Der Einmarsch russischer Truppen in die Ukraine hat bei den meisten Fondsplattformen weder zu einem Abverkauf noch zu verstärkten Opportunitätskäufen von Investmentfonds geführt. Das Handelsvolumen und die Zahl der Transaktionen stiegen bei den depotführenden Banken, die mit gewerblichen Finanzberatern kooperieren, in den Tagen nach Kriegsbeginn nicht merklich – bis auf eine Ausnahme. Viele Vermittler raten ihren Kunden offensichtlich, zunächst einmal abzuwarten. Selbstentscheider dagegen haben durchaus reagiert. Das geht aus einer Umfrage hervor, für die sich FONDS professionell ONLINE bei den Depotbanken Comdirect, DAB BNP Paribas, Ebase, FFB, Fondsdepot Bank und Moventum umhörte.

Ebase ist die genannte Ausnahme: "Das Handelsvolumen hat merklich zugenommen", teilt ein Sprecher der Gesellschaft mit, schränkt aber direkt ein, dass man weit entfernt sei von Niveaus wie beispielsweise beim Corona-Crash Anfang 2020. Die Fondsplattform, zu der seit vergangenem Jahr auch das B2B-Wertpapiergeschäft der Augsburger Aktienbank gehört, meldet für die Tage nach der Invasion am 24. Februar zudem Umschichtungen: Rentenfonds seien sehr gefragt gewesen, Aktienfonds dagegen seien unterm Strich abgestoßen worden. Es habe sich aber nicht um eine massive Verkaufswelle bei Aktienfonds gehandelt, so der Firmensprecher weiter.

"Keine ungewöhnliche Häufung von Aufträgen im Handel"
Die Fondsdepot Bank, die FFB und Moventum dagegen verzeichneten nach der Invasion keine ungewöhnlichen Handelsaktivitäten. "Bisher haben wir keine großen Veränderungen beim Handelsaufkommen mit Fonds bei der FFB festgestellt", teilt Jan Schepanek mit, Head of Personal Investing & Advisory Germany der Fidelity-Fondsbank. "Bislang sehen wir keine ungewöhnliche Häufung von Aufträgen im Handel", pflichtet ihm Moventum-Vertriebschef Andreas Pál bei. Er ergänzt, sein Haus habe auch keine Umschichtungen im großen Stil beobachtet, etwa von risikoreicheren Aktien- in risikoärmere Rentenfonds. 

Die DAB nannte keine Zahlen in Bezug auf Depots, die von gewerblichen Finanzberatern betreut werden. Zu den Depots, für die unabhängige Vermögensverwalter verantwortlich zeichnen, äußerte sie sich jedoch. Demnach gab es am 24. Februar tatsächlich deutlich mehr Verkaufsorders – vor allem für ETFs. Aktien seien ebenfalls veräußert worden, aktiv gemanagte Fonds dagegen "unterproportional".

Direktbank meldet sprunghaften Orderanstieg
Das deckt sich in Teilen mit Angaben der Comdirect, die für FONDS professionell ONLINE die Zahl der Handelsorders ausgewertet hat. Am 24. Februar seien, immer im Verglich zu den Mittelwerten vom Januar, die Fondsorders um 54 Prozent, ETF-Trades um 190 Prozent und Aktien-Trades um 110 Prozent gestiegen. Dabei seien Fonds vor allem verkauft worden. An den beiden Handelstagen danach, dem 25. und dem 28. Februar, hatte sich die Lage aber wieder merklich beruhigt: der Fondshandel lag nur zwei Prozent über dem Januar-Durchschnitt, der ETF-Handel um 25 Prozent.

Die Comdirect-Auswertung bezieht sich allerdings auf alle Kundengruppen, also nicht nur das Geschäft mit Finanzberatern, sondern auch auf das Segment der sogenannten Selbstentscheider. Die Vermutung liegt nahe, dass insbesondere diese Comdirect-Kunden, die bei ihren Anlageentscheidungen auf professionellen Rat verzichten, nach dem Ausbruch des Krieges vermehrt Wertpapiere gehandelt haben. (jb)