Wer ist heute schon alt? Laut einer Umfrage von UBS hat die gestiegene Lebenswartung zu einem grundsätzlichen Wandel in der Wahrnehmung des Alters geführt. Heute betrachten sich deutsche Anleger bis zum 70. Lebensjahr nicht als "alt". Doch diese positive Entwicklung hat auch einen Nachteil: Viele Menschen erkennen im Alter von 20 bis 39 Jahren noch nicht die Notwendigkeit, bereits für ihre Rente vorzusorgen.

Im Durchschnitt beginnen viele Menschen erst ab 40 Jahren, sich mit dem Thema Vorsorgeplanung zu beschäftigen, zeigt die globale Umfrage der Schweizer Großbank, für die bis Mitte Februar alleine in Deutschland 451 Anleger mit mindestens 250.000 US-Dollar an investierbarem Vermögen interviewt wurden.

Dabei treibt die Vorsorger vor allem die Befürchtung um, ihren aktuellen Lebensstandard im Ruhestand nicht halten zu können. Professionelle Ruhestandsplaner können hier wertvolle Orientierung bieten, müssen zunächst aber viel Überzeugungsarbeit leisten. Denn: Bei den sogenannten Millennials ist eine "Do it yourself"-Mentalität typisch. Sie recherchieren zunächst selbst, bevor sie professionellen Rat suchen. Bei ihrer Recherche dominiert das persönliche und familiäre Umfeld: So sprechen Millennials meist mit ihrem Ehepartner, ihren Eltern oder Freunden, bevor sie einen Finanzexperten in Betracht ziehen.

Vermögende planen "Unruhestand"
Was die Lebensarbeitszeit betrifft, fördert die UBS-Ausarbeitung Erstaunliches zutage. "Interessant ist, dass Menschen mit höherem Vermögen eher geneigt sind, weiter arbeiten zu wollen", sagt Gerit Heinz, Chefanlagestratege der UBS Deutschland AG.

Weniger als ein Drittel der befragten Anleger (30 Prozent) mit einem Vermögen von bis zu 450.000 Euro gehen davon aus, dass sie auch mit 65 Jahren noch arbeiten werden. Mit zunehmendem Vermögen steigt hingegen die Bereitschaft, länger zu arbeiten: Bei einem Vermögen von 1,8 Millionen Euro sagen 39 Prozent, sie würden auch im Alter von 65 Jahren noch im Job stehen, bei einem Vermögen von 4,5 Millionen Euro trifft dies auf 58 Prozent und bei Mitteln in Höhe von bis zu 9,5 Millionen Euro sogar auf 64 Prozent der Befragten zu. "Hier spiegelt sich wohl die Sorge, im Ruhestand nicht mehr gefordert zu sein. Die Anleger haben die Befürchtung, dass gemeinsame Zeit mit der Familie oder Reisen allein nicht genügen werden, um ihr Leben weiter aktiv zu gestalten. Daher planen viele weiterzuarbeiten, anstatt komplett in den Ruhestand zu treten", so Heinz.

Per Gleitzeit in die "Rente"
Ruhestand wird laut UBS-Definition inzwischen in drei unterschiedliche Phasen gegliedert: "Übergang" (50 bis 60 Jahre), "Zeit für mich" (60 bis 80 Jahre) sowie "Golden Years" (ab 80 Jahre). Die Allokation der Ersparnisse, aufgeschlüsselt nach diesen drei Phasen, zeigt allerdings deutlich, dass die Anleger ihre Vorsorgeplanung nicht entsprechend gestalten, obwohl die Bedürfnisse in den jeweiligen Situationen sehr unterschiedlich sein können.

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Quelle: UBS
 

Die Finanzkrise und ihre Folgen beschäftigen Investoren noch immer: Sie fürchten negative Folgen für ihren Ruhestand durch eine erneute Krise der Finanzmärkte. Dabei ist auffällig, dass wohlhabendere Anleger in dieser Hinsicht größere Sorgen hegen. So sagen 49 Prozent der Befragten mit einem Vermögen von über 950.000 Euro, dass eine Finanzkrise ihren Ruhestand gefährde. Dagegen haben nur 29 Prozent der Anleger, die ein Vermögen von unter 950.000 Euro haben, die gleiche Befürchtung.

Hohe Aktienquote setzt "Lebensformel" außer Kraft
Trotz der ausgeprägten Angst vor Kursschwankungen und Instabilität, die aus vielen Antworten zu erkennen war, investieren Anleger im fortgeschrittenen Alter weiterhin verhältnismäßig stark an lokalen und internationalen Aktienmärkten, um für ihren Ruhestand vorzusorgen. Die populäre "Lebensformel", nach der die Aktienquote im Gesamtdepot grob anhand der Formel "100 minus Lebensalter des Anlegers" ausgerichtet werden soll, wird also geflissentlich ignoriert.

"Das ist überraschend, wenn man sich vor Augen führt, dass Finanzkrisen insbesondere den Aktienbereich treffen", sagt Heinz. Bis zu einem gewissen Grad diversifizieren die Befragten ihr Vermögen durch Immobilieninvestments.

Aber auch hier gibt es laut UBS-Daten große Unterschiede, je nach Höhe des Vermögens. Während Anleger mit bis zu 950.000 Euro Investments in Aktien (56 Prozent) und Immobilien (55 Prozent) nahezu gleichgewichten, präfieren Investoren mit einem Vermögen von über 950.000 Euro klar Aktien (63 Prozent) gegenüber Real Estate (47 Prozent). (ps)