Das Geschäft mit börsengehandelten Indexfonds (ETFs) wird durch das zunehmende Interesse von Privatanlegern beflügelt werden. "Ich erwarte, dass das Retailgeschäft einen weiteren Schub bringen wird", sagte Caroline Baron, Leiterin des ETF-Vertriebs in Europa, Nahost und Afrika (EMEA) der Fondsgesellschaft Franklin Templeton, im Gespräch mit FONDS professionell. Insbesondere in Deutschland habe dieses Feld an Fahrt gewonnen. "Deutschland kann sich zu einem Vorbild für andere Länder entwickeln", ergänzte Baron. "Der Appetit auf ETFs wächst."

Der einst vorwiegend aktive Asset Manager aus dem kalifornischen San Mateo war vor mehr als fünf Jahren ins Terrain der ETFs vorgestoßen. "Das Geschäft bauten wir vom Reißbrett aus völlig neu auf", berichtet Baron. "Wir bauten zunächst das Team und die Infrastruktur auf", so die Vertriebsleiterin. "Dies benötigte zwar eine gewisse Anlaufzeit. Letztendlich war der Schritt jedoch von Erfolg gekrönt." Das Haus ergänzte neue Kompetenzen und gewann Mitarbeiter hinzu. Zuletzt benannte das Haus seine Plattform um.

"ETFs spielen eine Schlüsselrolle"
"Im Laufe der Zeit nahmen die Kunden Franklin Templeton als ETF-Anbieter wahr", führt die Vertriebsleiterin aus. Weltweit erreicht das Haus mit seinen ETFs ein Volumen von zwölf Milliarden US-Dollar. "Dies wollen wir auf 50 Milliarden Dollar in den nächsten fünf Jahren steigern", so Baron. "ETFs spielen eine Schlüsselrolle in der Strategie von Franklin Templeton." Zum Vergleich: Die ETF-Sparte iShares des Branchenprimus Blackrock verwaltete per Ende September 2022 2,6 Billionen US-Dollar.

Franklin Templeton konzentriert sich angesichts des weitgehend aufgeteilten Marktes auf bestimmte Nischen. Eine davon sind Indizes, die nicht nach Marktkapitalisierung, sondern nach alternativen Maßstäben gewichtet sind, sogenannte Smart-Beta-Anstäze. "Smart Beta stellt eine gute Option für Kunden dar, auf den Wellen der Märkte mitzureiten, zugleich aber die Risiken abzuschwächen", meint Baron. "Smart Beta kann noch sehr viel mehr geben." Immer mehr Akteure würden es nutzen, um ihre Strategien zu ergänzen.

Anleihen als undurchsichtige Welt
Besonderes Potenzial sieht die Marktkennerin bei Renten-ETFs mit Komponenten des aktiven Managements. "Investoren standen bei Anleihen vor einer undurchsichtigen Welt", erläutert Baron. "ETFs halfen, diesen Schleier etwas zu lüften." Um die an herkömmlichen Indizes orientierten Anleihen-ETFs rankt sich Kritik wegen der Ungleichgewichte und der nicht so cleveren Auswahl. "Aktive Anleihen-ETFs können hingegen bessere Ergebnisse für Kunden erzielen, da sie gegenüber den nach Marktkapitalisierung gewichteten Indizes mehr Flexibilität bieten können."


Wie sich das ETF-Geschäft weiterer Fondshäuser mit aktiver Tradition entwickelte, lesen Sie in der FONDS professionell-Ausgabe 4/2022. Angemeldete Nutzer finden den Artikel auch hier im E-Magazin.


Aber auch bei herkömmlichen Indexfolgern sieht das Haus unbesetzte Bereiche. "Trotz des Wachstums der Branche bleiben immer noch Felder, die noch gar nicht so gut abgedeckt oder bei denen die ETFs recht teuer sind", berichtet Baron. "Ein Beispiel sind Schwellenländer. Diese zählten stets zu den Stärken von Franklin Templeton." Daher decke das Haus diese Nischen mit klassischen Index-ETFs ab.

"US-Markt in mancherlei Hinsicht etwas einfacher"
Als weiteres Wachstumsfeld sieht Baron nachhaltige Investments. "ESG ist mehr als nur ein Trend. Es ist die neue Art und Weise des Investierens", so die Franklin-Templeton-Managerin. "Dies eröffnet weiteren Raum für Innovationen." Ein weiteres Feld seien Modellportfolios. "Bislang liefern ETFs häufig nur einzelne Bausteine für ein Portfolio", erläutert die Vertriebsleiterin. "Die Entwicklung von Gesamtlösungen für die Komposition eines Portfolios wird an Bedeutung gewinnen, insbesondere bei Retailkunden."

Gleichwohl sei der ETF-Vertrieb an Privatanleger in Europa schwieriger als etwa in Nordamerika, räumt Baron ein. "Gewiss hatte es der US-Markt in mancherlei Hinsicht etwas einfacher", führt die Managerin aus. "Europäische Investoren sind in Finanzfragen nicht ganz so erfahren wie amerikanische, da sie sich nicht so ausführlich um eine kapitalmarktbezogene Altersvorsorge kümmern müssen." Aber auch in Europa nehme die Zahl der unabhängigen Berater zu. "Die ETF-Anbieter passen sich an die Gegebenheiten des europäischen Marktes an."

"Am Beginn eines Boom-Marktes"
Das Wachstum bei ETFs sieht Baron generell noch lange nicht ausgeschöpft. "Wir stehen immer noch am Beginn eines Boom-Marktes", so die Franklin-Templeton-Expertin. "Neue Akteure werden eintreten und neue Produkte und Ideen aufkommen." ETFs würden immer noch lediglich zehn Prozent des Investmentfondsmarkts ausmachen. "Das ist ein Wassertropfen im Ozean", meint Baron. "ETFs trotzten Pandemie und Krieg." Sie hätten sich als solide Vehikel erwiesen und konnten alle Bedenken, etwa mit Blick auf die Liquidität, ausräumen. (ert)