Der jüngst veröffentlichte Referentenentwurf für das nationale Umsetzungsgesetz der EU-Versicherungsvertriebsrichtlinie IDD enthält einige faustdicke Überraschungen. So soll das zu Mitte 2017 fallende Provisionsabgabeverbot erhalten bleiben und die Honorarberatung im Versicherungsbereich durch die Einführung des "Honorar-Versicherungsberaters" gestärkt werden (FONDS professionell ONLINE berichtete). Die Branche hat in Form von zwei Vermittlerverbänden und der Dachorganisation der Versicherer auf den Text umgehend reagiert – zumeist positiv.

Der Bundesverband Deutscher Versicherungskaufleute (BVK) etwa begrüßt den Fortbestand des Abgabeverbots. "Nur dank Provisionen können hunderttausende Versicherungskaufleute ihre Kunden qualifiziert und anspruchsvoll beraten und ihnen den für sie angemessenen Versicherungsschutz vermitteln", so BVK-Präsident Michael H. Heinz. "Dank des Gesetzgebers wird nun ein ruinöser Wettbewerb zwischen den Vermittlern um die höchste Rabattierung gegenüber den Kunden verhindert."

Der Vermittlerverband freut sich auch, dass das federführende Bundeswirtschaftsministerium die neuen gesetzlichen Bestimmungen auf den Direkt- und Internetvertrieb inklusive Vergleichsportale ausweitet, wie es in der IDD vorgesehen ist. "Damit ist eine Gleichbehandlung aller Vertriebswege gewährleistet, und der Online-Vertrieb muss künftig dieselben Beratungs- und Dokumentationspflichten erfüllen wie der stationäre Vertrieb über Versicherungskaufleute." Zudem wird begrüßt, dass trotz kleinerer Ausnahmen grundsätzlich kein Vertrieb ohne Beratung erlaubt ist.

GDV kritisiert EU-Versicherungsaufsicht
Der Gesamtverband der Deutschen Versicherungswirtschaft (GDV) pflichtet dem BVK in Bezug auf den Fortbestand des Provisionsabgabeverbotes bei. "Der Gesetzentwurf ist ein wichtiger Meilenstein für Verbraucher, Vermittler und Versicherer", sagte Axel Wehling, Mitglied der GDV-Geschäftsführung. Hervorzuheben sei die vorgesehene Verankerung des Provisionsabgabeverbots. Das Verbot stelle damit sicher, dass auch künftig die langfristigen Bedürfnisse des Kunden im Mittelpunkt des Beratungsgesprächs stehen, nicht mögliche kurzfristige finanzielle Vorteile durch die Beteiligung an Provisionszahlungen.

Positiv wertet der GDV die enge Orientierung des Gesetzentwurfs am europäischen Richtlinientext. Dies sollte auch das Leitmotiv für die Ausarbeitung der detaillierten Umsetzungsregelungen ("Delegated Acts") durch die europäische Aufsichtsbehörde Eiopa sein. Der GDV kritisiert die Behörde, dass deren bislang veröffentlichte Vorschläge in die entgegen gesetzte Richtung weisen: Eine Umsetzung der "Delegated Acts" liefe auf ein faktisches Verbot provisionsbasierter Beratung durch die Hintertür hinaus, obwohl die Richtlinie selbst die Provisionsvergütung ausdrücklich zulasse.

VDVM bezieht Stellung gegen Honorar-Versicherungsberater
Am schnellsten mit einem Statement war aber vermutlich der Verband Deutscher Versicherungsmakler (VDVM). Er kritisiert in einer Stellungnahme die geplante Einführung des Honorar-Versicherungsberaters. "Der erste Fehler beim Honorar-Versicherungsberater wird bereits im Keim angelegt, weil der Begriff Honorar überhaupt nicht genau definiert ist. Darunter würde natürlich auch die erfolgsabhängige Vergütung des Honorar-Versicherungsberaters fallen", so der VDVM (Lesen in diesem Zusammenhang auch den Kommentar "'Honorar-Verbot' für Makler: Ein Irrweg" von FONDS professionell-Chefredakteur Bernd Mikosch).

Der Maklerverband beanstandet auch, dass die Schaffung eines Honorar-Versicherungsberaters in das Wettbewerbsrecht der Vermittler und Versicherer eingreife. "So unterliegen die Honorar-Versicherungsberater bei der Beratung und Vermittlung von Lebensversicherungen keiner fünfjährigen Stornohaftzeit wie Versicherungsvermittler! Warum nicht? Lassen sich Kunden, die von Honorar-Versicherungsberatern betreut werden, etwa nicht nach drei Jahren scheiden und stornieren ihren Versicherungsvertrag? Bei der entstehenden Schieflage ist zu befürchten, dass eine Vielzahl von Versicherungsvermittlern sich als Honorar-Versicherungsberater zulassen wird, um die Stornohaftzeit und vor allem die Absenkung der Abschlussprovision bzw. -courtage zu umgehen", schreibt der VDVM und fordert: "Same playground, same rules!" (jb)