Provisionsverbot: Sparer mit schmalem Geldbeutel würden benachteiligt
Die Grünen und Teile der SPD machen sich dafür stark, die provisionsbasierte Anlageberatung zu untersagen. Doch das wäre keine gute Idee. Zu diesem Ergebnis kommt zumindest eine aktuelle Untersuchung der Beratungsgesellschaft KPMG.
Das Thema Provisionsverbot in der Anlageberatung rückt erneut aufs politische Tapet. Die Grünen und Teile der SPD wollen sich langfristig für die Abschaffung der provisionsbasierten Beratung einsetzen, die FDP hingegen möchte das Modell beibehalten. Das wäre auch die bessere Variante. Zu diesem Ergebnis kommt zumindest eine am Mittwoch (17.11.) veröffentlichte Studie, welche die Beratungsgesellschaft KPMG im Auftrag der Deutschen Kreditwirtschaft (DK), des deutschen Fondsverbands BVI sowie des Deutschen Derivate Verbands (DDV) erstellt hat (lesen Sie hierzu den Kommentar von FONDS professionell-Chefredakteur Bernd Mikosch).
Ein kompletter Wechsel zur Honorarberatung, wie ihn derzeit auch die Verbraucherschützer fordern, würde breite Bevölkerungskreise gravierend benachteiligen, schreiben die Autoren der Studie. Vor allem Verbraucher mit geringen und mittleren Anlagebeträgen würden dadurch von der Beratung abgeschnitten, da sie zu teuer wäre. DK, BVI und DDV fordern daher, dass Anleger weiterhin die freie Wahl zwischen Provisions- und Honorarberatung haben sollen.
Honorarmodell bei kleineren Anlagebeträgen teurer
Die KPMG-Experten haben die beiden Beratungsmodelle verglichen und dabei festgestellt, dass die Honorar-Variante bis zu einem Anlagebetrag von 25.000 Euro teurer ist als die provisionsbasierte Beratung. Dabei hat KPMG einen Stundensatz von 180 Euro unterstellt. Ausgehend vom Median des Finanzvermögens deutscher Haushalte von 16.900 Euro lägen die Kosten für die Honorarberatung um 50 Prozent höher, so das Ergebnis.
Nach Angaben von KPMG prägen aber Sparer mit kleinerem Geldbeutel den Markt. So wird über die Hälfte (55 Prozent) der Wertpapiersparpläne mit maximal 100 Euro pro Monat bespart, bei über einem Viertel (28 Prozent) liegt der monatliche Sparbetrag unter 50 Euro. Deutsche Banken und Sparkassen, die viele dieser Verbraucher beraten, könnten ihr Angebot nicht mehr aufrechterhalten, wenn Provisionen in der Anlageberatung verboten würden, so ein Ergebnis der KPMG-Studie.
Weniger oder keine Beratung
Zudem kommt die Untersuchung zu dem Resultat, dass die meisten Verbraucher (74 Prozent) nicht bereit seien, für eine Beratung ein gesondertes Honorar zu bezahlen. Im Falle eines Provisionsverbots bliebe zahlreichen Verbrauchern daher nur der Ausweg, weniger oder keine Beratung mehr in Anspruch zu nehmen.
Die Studie verweist auch auf "Feldversuche" im Ausland. Welche Auswirkungen eine ausschließliche Honorarberatung hat, zeige ein Blick in das Vereinigte Königreich, wo Provisionen 2013 verboten wurden. Studien der englischen Finanzaufsicht FCA zeigten, dass sich der Beratungsmarkt klar an höheren Vermögen – meist mindestens 60.000 Euro – ausrichte. Vor allem Sparer mit geringen oder mittleren Anlagebeträgen könnten oder wollten sich eine Beratung nicht mehr leisten.
"Völlig inakzeptabel"
Ein Blick nach England sollte die deutsche Politik vor einem Provisionsverbot warnen, findet BVI-Hauptgeschäftsführer Thomas Richter. "Denn dort sind zwischenzeitlich breite Kreise der Bevölkerung von der Beratung abgeschnitten", sagt er. Als "völlig inakzeptabel" sieht er ein Provisionsverbot nur für Wertpapiere. "Diesen Vorteil würde die Versicherungsbranche sofort nutzen, um teure Versicherungspolicen aufzulegen und über die bestehenden Kanäle weiter zu vertreiben", so Richter. "Das schadet dem Verbraucherschutz, weil es den Wettbewerb zwischen Wertpapieren und Versicherungen massiv verzerrt." (am)
Kommentare
Nie zu schmal: Der Geldbeutel des prämienberatenen Kleinanlegers
AntwortenSchon bei € 5.000,- Anlagevolumen für einen Investmentfonds wären die bei einer echten Beratung, selbst wenn sie (einschließlich ausgiebigem Smalltalk) wirklich eine Stunde dauern müsste, eingesparten 5 % sogenannter Ausgabeaufschlag bei einem Tarif von € 180,- ein gutes Geschäft. Erführe man dank einer allein am Anlegerinteresse ausgerichteten Empfehlung dann noch, dass die Profis auch die Finanzierung der Bestandsprovisionen einsparen, würde man bei darauf ausgelegten Depotstellen als wirklich gut beratener Kleinanleger Konditionen wie institutionelle Investoren finden. Dann wäre mehr Solidarität auch mit schmalen Beuteln.
Finanzanwalt am 18.11.21 um 18:13AW: Nie zu schmal: Der Geldbeutel des prämienberatenen Kleinanlegers
AntwortenSehr interessant, wie sie auf 1 Stunde Beratung kommen. Ich führe drei Gespräche, dazu die Hintergrundarbeiten wie die Erstellung eines umfangreichen und komplexen Depot-Vorschlages und komme pro Kunde je nach Volumen, Zielen und Wünschen, Vorwissen und Komplexität auf 8-15 Stunden Arbeitsaufwand. Ich mag ja, was meine Beratung und Aufklärung und so weiter angeht eine positive Ausnahme sein, aber Sie können sich ja dann gerne einmal den Stundenlohn ausrechnen bei Ausgabeaufgeldern beziehungsweise andersherum, was das den Kunden kosten würde, wenn ich 180 € pro Stunde in Rechnung stellen würde. Ich kenne jedenfalls in meiner Kundschaft niemanden, der bereit wäre das in dieser Art zu bezahlen.
schutzwürdig am 19.11.21 um 12:43AW: Nie zu schmal: Der Geldbeutel des prämienberatenen Kleinanlegers
AntwortenAngenommen: Ein Kunde zahlt seinem - Kommentierende ausgenommen - freundschaftlichen Berater gefühlt "nichts" und legt dann für die nächsten sieben Jahre € 50.000,- an. Gegen 5 % Abschlussprämie gleich und (nach der hier erwähnten Studie Efama) durchschnittlich 0,64 % Bestandsprovision p. a.. Macht bei vollen 15 Stunden Beratung einen Stundensatz von € 315,-. Für den Kunden bleibt eine bescheidenere Rendite, als für den Profi. Weil ihm die Vertriebskosten aus dem Sondervermögen abgezogen werden. Was sich die Institutionellen erfolgreich verbitten. Wäre das Ergebnis einer Beratung nur im Kundeninteresse?
Finanzanwalt am 19.11.21 um 13:57AW: Nie zu schmal: Der Geldbeutel des prämienberatenen Kleinanlegers
AntwortenLeider schon wieder falsch gedacht: der Profi benötigt keine Beratung, der Laie schon! Sie können doch einen Privatanleger nicht mit einem institutionellen Anleger vergleichen. Und, was Sie natürlich nicht wissen konnten: ich erstelle für jeden Kunden einzeln einen monatlichen Depotreport, Monat für Monat, informieren bei Sondersituationen (beispielsweise während der Coronakrise täglich), für regelmäßige Gespräche im Taktungswunsch der Kunden (manche Kunden wollen wöchentlich, andere vierteljährlich andere vielleicht nur einmal im Jahr ein persönliches Gespräch führen), und so weiter und sofort. Keine dieser Tätigkeiten wird bei der Provisionsberatung in Rechnung gestellt, rechnen Sie das doch gerne mal auf fünf oder zehn Jahre hoch! Da kommen Sie sehr schnell auf ganz andere, viel geringere Stundensätze. Damit werde ich nicht reich, aber imich erfüllt meine Tätigkeit mit Stolz. Wie gesagt, man muss halt wissen wovon man spricht, bevor man etwas beurteilt… und ebenfalls noch einmal: bei mir hat jeder Kunde die Wahl zwischen einer Servicegebühr oder Ausgabeaufgeldern! Die letzten beiden Absätze dieses gerade von mir gelesenen Artikels geben gut wieder, worauf es ankommt: https://www.onvista.de/news/onvista-boersenfuchs-wenn-es-10-nach-12-ist-496287573
schutzwürdig am 19.11.21 um 17:13AW: Nie zu schmal: Der Geldbeutel des prämienberatenen Kleinanlegers
AntwortenBekanntlich bezahlt auch der Profi für das erforderliche Know - how. Entweder für Beratung von außen gegen Honorar. Oder für angestellte Fachleute, die ein Gehalt beziehen. Er schmeißt das Geld nur nicht für Vertriebskosten von Fondsverwaltungen hinaus. Würde der Privatanleger auch nicht tun, wenn Transparenz Wissensvermittlung wäre und nicht nur ein formaler Aspekt. Als großzügiges Entgegenkommen bisheriger Gesetzgeber und Umverteilung von unten vom Kleinanleger nach oben zum Finanzdienstleister.
Finanzanwalt am 19.11.21 um 18:25AW: Nie zu schmal: Der Geldbeutel des prämienberatenen Kleinanlegers
AntwortenSchon interessant wie flexibel die Beispiele gestaltet werden um die eigene, nicht praxisnahe, Meinung durchzusetzen. Die Argumentation begann bei einem Kleinanleger der 5.000 € anlegen will. Dieser Anleger mit dem schmalen Geldbeutel schafft es dann in sieben Jahren 50.000 € angelegt zu haben. Also 7.142 € jahresdurchschnittlich oder monatlich 595 €. Zunächst bliebe festzuhalten, dass bei dieser Verhaltensweise jegliche Diskussion um die Altersversorgung für Menschen mit kleinen Einkommen sofort gänzlich entfallen würde, weil es nur noch wohlhabende Altersrentner gäbe. Tatsächlich jedoch hat der Kleinanleger selten ausreichend Liquidität um 5000 € mittel-/langfristig anlegen zu können. Also reden wir doch viel wahrscheinlicher über kleine Beträge u.U. sogar nur über kleine Sparbeträge. Die Anlagevehikel sind deshalb jedoch nicht weniger erklärungsbedürftig. Der Kleinanleger weiß i.d.R. noch nicht einmal wie ein Fonds funktioniert. Der Finanzberater macht sehr häufig Grundausbildung, welche in der Schule unterbleibt. Der Finanzanwalt möge doch einfach mal für eine gewisse Zeit die Tätigkeit des Finanzberaters übernehmen. Zumindest jedoch solange um festzustellen, dass auch Sparraten schnell wieder ausgesetzt werden können. Was soll diese reine theoretische Diskussion vom Bürostuhl aus.
bernhard.stern@sternass.de am 24.11.21 um 13:19AW: ... Der Geldbeutel ...
AntwortenBei kleinen Anlagebeträgen gibt sich der Prämienberater mit einem bescheidenen Aufschlag von 5 % zufrieden. Auch wenn diese Provision erheblich geringer sein soll, als die Abrechnung derselben Mühen nach Stundensätzen angeblich kosten müsste. Als Honorarberater jedoch soll stets der volle Kurs zu beanspruchen sein und keine Reduzierung bei bescheidenen Kundenvolumina akzeptiert werden können. Als würde ein Honorarberater einen Anleger mit schmalem Geldbeutel grundsätzlich nicht für den selben Geldbetrag beraten können, für den er ihm die selbe Anlage (mit angeblich mindestens dem gleichen "Beratungs" - Aufwand!) gegen Provision ohne Murren vermitteln würde. Weil er nämlich als (Provisions)Vermittler entweder auch bei Kleinanlegern im Wortsinne gleichwohl auf seine Kosten käme, - wie auch als keinen höheren Aufwand betreibender (Honorar)Berater. Oder, wenn er "solidarisch zuzahlte", ihn das - so ist die Argumentation - jedenfalls als Prämienberater nicht abschrecken würde. Warum dann als Honorarberater? Fazit: Nicht die Honorarberatung als solche macht den Unterschied aus. Sondern der volumenbezogen niedrigere argumentative Ansatz der Vermittlerprovisionen gegenüber dem Beraterhonorar, - statt, wie es angebracht wäre, umgekehrt. Denn ein Beraterhonorar wäre selbst bei vergleichbarer Ertragserwartung, wie bei einem "Vermittlerlohn" , und angesichts des angeblich identischen zu kalkulierenden Aufwands für angeblich den gleichen Beratungsinhalt, tatsächlich keineswegs höher anzusetzen, wie es ein ebenfalls mit Erwerbsinteresse handelnder Vermittler hinsichtlich seiner Prämienerwartungen täte. Mit vermeintlichen ("solidarischen") Zugeständnissen bei Provisionsberatung zu argumentieren, diese bei der Honorarberatung aber ohne sachliche Rechtfertigung grundsätzlich auszuschließen, lässt sich nicht mit systemischen Nachteilen der Honorarberatung für Kleinanleger rechtfertigen.
Finanzanwalt am 24.11.21 um 23:23AW: Nie zu schmal: Der Geldbeutel des prämienberatenen Kleinanlegers
Antworten„Er“ kann vermutlich einfach nicht anders und kommt nicht aus seinen Denkfallen heraus…
schutzwürdig am 24.11.21 um 23:38