmefällen bestehen, etwa wenn eine besondere Gefährdung vorliegt, was im vorliegenden Fall nicht gegeben war. 

Zwar sei der verstorbene Ehemann der Hauptverdiener gewesen, allerdings bestand kein mit einem Darlehen belastetes Eigenheim, er sei auch nicht besonders gefährdet gewesen, und die Klägerin war selbst Akademikerin. Sie hätte im ohnehin auch unwahrscheinlichen Todesfall ihres Mannes zumindest mittelfristig wieder arbeiten und für den Lebensunterhalt sorgen können. Das darüber hinaus der verstorbene Ehemann oder die Klägerin einen klaren Absicherungswunsch geäußert hätten, konnte das OLG Dresden auch nicht feststellen. Da es sich nach Auffassung des OLG Dresden bei einer Risikolebensversicherung um keine besonders schwierige Versicherung handelt, wäre dann auch ein Abschluss zu erwarten gewesen.

Keine automatische Beweislastumkehr
Weiterhin betonte das Gericht, dass das Fehlen einer Beratungsdokumentation zwar Beweiserleichterungen für den Versicherungsnehmer nach sich ziehen kann, dies jedoch nicht automatisch zu einer Beweislastumkehr führt. Laut dem OLG Dresden kann sich die Beweislastumkehr nur auf solche Umstände beziehen, die streitig sind und die hätten dokumentiert werden müssen. Diese Voraussetzungen lagen nicht vor. Das OLG Dresden äußerte ebenfalls Bedenken, dass eine "generelle" Beweislastumkehr zu einer "uferlosen" Haftung des Versicherungsmaklers führen würde, der dann praktisch schutzlos dastünde. 

Damit musste die Klägerin nachweisen, dass der Makler eine falsche oder unzureichende Beratung durchgeführt hatte, was ihr jedoch nicht gelang. Aus diesem Grund hat das OLG Dresden sodann die Klage abgewiesen. "Mit diesem Urteil stellt das OLG Dresden zwar Grenzen der Beratungspflicht von Versicherungsmaklern klar und betont die Verantwortung der Kunden, auch selbst über ihre Absicherungsbedürfnisse zu entscheiden", kommentiert Strübing. Es zeige aber auch, wie schnell Haftung entstehen kann und welche Bedeutung die gesetzlich verpflichtende Beratungsdokumentation hat. "Versicherungsmaklern und Versicherungsmaklerinnen können wir trotz des positiven Urteils weiterhin nur raten, auch die Motive zu dokumentieren, weswegen ein bestimmter vom Vermittler empfohlener Versicherungsschutz abgelehnt wurde." (jb)